Stadtspaziergang in der Ledererstraße: Eine Straße mit Ecken und Kanten
Altstadt - Gewachsene Stadtteile, oder gewachsene Straßen, die sich über viele Jahrzehnte, oder gar Jahrhunderte entwickeln konnten, sind immer sehr spannend. Nichts ist wirklich klar definiert und man wird immer wieder überrascht. Ein schönes Beispiel hierfür ist die Ledererstraße in der Altstadt.

Nur eine kurze Straße im Herzen Münchens, unweit vom Hofbräuhaus, aber sie hat's in sich. Von der Sparkassenstraße aus biege ich, vorbei am Haxnbauer, der ja bald unter neuer Leitung weitergeführt wird, in die Straße ein.
Leichtbekleidete Damen überm Stripclub
Ein Hotel mit Bar auf der linken Seite. Rechts parkt ein Wagen mit dem Foto einer leicht bekleideten Dame über der ganzen Fläche. Ein Hinweis auf einen Stripclub. Die Orlandoapotheke mit alten Flaschen, in denen einmal Arzneien aufbewahrt wurden, und alten Schränken mit vielen Schubladen, säuberlich beschriftet im Schaufenster, die Böhmler-Passage rüber zum Tal, auf der anderen Seite geht's in die Orlandostraße Richtung Hofbräuhaus.

Das Orlandohaus am Ende der Straße leuchtet in der aufgehenden Sonne. Gleich am Eck ein Andenkenladen mit gelben Quietscheenten in bayerischer Tracht und vielen weiteren Figuren im Fenster. "Kemmts einadackelt" steht da in Bairisch auf dem Schaufenster des nächsten Ladens - und neben Dackeln sind auch schon Osterhasen im Schaufenster.
Rauchartikel, Spirituosen und Havana-Aschenbecher
Es folgen ein Geschäft für edle Rauchartikel, Spirituosen und Havana-Aschenbecher. Ein Friseur, ein chinesisches Restaurant, dann ein Stripclub, dessen Werbung ich schon am Anfang der Straße auf einem Auto entdeckt hatte. Daneben die Bar Centrale im ehemaligen und legendären Café Schmid mit der einstmals bezaubernden Inneneinrichtung aus den 30er Jahren, an deren ehemaligen Beschriftung schon lange ein "O" von Konditorei und das "I" von Schmid fehlen. Am Eck vorne endet die Straße mit der Polizeiinspektion 11.
Auf der anderen Seite ein kleines Gässchen, ich stöbere durch und entdecke in kleinen Fenstern sehr merkwürdige Sachen: Ein Bärenschädel liegt da, Hirschgeweihe, ein Modellschiff und viele andere Kleinode. Ich suche den Eingang. Die Tür an der Seite ist verschlossen. Dann sehe ich, dass diese Räume zum Atelier von Goldschmied Patrik Muff gehören und der Eingang an der Ledererstraße ist. Ich gehe hinein und darf mich etwas umsehen.
Wie die Wunderkammer eines Schlosses
Die Räume der Werkstatt sind über und über mit Sammlerstücken übersäht. Patrik Muff findet viele seiner Schätze auf Flohmärkten, und der Raum erinnert an die Wunderkammern alter Schlösser, in denen man Skurriles aus aller Welt ausgestellt hat. Eine sehenswerte Straße. Auf alle Fälle.

Die freilich auch bedroht ist, wie man an zwei Häusern gerade erleben muss: Für die Ledererstraße 11 und 13 liegt ein Antrag auf Abbruch und Neubebauung vor. Dass gerade die Nummer 11 als Einzeldenkmal ("im Kern mindestens 2. Hälfte 16. Jahrhundert" dazu Jugendstilkacheln eines ehemaligen Käseladens im Erdgeschoss) ausgewiesen ist, spielt offenbar keine Rolle. Nun, die AZ wird die Sache im Auge behalten.
In diesem Sinne eine schöne Woche
Ihr Sigi Müller