Wieder ein Stück Gartenstadt weniger: In Solln wird nachverdichtet

Auch in Solln weichen Villen und Mehrfamilienhäusern entstehen. Ein exemplarischer Fall aus der Halbreiterstraße.
Marie Heßlinger |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
10  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Vor dem Haus stapeln sich Äste und Baumstämme.
Vor dem Haus stapeln sich Äste und Baumstämme. © M. Heßlinger

Solln - Maria Küppers steht inmitten ihres Gartens - oder dessen, was einmal einer war. "Genau als der Krieg in der Ukraine anfing, hatten wir hier unseren eigenen Bombenangriff", sagt sie und schaut sich um. Am Donnerstag vergangener Woche kamen Arbeiter in die Halbreiterstraße 6 und fällten innerhalb eines Nachmittags alle Bäume und Sträucher auf dem Grundstück und ließen sie liegen. Das löste sogar über die Nachbarschaft hinaus Empörung aus.

Überall stapeln sich Äste und grüne Überreste 

Dass es so kommen würde, wussten Küppers und ihr Mann: Vor ein paar Jahren hatte die Tochter der ehemaligen Besitzerin das Haus an einen Bauträger verkauft. In diesem Jahr soll es abgerissen werden und einem Neubau weichen. Küppers und ihr Mann haben mehr als 15 Jahre zur Miete hier gewohnt. Nun stapeln sich Äste und grüne Überreste wie eine hohe Mauer um ihr einstiges Traumhaus.

"Das ist es!", sagten sich die Küppers, als sie das villenähnliche Haus damals in einer Zeitung auf ihrem Schoß entdeckten. Die beiden würden vom Ruhrgebiet nach München ziehen, und tatsächlich klappte es mit der Miete im Obergeschoss des Häuschens sofort. "Da hatten wir so viel Glück", sagt Küppers. Ihr Mann lenkt ein: Damals sei es noch leichter gewesen, auf Anhieb eine Wohnung zur Miete zu finden.

Früher war in Solln noch Platz - heute grenzt ein Haus an das nächste

Der Wohnungsmarkt in München hat sich seitdem verändert. Wohnraum ist knapp. Das Viertel Solln, in dem die beiden leben, sieht anders aus als damals.

Überall gefällte Bäume: Maria Küppers in ihrem Garten, der komplett abgeholzt worden ist.
Überall gefällte Bäume: Maria Küppers in ihrem Garten, der komplett abgeholzt worden ist. © M. Heßlinger

In direkter Nachbarschaft wird das Haus nun eingesäumt von einem gigantischen modernen Neubau, der mit seinen Rundungen und verdunkelten Fenstern einer Jacht gleicht. Zur anderen Seite steht ein Vierparteienhaus, das schier an die Grenzen seines Grundstücks reicht.

Das Haus, in dem die beiden zur Miete wohnten, ist im Verhältnis dazu klein, der Garten aber war groß. Hohe Fichten umsäumten es, Hecken und Sträucher, Flieder, Lavendel, Pfingstrosen. Das alles soll nun einem weitaus größeren Wohnhaus für drei Parteien weichen. Das alte Haus stammt aus dem Jahr 1935.

"Das Haus entspricht keineswegs mehr einem akzeptablen Energiestandard", heißt es vonseiten des Bauträgers. "Es zu sanieren, wäre ökonomisch wie ökologisch gleichermaßen unvertretbar." Und: "Die Landeshauptstadt München strebt dringend die Schaffung von mehr Wohnraum für ihre Bürger an.

Neubau liegt im öffentlichen Interesse

Die geplante Baumaßnahme entspricht damit voll und ganz dem öffentlichen Interesse." Auch um das neue Haus, das nunmehr 490 statt 182 Quadratmeter groß sein wird, werde wieder ein Garten mit Bäumen angelegt.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Bei Maria Küppers steht nun eine Nachbarin im Garten und versucht, die letzten Pflanzen zu retten. Mit einer Schaufel gräbt sie einen Sommerflieder aus. "Nimm die Primelchen auch mit, Helga!", sagt Küppers zu ihr. Als diese widerspricht, sagt Küppers leichthin: "Ich guck da nicht mehr runter."

"Eine Stadt ist kein Museum. Eine Stadt ändert sich"

Tatsächlich nehmen Küppers und ihr Mann die Situation weniger tragisch als ihre Nachbarn. "Natürlich ist es wirklich schade, weil es eine echte gewachsene Struktur war", sagt Küppers' Mann. Aber dann, auf die Frage, wie er den Sommer verbringen werde, bis das Haus im Herbst abgerissen wird, zeigt er nach oben: "Wir haben Gott sei Dank eine wunderbare Terrasse." Er ist der Meinung: "Eine Stadt ist kein Museum. Eine Stadt ändert sich."

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
10 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Ardana am 10.03.2022 07:42 Uhr / Bewertung:

    Nur nicht übertreiben, lächel. In der Straße sind wirklich hübsche Häuser gebaut worden für mehr als eine "Miet"partei. Und das betreffende Haus hier ist und war nie so besonders schön. Es ist einfach kein Verlust. Außerdem war es ein normaler Beigarten, wie bei vielen, vielen Häusern.

  • 1Muenchner am 08.03.2022 15:29 Uhr / Bewertung:

    Hat die Dame das Grundstück nicht erst für viel Geld verkauft? Dann kann man einem Bauträger nicht verübeln, wenn er viele Wohneinheiten bauen muss um den Preis wieder herein zu wirtschaften...

  • Schwammerlsucher am 09.03.2022 08:10 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von 1Muenchner

    Die Dame ist nicht die Tochter des ehemaligen Besitzers, sonst hätte sie ja jahrelang an sich selbst vermietet. 😂😂

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.