Der Königshof am Stachus: Ein illegaler Neubau?

Laut einem neuen Gutachten darf die Stadt den Siegerentwurf so nicht genehmigen. Die Abstände zu den umliegenden Gebäuden sei zu gering, außerdem werde die Umgebung zu wenig beachtet.
von  Sophie Anfang
Königshof
Königshof © Visualisierung: Nieto Sobejano Arquitectos

Altstadt - Das Gerangel um den Königshof geht in eine neue Runde. Die Gegner des Neubau-Projekts haben jetzt ein Gutachten präsentiert. Demnach hält der Siegerentwurf des spanischen Architektenbüros Nieto Sobejano Arquitectos nicht die vorgeschriebenen Abstandsflächen zu den umliegenden Gebäuden ein. Die Stadt, so heißt es, dürfe das fast 35 Meter hohe Gebäude so nicht genehmigen.

Das Gutachten, das der Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper (CSU) in Auftrag gegeben hat, bemängelt drei Komplexe. Zum einen die Denkmalschutzfrage, wobei dies ein "weicher Faktor" sei, so der Gutachter Benno Ziegler vom Anwaltsbüro Schönefelder, Ziegler, Lehners. Wichtiger sind ihm die rechtlichen Fragen, die "harten Fakten".

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Da sind zum einen die Abstände. Das Baurecht sieht vor, dass in Kerngebieten Neubauten zur umliegenden Bebauung einen Abstand einhalten müssen, der der Hälfte ihrer Höhe entspricht. Bei einer Höhe von 34,52 Metern, die der spanische Entwurf vorsieht, wären das 17,26 Meter. "Das tut es aber weder im Norden, noch im Westen", sagt Ziegler.

Nordwärts, in Richtung Justizpalast wird der vorgeschriebene Mindestabstand um 3,74 Meter unterschritten, westwärts zum Kartstadt hin sogar um stolze 10,35 Meter. Wer privat baut, würde von der Lokalbaukommission schon bei wenigen Zentimetern zurückgepfiffen, sagt Ziegler. Aber hier drücke die Verwaltung ein Auge zu: "Das ist das, was mich am meisten stört."

Der Neubau sei zu hoch für die Stachus-Gegend

Weiterer Kritikpunkt: Das neue Gebäude füge sich nicht in die umliegende Bebauung ein. In seiner neuen Version soll der Königshof zwölf Meter höher werden als das bisherige Gebäude. Geprägt sei die Umgebung aber durch niedrigere Bauten. Der Justizpalast habe eine Traufhöhe von 22,50 Metern. Dass darauf noch eine Kuppel kommt, sei aus rechtlicher Sicht nicht relevant, sagt Ziegler. Der neue Königshof sei deshalb zu hoch dimensioniert.

Schließlich sei der Neubau aus Sicht des Denkmalschutzes problematisch. Der Königshof liegt zwar nicht in der Altstadt, sondern am Rand. Wie er gestaltet wird, könne sich aber negativ auf das Stachus-Ensemble auswirken. So haben auch die Altstadtfreunde in ihrer Petition "Rettet den Stachus" argumentiert.

Das Fazit des Gutachtens: "Dieses Vorhaben ist nicht genehmigungsfähig." Zumindest nicht so, wie es die Stadt derzeit plant. Genehmigt werden soll im sogenannten einfachen Baugenehmigungsverfahren – was angesichts der Tatsache, dass die Inhaber des Königshofs, die Familie Geisel, schon seit einem Jahr auf die Baugenehmigung warten, zumindest eine gewisse Ironie birgt.

In diesem Verfahren müssen laut Baurecht jedoch insbesondere die Abstandsregelungen eingehalten werden, argumentiert Gutachter Ziegler. Möchte die Stadt das aushebeln, geht das. Dann muss der Stadtrat jedoch einen Bebauungsplan für das Gebiet aufstellen. In diesem könnte geregelt werden, dass auf die Abstandsregeln verzichtet wird. Das birgt natürlich weitere Verzögerungen.

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Worauf Brannekämper und die Altstadtfreunde spekulieren: Wird ein Bebauungsplan aufgestellt, müssen auch denkmalschutztechnische Belange eine höhere Beachtung finden. Die Hoffnung ist, den Königshof-Neubau in dieser Form doch noch zu verhindern.

Das Planungsreferat gibt sich gelassen. Man habe auch den Aspekt der Abstandsregeln geprüft, so Sprecher Martin Klamt. Die seien in dem Fall aber nicht relevant, weil es sich bei dem Areal um ein altes Gefüge handelt. Dort würden nirgendwo die heute geltenden Abstandsflächen eingehalten werden.

Brannekämper hat das Gutachten trotzdem zusammen mit einem Brandbrief an den Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gesandt. Er will, dass die Stadt einen Bebauungsplan aufstellt. "Natürlich kann die Stadt auch so genehmigen, die Frage ist, ob das dann rechtmäßig ist." Geprüft wird das bereits: Die Regierung von Oberbayern als Aufsichtsbehörde hat die Unterlagen zu dem Fall gerade angefordert. Sie könnte die Stadt noch zurückpfeifen.

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