München-Haidhausen: Abriss trotz Denkmalschutz

An der Hochstraße muss ein Haus einem Erweiterungsbau für ein Hotel weichen - obwohl es geschützt ist.
von  Lea Kramer
Ein Haus, das auffiel: der niedrige Bau an der Hochstraße 9. Inzwischen ist von ihm nur noch Schutt übrig (kl. Foto).
Ein Haus, das auffiel: der niedrige Bau an der Hochstraße 9. Inzwischen ist von ihm nur noch Schutt übrig (kl. Foto). © Kramer, Altstadtfreunde

Haidhausen - Einst führte hier ein Jagdweg entlang. Rechts der Isar oben auf der Anhöhe ging es auf dem "Fürstenweg", heute besser als Hochstraße bekannt, in Richtung Grünwald. Wo sich im 17. Jahrhundert Baum an Baum reihte, stoßen Spaziergänger heute auf eine Fülle von Baustellen.

Auf der einen Straßenseite entsteht ein Museum, auf der gegenüberliegenden wird ein Hotel erweitert. Eigentlich nichts Ungewöhnliches, müsste dem besagten Hotelbau nicht ein denkmalgeschütztes Haus weichen.

Das Haus stand leer, war aber gut erhalten

Das Vorstadthaus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts an der Hausnummer 9 wird gerade abgerissen. Für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege galt es bislang als schützenswert. Früher einmal waren dort die orthopädischen Werkstätten "Stortz & Raisig" beheimatet, vor einiger Zeit ist der Betrieb nach Unterhaching umgezogen.

Das Haus stand leer, war aber in einem guten Zustand. Die interessante Satteldachkonstruktion, die Bauweise sowie die Rundbogenfenster des spätklassizistischen Baus gelten als Zeugnis der Umwandlung des Viertels vom Dorf zum städtischen Quartier. So ist es im Bayerischen Denkmal-Atlas verzeichnet.

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Stadt hätte Bauherren entschädigen müssen

Warum wurde dann bereits im Frühjahr 2004 eine Abrissgenehmigung für das Haus erteilt? Zum Zeitpunkt der Abbruchgenehmigung sei die Rechtslage eine andere gewesen, heißt es aus dem Planungsreferat. "Die erfolgte Überprüfung des Anwesens hat ergeben, dass bereits diverse Umbauten an dem Gebäude stattgefunden hatten. In der Abwägung haben diese Veränderungen dazu geführt, dass die Wertigkeit des vorliegenden Denkmals niedriger als bei einem unverändert erhaltenen Denkmal einzuschätzen war", sagt ein Behördensprecher. Für den gerade einmal zweigeschossigen Bau habe vor zehn Jahren "größeres Baurecht" bestanden.

Wäre die Baugenehmigung nicht erteilt worden, hätte die Stadt den Bauherrn entschädigen müssen.

Der Bezirksausschuss kritisierte das geplante Projekt von Beginn an, konnte schließlich aber nur in die Gestaltung des Neubaus eingreifen. So mussten die Architekten die Planungen im Erdgeschosses, Details an der Stahl-Glas-Fassade und die Form der Dachgaube anpassen.

Warum die Baugenehmigung an der Stelle zwei Mal verlängert wurde, ist demnach ein üblicher Vorgang, mit dem sich die Bauherren die "ihnen mit der jeweiligen Genehmigung erteilte Rechtsposition" sichern. "Heutzutage seien Denkmäler deutlich besser geschützt", sagt der Sprecher des Planungsreferats.

Rettungsversuche kamen zu spät

Für das Haus in der Hochstraße kommt das alles freilich zu spät. Inzwischen sind nur noch seine Grundmauern zu sehen, das viel gelobte Satteldach ist weg. In Zukunft wird anstelle des Vorstadthauses das neue Novotel mit zusätzlichen 67 Zimmern stehen. Es ist neben dem Hotel-Klotz Holiday Inn sowie dem Hotel Prinz einer von drei Beherbergungsbetrieben in der Straße.

"Freuen Sie sich auf die Eröffnung", steht auf einer Tafel am denkmalgeschützten Abbruchhaus.

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