Ärger um Bau der Tram-Nordtangente in München: "Blamabel" für die Stadt
Johanneskirchen – Es sind 149 Linden, Eschen und Pappeln, die gefällt werden müssen – für die geplante Verlängerung der Tram bis zum S-Bahnhof Johanneskirchen. CSU-Politiker Robert Brannekämper ist ganz und gar kein Fan des Projektes und bat die Regierung von Oberbayern um Prüfung, ob die geplanten Baumfällungen für dieses Stück der Tram-Nordtangente zulässig sind.
Daraufhin hat die Regierung von Oberbayern mit der Stadt Kontakt aufgenommen. Die Stadtwerke München und die Behörde "waren sich einig, dass im räumlichen Umgriff der Tram Johanneskirchen keine Arbeiten durchgeführt werden, ohne dass die dafür erforderlichen Erlaubnisse vorliegen", erklärt Wolfgang Rupp, Sprecher der Regierung von Oberbayern auf AZ-Anfrage.
Bäume an der Johanneskirchner Straße bleiben: Teilerfolg für Gegner der Tram-Nordtangente
Nun bleiben, so Robert Brannekämper, 34 der rund 40 alten Bäume an der Johanneskirchner Straße erstmal stehen. Eigentlich hätten sie als "vorbereitende Maßnahme" zum Tramausbau ab dieser Woche abgesägt werden sollen. "Das ist jetzt ein Erfolg. Denn Baumfällungen kann man nicht rückgängig machen", so der CSU-Landtagsabgeordnete.
Auf seine Initiative, zusammen mit 150 Anwohnern der Freischützstraße, vertreten von Rechtsanwalt Benno Ziegler, ist die Regierung von Oberbayern aktiv geworden. Die Gegner der Tram-Nordtangente hatten Unstimmigkeiten im laufenden Verfahren gefunden: Sie haben mit einem neuen Schallschutzgutachten aufgedeckt, dass das Lärmschutzgutachten der Stadtwerke unvollständig ist. "Das neue Gutachten beschreibt Gesundheitsgefahren, wenn der Lärm der Güterverkehrtrasse und die von neuen Trambahngleisen sich addieren", sagt Brannekämper.
CSU und Freie Wähler hatten das Thema per Dringlichkeitsantrag in den Stadtrat gebracht
Die Verlängerung der Tramtrasse um 700 Meter kann sich nun verzögern. "Außerdem liegt noch keine Genehmigung der Regierung von Oberbayern für den Bau der Tram-Nordtangente vor", sagt Rechtsanwalt Benno Ziegler: "Es ist ein Skandal, wenn ich versuche, mit Baumfällungen vorher tätig zu werden", so der Anwalt.
All das klang in der gestrigen Stadtratsvollversammlung etwas anders. Die CSU-FW-Stadtratsfraktion hatte das Thema nach Brannekämpers Darlegung per Dringlichkeitsantrag aufs Tableau gebracht. Sie forderte darin, sämtliche bauvorbereitende Maßnahmen, insbesondere Baumfällungen, auszusetzen, bis das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sei.
SPD und Grüne wollen am Bau der Nordtagente festhalten
Anders als Brannekämper sieht die große Mehrheit im Stadtrat das Tramstück als wichtigen Lückenschluss im Nahverkehrsnetz. Gerade deswegen betonten Grüne und SPD, wie wichtig es sei, dass die Trasse bald fertig werde. "Wir sollten uns nicht durch einen Baustopp selbst verzögern", mahnte etwa Paul Bickelbacher (Grüne). Das Lärmschutzgutachten müsse nachgearbeitet werden, dies könne aber auch im Laufe des Verfahrens passieren. Dass der Fehler überhaupt passiert sei, "wundert mich auch", so Bickelbacher.
Stadtrat Fritz Roth (FDP) wurde deutlicher: Er habe "ganz schön geschluckt", als er davon gehört habe. Ein solcher "handwerklicher Fehler" sei "blamabel". Ebenso peinlich sei, dass so etwas erst durch "einen Rechtsanwalt" entdeckt werde, und ein "destruktiver Geist wie Brannekämper sowas auf die Agenda heben kann", so Roth.
Die MVG wäscht ihre Hände in Unschuld: "Wir haben keinen Fehler gemacht"
Alex Indra von der MVG musste sich den Stadträten erklären. Der S-Bahnausbau sei aus verschiedenen Gründen nicht Bestandteil des Gutachtens gewesen, so Indra. "Wir haben keinen Fehler gemacht." Die Stadträte waren damit wenig zufrieden. Am Ende bekam die CSU für ihren Dringlichkeitsantrag keine Mehrheit. Mobilitätsreferent Georg Dunkel folgte dem Vorschlag der Linken-Stadträtin Brigitte Wolf und bot an, das Thema im Mobilitätsausschuss am 18. Oktober zu besprechen. Bis dahin würden keine Bäume gefällt.
Ein Vorschlag den auch OB Dieter Reiter (SPD) gut fand. "Vielleicht", so mahnte er, "könnte meine geschätzte MVG da dann auch etwas mehr Klarheit schaffen." In der Zwischenzeit, so der OB, müsse die Regierung von Oberbayern entscheiden, ob der Lärmschutz ausreichend ist und Fällungen genehmigt werden.