Städtische Baumbilanz positiv? Für Naturschützer ist das nur die halbe Wahrheit
München - Im vergangenen Jahr sind in München insgesamt 2.710 Bäume auf öffentlichen Flächen neu gepflanzt worden, 2.550 Bäume mussten auf öffentlichen Grün- und Verkehrsflächen gefällt werden: Diese Zahlen nannte die Stadt München kürzlich und stößt damit beim Bund Naturschutz (BN) auf großes Unverständnis.
BN erwartet einen "Verlust von 1.840 Bäumen im Stadtgebiet"
"Die Münchner Baumbilanz ist seit Jahren negativ", sagt Dr. Thorsten Kellermann, der stellvertretende Vorsitzende der BN-Kreisgruppe München des BN. "Zwar liegen die Zahlen der Baumschutzbehörde für 2022 noch nicht vor, allerdings dürfte ein Minus von circa 2.000 Bäumen auf Privatgrund nach den Erfahrungen der letzten Jahre realistisch sein. Damit ist insgesamt ein Verlust von 1.840 Bäumen im Stadtgebiet zu erwarten."
Die stadtweite Bilanz bleibe, wie bisher, mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ, betont Kellermann. Die unterschiedliche Bewertung ergibt sich, weil in den Zahlen des Referats lediglich städtische Flächen betrachtet werden, private Flächen hingegen nicht.
Baumbestand in München: Referatsübergreifende Strategie gefordert
"Was als Schlagzeile beruhigend wirken soll, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als die halbe Wahrheit", erklärt Angela Burkhardt-Keller, Baumschutzexpertin bei der BN-Kreisgruppe. "Werden lediglich die städtischen Flächen betrachtet, ist das ein kleiner Teil des Stadtgebietes und ergibt ein unvollständiges Bild." Mit 2.550 Fällungen zu 2.710 Neupflanzungen falle die Bilanz mit einem Plus von 160 Bäumen dürftig aus.
Der Großteil der Fläche Münchens ist laut Bund Naturschutz in privater Hand und damit auch die Bäume. Die Baumschutzbehörde im Planungsreferat gibt die Jahresbilanz nicht nur für die Bäume auf städtischem Grund, sondern auch für die Bäume auf Privatgrund bekannt. Der BN führt diese Zahlen seit Jahren zu einer stadtweiten Baumbilanz zusammen.
Burkhardt-Keller: "Anstatt sich mit vermeintlich positiven Zahlen zu brüsten, sollte referatsübergreifend an einer Strategie gearbeitet werden, um möglichste viele Altbäume zu erhalten sowie einen gesunden und vielfältigen Baumbestand zu pflegen. Die Klimakrise mit allen Begleiterscheinungen sollte uns Grund genug sein."
- Themen:
- München