Freistaat verkauft Filetgrundstück: Macht Apple Wohnraum knapp?
Maxvorstadt - Ein innerstädtisches Filetgrundstück in einem der begehrtesten Viertel Münchens geht aus dem Besitz des Freistaates an einen großen US-Konzern. Diese Entscheidung, die in dieser Woche im Haushaltsausschuss des Landtags besiegelt wurde, hat für viel Kritik gesorgt.
Für den Bezirksausschuss Maxvorstadt war die Nachricht vom Grundstücksverkauf an den Tech-Riesen Apple keine Neuigkeit. Schon lange beschäftigt sich das Gremium mit dem Thema, bereits im März 2022 forderte es in einem Antrag, die Stadt, den BA und die Öffentlichkeit über den möglichen Verkauf die damit verbundenen Konsequenzen transparent zu informieren.
Areal des Freistaats stand lange leer
Die Gebäude auf dem Grund Seidlstraße 15-19 stehen schon lange leer. Auf dem freien Markt war der Grund, der dem Freistaat gehört, aber nie, sagt Svenja Jarchow-Pongratz, BA-Vorsitzende in der Maxvorstadt und Chefin der Münchner Grünen.
Eigentlich hatte der Freistaat hier einen eigenen Bedarf für einen Ministeriumsneubau festgestellt, auch die Landespolizei sei auf der Suche nach einem neuen Standort gewesen, so Jarchow-Pongratz. Warum er dem aber nicht mehr nachgegangen ist, sei von außen nicht ersichtlich und schon "fragwürdig".
Apple-Campus in der Karl- und Seidlstraße
Dann habe sich die Option mit Apple aufgetan. Der Konzern, der schon seit 1981 in München ansässig ist, sitzt aktuell in der Katharina-von-Bora-Straße, hat sich in der Karlstraße eingemietet und wolle hier jetzt alles konzentrieren, ein Campus-Konzept umsetzen, so Jarchow-Pongratz. Damit begann auch die Diskussion um Verkauf des Grundstücks oder Vergabe in Erbpacht.

Ende vergangenen Jahres hatte der BA dann den Vorbescheid zum geplanten Neubau von Apple an der Seidlstraße zur Stellungnahme vorliegen – also noch bevor der Grundstücksverkauf unter Dach und Fach war.
Svenja Jarchow-Pongratz erklärt, man habe einige Anmerkungen zu Details gemacht und dem Vorbescheid zugestimmt – und sich dringend für eine Vergabe in Erbpacht ausgesprochen.
BA-Chefin: "Habe nicht gegen die Ansiedlung von Apple"
Der BA-Chefin ist wichtig, zu betonen: "Ich habe nichts gegen die Ansiedlung von Apple." Die Zusammenarbeit des BA mit dem Konzern sei immer gut gewesen. "Die waren bei uns und haben das Projekt vorgestellt." In puncto Erbpacht hätte sich Apple dabei dem BA gegenüber offen gezeigt und gesagt, dass sie dies nicht ausschließen. Sie glaube deshalb, "da wäre Verhandlungsspielraum gewesen", so Jarchow-Pongratz. "Wir dürfen unser Licht da nicht unter den Scheffel stellen, das ist ein attraktiver Standort."
Es habe sich in der Vergangenheit immer gezeigt, dass es hinterher wehtut, wenn man solche Grundstücke weggibt. Warum sich der Freistaat für den Verkauf entschieden hat, kann sie freilich nur mutmaßen: "Mir erscheint es wirklich, als habe man sich hier für die einfachste Variante entschieden, die noch dazu viel schnelles Geld bringt. Das macht sich zwar gut im Staatshaushalt, ist aber nicht langfristig gedacht."
Unternehmen wie Apple gelten als wahre Gentrifizierungs-Beschleuniger
Als der Konzern 2021 seine Ausbau-Pläne für München verkündete, betonte Apple-Chef Tim Cook begeistert, die Mitarbeiter schätzten die hohe Lebensqualität der Stadt. Bei aller Zustimmung für die Pläne, die Entwicklung sorgt auch für Bedenken. Unternehmen wie Apple gelten als wahre Gentrifizierungs-Beschleuniger. Das ist dem Maxvorstädter Bezirksausschuss schmerzlich bewusst.
Schon im März 2022 hatte der BA in einem Antrag angemahnt, die Maxvorstadt sei bereits eines der am dichtesten besiedelten Viertel der Stadt. Räume für Wohnungen, für soziale Einrichtungen, für Kulturschaffende oder auch für notwendige städtische oder staatliche Einrichtungen sei knapp.
Dabei sei dies "für eine lebendige Stadtkultur unerlässlich". "Die Attraktivität der Arbeitsplätze bei Apple profitiert massiv von dieser lebendigen Stadtkultur."
BA befürchtet direkte Auswirkungen auf Mietmarkt
Auch direkte Auswirkungen auf den Mietmarkt befürchtet der BA: Es sei zusätzlich zu erwarten, dass die neuen, hoch spezialisierten Mitarbeiter überdurchschnittliche Gehälter beziehen werden, mit denen auch noch teurere Mieten problemlos gezahlt werden können und sich durch den Zuzug die Situation des angespannten Wohnungsmarktes in der Maxvorstadt weiter verschärft, heißt es in dem Antrag.
Mitarbeiter, die zeitlich befristet am Standort München tätig sind, würden zudem möblierte Wohnungen bevorzugen. Weil diese nicht an den Mietspiegel gekoppelt und für manche Vermieter besonders attraktiv sind, besteht die Gefahr, dass weiterer Wohnraum dem normalen Mietmarkt entzogen wird. "Wir haben in der Maxvorstadt keinen Wohnraum übrig", sagt Svenja Jarchow-Pongratz. "Und jedes Viertel lebt von der echten Durchmischung."
Wären überhaupt Wohnungen auf dem Areal entstanden?
Ob auf dem Grund an der Seidlstraße übrigens wirklich Wohnungen hätten entstehen könnten, da ist sich die BA-Chefin gar nicht so sicher. Im Flächennutzungsplan liegt das Areal im Kerngebiet, das schließt Wohnungsbau zwar nicht aus, in der Vergangenheit seien derartige Anträge in der Gegend aber immer abgelehnt worden, so Jarchow-Pongratz.
Innerhalb der Maxvorstadt sorgt der Verkauf unabhängig davon für eine Art Verlagerungseffekt, fürchtet die BA-Chefin. Dadurch dass der Freistaat seinen Eigenbedarf nun nicht an der Seidlstraße deckt, könnte nun der Grund des Justizgebäudes an der Nymphenburger Straße, das bald leer stehen wird, dafür in Betracht kommen. Dann könne dort wiederum kein Wohnraum entstehen, so Jarchow-Pongratz: "Angesichts dessen, dass der Freistaat mit seinen Wohnungsbauzahlen ja gerade kolossal am Ziel vorbeigeschossen ist, wundere ich mich schon sehr über seinen Umgang mit den eigenen Immobilien."
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