Autofreie Fraunhoferstraße: Verkehrspläne sorgen für Ärger

Isarvorstadt - Die Geschwister sind ernsthaft besorgt, das merkt man deutlich, wenn man mit Martin und Marion Kilian über die neuesten Pläne für die Fraunhoferstraße spricht. Sie führen in vierter Generation ihren Familienbetrieb, den "Münchner Schlüsseldienst Kilian". Seit 1949 gibt es das Geschäft, gerade erst wurde das 70. Jubiläum gefeiert.
Die Eltern Monika und Willi arbeiten ab und an noch stundenweise im Laden mit. Vor zwei Jahren konnte man das Geschäft an der Fraunhoferstraße erweitern, nachdem ein Antiquitätengeschäft am Eck zur Müllerstraße mangels Nachfolge schloss.
"Wir haben hier auch eine Werkstatt mit Fertigung", erklärt Martin Kilian. Bei Kilians gibt es nicht nur Schlüssel, sondern auch Tresore, Briefkästen, Schließanlagen und vieles mehr. Kunden sind dementsprechend nicht nur Privatpersonen, sondern auch Handwerker, Hausverwaltungen und Hausmeister. Um all das fürchtet die Familie nun, denn an der Fraunhoferstraße soll umgebaut werden.

Schlüsseldienst Kilian: Viele Kunden kommen mit dem Auto
Breitere Gehwege, Radfahrstreifen zu beiden Seiten, weniger Platz für Autos. Den Platz dafür will man gewinnen, indem man die 120 Parkplätze entlang der Straße opfert. "Wir können nur ganz schwierig abschätzen, wie viele Kunden aus dem Grund dann nicht mehr kommen werden", sagt Martin Kilian. "Wahrscheinlich wird ein solcher Kunde künftig woanders kaufen", sagt Marion Kilian.
Die Kilians haben eben Waren, die oft Gewicht haben. Viele Kunden kommen mit dem Auto. Wenn es für diese keinen Parkplatz gibt, befürchten sie, bleiben die Kunden weg. Dabei, so Martin Kilian, sei die Situation jetzt schon schwierig. Früher hatten sie Kundenparkplätze an der nahen Kolosseumstraße angemietet, wegen Auflagen gibt es die aber nicht mehr.
Das nächste Parkhaus ist das an der Schrannenhalle, sagt Martin Kilian, "aber das ist so extrem teuer, das kann man den Kunden fast nicht empfehlen". Und nicht nur Kundenparkplätze, auch Anlieferzonen seien wichtig. Eine zeitliche Beschränkung dabei, wie etwa in der Kaufingerstraße, bringe aber nichts. Die Abholungen ließen sich nicht auf solche Zeitfenster beschränken.
Und Monteure, die schwere Tresore abholen, müssten vor der Tür parken können, so Kilian. Viele hätten einen Handwerkerausweis, aber sie müssen auch stehen bleiben können. Die Geschwister befürchten: Die neuen Radwege werden zugeparkt werden. Für die Radler werde es dann erst recht gefährlich.

Parkplätze weg in der Fraunhoferstraße: Kilian wusste von nichts
Die Idee zur Umgestaltung der Straße auf Kosten der Parkplätze kommt ursprünglich aus der Bürgerversammlung des Viertels vom Januar. Martin Kilian, der selbst hier wohnt, vermutet, "Anwohner, die kein Auto haben, stimmen da vielleicht leichtfertig dafür".
Auch von den Viertelpolitikern hat niemand – seines Wissens nach – mit den Geschäftsleuten gesprochen. "Wir sind die größte Firma in der Straße, man hätte uns wohl kontaktiert, wenn das der Fall gewesen wäre", meint er.
Er selbst nutzte die Gelegenheit bei einer Einladung für Familienunternehmer der CSU im Rathaus, um mit Bürgermeister Manuel Pretzl über seine Bedenken zu sprechen. Die Unterstützung der Fraktion hilft allerdings nur bedingt.
Messinger: "Situation für Radler gefährlich"
Im Stadtrat braucht es die Zustimmung der CSU nicht, denn nicht nur die Rathaus-Grünen, sondern auch die SPD sind dafür. Zusammen mit den Stimmen von ÖDP und Linken können sie so auch ohne die CSU die Mehrheit erlangen.
Die geplanten beidseitigen Radwege auf der Fraunhoferstraße sollten eigentlich am Mittwoch im Stadtrat beschlossen werden. Vor allem die Befürworter drängten auf eine rasche Behandlung des Punktes. Schließlich sollen die Radwege – wenn es nach ihnen geht – schon diesen Sommer genutzt werden können. Bettina Messinger (SPD) zur AZ: "Die Situation auf der Fraunhoferstraße ist für Radler unangenehm – und gefährlich."
Nach einer mehrstündigen Diskussion zur autofreien Innenstadt und dem Isarboulevard wurden Grüne und SPD dann doch auf nächste Woche vertröstet – aus Zeitgründen. Dass Innenstädte autofrei werden sollen, findet Martin Kilian nachvollziehbar. "Ich frage mich aber, warum man hier anfängt. Wir sind ja sogar außerhalb des Altstadtrings."
Kilian: Durchgangsverkehr müsste raus
Er meint, in der Innenstadt gäbe es genug Straßen, die besser geeignet wären. Würden die beiden denn überhaupt etwas an der Fraunhoferstraße verändern? "Wir würden uns wünschen, dass wenn man Parkplätze streicht, auch welche schafft", sagt Martin Kilian.
Seine Schwester wünscht sich dafür Parkgaragen, möglicherweise auch unterirdisch. "Aber mindestens Kurzzeitparkplätze an verschiedenen Stellen, würden auf alle Fälle helfen", sagt sie. "Um Geschäfte nicht noch mehr aus der Innenstadt zu vertreiben."
Von einer Fraunhoferstraße, die mehr Platz für Fußgänger bietet, versprechen sich die Geschwister jedenfalls nicht mehr Laufkundschaft. "Die Flaneure sind mehr etwas für Modeläden und Cafés, aber nicht für den Einzelhandel", sagt Martin Kilian. "Und den haben wir hier in der Straße vor allem." Aber er hat eine Idee: "Wenn der Durchgangsverkehr aus der Straße rausfliegt, wäre das für uns kein Problem."
Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zum Thema
Lesen Sie hier: Radwege und Altstadt-Radlring - Aus einem Bürgerbegehren werden zwei