Verzweiflung wegen Corona-Bestuhlung vor Café
Au - In der Falkenstraße in der Au haben die Nachbarn alle geholfen, als das kleine Café durch die Corona-Krise von der Schließung bedroht war. Dann kam das Kreisverwaltungsreferat (KVR) und jetzt haben sie in der Falkenstraße wieder Angst, dass sie das einzige Café in der Straße verlieren.
Deshalb hat sich eine Nachbarin an die AZ gewandt. "Es ist das letzte Nachbarschaftscafé bei uns in der Straße, wir sind quasi eine Familie und wenn die pleitegehen, sind wir gastronomisch obdachlos", schreibt die Anwohnerin. Das war passiert: Statt 20 Plätzen vor ihrem kleinen Solino Café haben Mara Casellato und ihre Tochter Giorgia höchstens sechs Plätze – nicht genug, um das Café nur annähernd wirtschaftlich zu betreiben.
Die Nachbarn sind einverstanden - das KVR nicht
Ein Nachbar war einverstanden, einen Tisch und ein paar Hocker in seine Hofeinfahrt zu stellen. "Letzte Woche kam spontan die Polizei und hat dies auch abgenickt", erzählt die Nachbarin. Zusätzlich war der Bauleiter der angrenzenden Baustelle einverstanden, dass mit ein paar Tischen am Wochenende der Platz genutzt werden darf, der temporär durch den Bauzaun entstanden ist. Da der Bürgersteig derzeit nicht als Bürgersteig genutzt werden kann, würde hier auch niemand behindert werden. Das hat laut Giorgia Casellato auch die Hausverwaltung erlaubt, zu der die Baustelle gehört.
Am Montag dann kamen zwei Mitarbeiter des KVR und forderten die Casellatos und ihre Gäste auf, alle Tische und Hocker jenseits der weißen Markierung sofort zu entfernen. Umgehend. Improvisieren sei nicht erlaubt, da auch innerhalb des Bauzauns die Stadt eine Genehmigung erteilen müsse, so erzählt es Giorgia Casellato. "Das ist Schikane, das ist eine abgesperrte Fläche", sagt sie.
Stadt will nicht über jeden Tisch und Stuhl diskutieren
Und auch die Hocker und der Tisch in der privaten Hofeinfahrt seien nicht erlaubt. "Ich habe so geweint", sagt Giorgia Casellato. Auf Anfrage der AZ heißt es aus dem KVR: "Die zuständigen Bezirksinspektionen stehen mit den Betrieben in direktem Kontakt und werden mit jedem Betreiber Lösungen finden, die sich mit den vom Stadtrat beschlossenen Regeln auch im Sinne der Anwohner vereinbaren lassen." Das Stellen und Prüfen der Anträge sei erforderlich, damit nicht jeder nach Belieben und zulasten Dritter über öffentlichen Grund verfügt.
Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD) hatte zuvor schon erklärt: "Wir werden nicht jeden einzelnen Tisch und Stuhl medial diskutieren." Immerhin verkündet er, dem Kreisverwaltungsausschuss am 16. Juni eine Gebührenreduzierung von 75 Prozent vorzuschlagen, so lange die Gastro Einschränkungen hinnehmen muss. Ob es das Solino Café dann noch gibt? Giorgia Casellato hat einen zweiten Job angenommen und eine Erweiterung der Freischankfläche beantragt. Das nette Angebot der benachbarten Friseurin, Tische vor deren Laden zu stellen, hat sie abgelehnt.
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