Mauer-Streit in München: Stadt reagiert verständnislos auf die Kritik

Europaweite Kritik an der Vier-Meter Mauer an einem Flüchtlingsheim. Die Stadt reagiert verständnislos – dabei sprechen selbst prominente SPDler von einem „Symbol der Abschottung“.
von  Felix Müller
Die Mauer bei der Flüchtlingsunterkunft in der Nailastraße in Neuperlach, im Hintergrund die Häuser von Anwohnern.
Die Mauer bei der Flüchtlingsunterkunft in der Nailastraße in Neuperlach, im Hintergrund die Häuser von Anwohnern. © Daniel von Loeper

Neuperlach - Deutschlands neue Mauer“, „Einwohner werden vor Flüchtlingen geschützt“ – und immer wieder „höher als die Berliner Mauer“: Am Montag war Münchner Kommunalpolitik plötzlich Thema in französischen, britischen, italienischen Medien. Die Vier-Meter-Mauer an einer geplanten Unterkunft für minderjährige Flüchtlinge (AZ berichtete) schlägt immer höhere Wellen.

Die Grünen wollen die Mauer wieder abreißen lassen

Und das nicht nur europaweit. Sondern auch in München. Stadtspitze und -verwaltung reagierten am Montag verständnislos auf die Kritik. Grüne Partei und Stadtratsfraktion forderten „Die Mauer muss weg“ – und auch promominente SPDler kritisieten den Bau.

OB Dieter Reiter (SPD) wollte sich auf Nachfrage gar nicht zur Diskussion äußern, verwies auf die Dritte Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD). Die hatte wie berichtet die Vier-Meter-Mauer mit Anwohnern ausgehandelt, die für den Lärmschutz geklagt hatten. Die Stadt hatte sich juristisch unter Druck gesehen und befürchtet, einen Baustopp aufgebrummt zu bekommen. „Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass jetzt das Ende der Münchner Willkommenskultur ausgerufen wird“, sagte Strobl am Montag im Gespräch mit der AZ. „Wir haben einen guten Betreuungsschlüssel, gerade bei dieser Unterkunft viele Möglichkeiten zur Bewegung.“ Schallschutzmauern gebe es doch auch bei „x Bezirkssportanlagen“, außerdem sei die Unterkunft nicht eingemauert, drei Seiten seien offen.

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Mauer als bloße Schallschutzmaßnahme?

Das betonte gestern auch der Chef des örtlichen Bezirksausschusses, Thomas Kauer (CSU). „Es ist keine Mauer gegen Flüchtlinge“, sagte er. „Das hätten in München Gerichte und Politik nicht zugelassen. Es ist eine Schallschutzmaßnahme, um die Spielwiese für die Flüchtlinge zu ermöglichen.“

Aus der Stadtverwaltung hieß es, es handele sich um einen „Einzelfall aufgrund der besonderen Lage der Unterkunft“. Das sei „Kein Präzedenzfall für andere Unterkünfte“. Es sei darum gegangen, einen verträglichen Kompromiss zu erreichen, der dem Gericht einen „für alle gangbaren Weg aufzeigt“. Die Lärmschutzwand soll noch mit Rankpflanzen begrünt werden.

Prominente SPDler gingen gestern auf Distanz zur Mauer. Alt-Oberbürgermeister Christian Ude sagte der AZ: „Lärmschutzvorschriften, deren Einhaltung vor Gericht einklagen ist, sind leider in der Lage, zu Absurditäten und zu entsetzlichen Symbolen zu führen.“ Landtags-Fraktionschef Markus Rinderspacher nannte die Mauer im BR ein „Symbol der Abgrenzung und Abschottung“. Sie sei „ein völlig falsches Signal“. Die Grünen im Stadtrat beantragten, die Mauer wieder abzureißen.

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