Medizintourismus im Arabellapark: "Wir haben Angst"

Der Medizintourismus in München nimmt zu. Besonders im Arabellapark fühlen sich viele Anwohner gestört, einige haben Angst. Sogar Polizeischutz ist notwendig.
Lukas Schauer |
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Kämpfen gegen den ausufernden Medizintourismus im Arabellapark: Marian Offman und Robert Brannekämper (beide CSU).
ho Kämpfen gegen den ausufernden Medizintourismus im Arabellapark: Marian Offman und Robert Brannekämper (beide CSU).

Bogenhausen - Im Arabellapark brodelt es gewaltig. Die Anwohner dort ärgern sich seit Jahren mit den immer mehr werdenden Medizintouristen aus arabischen Staaten herum. Wie tief der Stachel sitzt, das zeigte sich jetzt auf einer Informationsveranstaltung zur "Zweckentfremdung von Wohnraum".

Anwesend waren der stellvertrende Vorsitzende des Bogenhausener Bezirksausschusses, Robert Brannekämper (CSU), der Stadtrat und Verwaltungsrat des städtischen Amts für Wohnen und Migration Marian Offman (CSU), sowie Vertreter von Polizei und des Sozialreferats.

Besonders aufschlussreich waren dabei die Aussagen von Offman, denn er gab den aktuellen Ist-Zustand nach Zahlen und Fakten wieder:

Drei Mitarbeiter behandeln nur die Fälle im Arabellapark

Die Stadt hat fünf zusätzliche Mitarbeiter im Amt für Migration und Wohnen eingestellt, drei sind ausschließlich für die Fälle im Arabellapark zuständig. Drei Bußgeldbescheide über jeweils 80.000 Euro wurden bisher erlassen, ein vierter über 50.000 Euro "folgt demnächst".

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Derzeit laufen 35 Zweckentfremdungsverfahren, sieben Nutzungsuntersagungen hat die Stadt bereits ausgeprochen, mit jeweils sofortigem Vollzug. Das Problem dabei ist aber, dass in allen Fällen die (Unter-)Vermieter vor Gericht gezogen sind.

17 dieser Verfahren werden aktuell geführt, bis dato ergingen zudem vier Urteile, die die Stadt alle gewonnen hat. Offman gab zu, dass die Verfahren "aus formaljuristischen Gründen" langwierig seien, das stelle ein Problem dar. Problem Nummer zwei: Die Betroffenen setzen die Anweisungen oft nicht um: "Behördliche Anweisungen werden einfach ignoriert, selbst wenn gerichtliche Entscheide vorliegen. Es wird alles angefochten. Wir haben große Erfolge, aber das sind Bucherfolge. Sie merken vor Ort nichts davon."

Bestehende Rechtslage ist nicht ausreichend

Das liegt auch daran, dass die bestehenden Gesetze der Stadt keine härteren Bandagen erlauben. "Die bestehenden juristischen Regelungen wurden gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum durch Büronutzung gemacht, nicht gegen Zweckentfremdung durch Medizintouristen. Mitarbeiter in einem Büro sind antreffbar und öffnen städtischem Verwaltungspersonal die Türe, Medizintouristen wechseln alle paar Wochen und öffnen zumeist nicht die Türe", erklärten die Mitarbeiter.

Dass die Lage für die städtischen Mitarbeiter unangenehm und zudem außergewöhnlich ist, wurde deutlich, als Offman berichtete, dass die städtischen Mitarbeiter ihre Dienstgänge vor Gericht und in den Wohnvierteln teils unter Polizeischutz absolvieren müssen.

Anwohner berichten von bedrohlichen Situationen

Die Sicherheitslage scheint also tatsächlich ein Problem zu sein, 13 Strafanzeigen wegen Körperverletzungen seien bisher eingegangen, und die Beschwerden reißen nicht ab. Viele Anwohner berichteten, dass die Kinder der Großfamilien oft absichtlich Autofahrer provozieren, indem sie mit ihren Fahrrädern und Rollern extrem langsam vor diesen herfahren.

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Auch stünden zu jeder Tages- und Nachtzeit Gruppen von Männern in Hof- und Tiefgarageneinfahrten - insgesamt eine "bedrohliche Situation". "Wir haben Angst", gaben einige unumwunden zu. Viele im Publikum stimmten diesen Aussagen zu: "Genau diese Klientel ist es, der wir hier im Viertel ausgesetzt sind."

Die Polizisten ermutigten die Anwohner, bei Ruhestörungen, Bedrohungen und Gewaltdelikten den Notruf zu wählen, nur dann könne man helfen. "Erstatten Sie Anzeige, beteiligen Sie sich. Nur so können wir aktiv werden, nur so kommen wir weiter", so die Polizeivertreter.

Wirklich Entspannung werden die Anwohner nicht bekommen. Laut Brannekämper sind kurzfristige Lösungen nicht in Sicht, die wenigen Stellschrauben, an denen man drehen kann, sind zudem für die Anwohner kaum sichtbar. Und die "Hochsaison" der Medizintouristen gehe erst in ein paar Wochen so richtig los.

Unruhige Zeiten also im Arabellapark, es wird wohl noch weitere Informationsveranstaltungen dieser Art geben.

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