Stadtrat beschließt: Zwei Milliarden für günstigen Wohnraum bis 2028

Außerdem soll das Rathaus sich durch einen Fonds Bauland sichern und Unternehmen zu mehr Sozialabgaben verpflichten. So viel Geld hat die Stadt noch nie fürs Wohnen ausgegeben.
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In Freiham haben jüngst mehrere Genossenschaften wegen hoher Baupreise aufgeben müssen, nun will die Stadt helfen.
In Freiham haben jüngst mehrere Genossenschaften wegen hoher Baupreise aufgeben müssen, nun will die Stadt helfen. © imago images/Westend61

München - Zwei Milliarden Euro wird München bis 2028 für bezahlbaren Wohnraum ausgeben. Mehr als jede andere Stadt in Deutschland. Einen "Doppel-Wumms" nannte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) das bei einer Pressekonferenz im Oktober. Seitdem sind gut sechs Wochen vergangen. In der Zeit haben sich die Stadtratsfraktionen mit der 150 Seiten langen Vorlage aus dem Planungsreferat näher auseinandergesetzt - und am Mittwoch die Gelder mehrheitlich beschlossen.

Unternehmen sollen etwas zur Allgemeinheit beitragen

Doch SPD und Grüne setzten an einigen Stellen Nachbesserungen durch. Zum Beispiel sollen nun Genossenschaften Hilfen bekommen, weil die Baukosten so gestiegen sind und sonst einige Projekte auf der Kippe stehen würden. Außerdem soll die Stadt ein Konzept ausarbeiten, wie sie sich Grund und Boden durch einen Fonds sichern kann. Und die Stadt soll Unternehmen, wenn sie sich neu in München ansiedeln, dazu verpflichten etwas für die Allgemeinheit beizutragen - etwa Werkswohnungen, Geld für den Ausbau des ÖPNV, Grünflächen oder Kitaplätze. "Gewerbe-Sobon" nennt sich das Konzept.

Reiter selbst war bei dieser Stadtratsdiskussion, die sich über mehrere Stunden hinzog, allerdings gar nicht anwesend. Das empörte vor allem CSU-Stadtrat Alexander Reissl: "Ich hätte erwartet, dass der Chef der Verwaltung teilnimmt. Schließlich geht es um eine zentrale wohnungspolitische Weichenstellung für die nächsten Jahre." Doch Reiter ließ sich entschuldigen: eine Aufsichtsratssitzung am Flughafen mit mehreren Ministern - das habe sich nicht verschieben lassen.

Stadt investiert zwei Milliarden Euro - in fünf Jahren

Also blieb es an Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos) das Programm, das der Münchner Stadtrat seit Ende der 80er immer wieder neu auflegt, näher zu schildern. 215.000 Wohnungen wurden laut Merk durch das Programm in den vergangenen 30 Jahren geschaffen. 2,36 Milliarden Euro hat die Stadt dafür ausgegeben.

Mit dem neuen Programm pumpt die Stadt also so viel Geld wie nie zuvor in den Wohnungsbau. Zwei Milliarden Euro sollen jetzt nicht in Jahrzehnten ausgegeben werden, sondern innerhalb der nächsten fünf Jahre.

Gleichzeitig wollte Merk aber die Zielzahlen kaum erhöhen. Die Herausforderungen und die Kosten sind heute nach Ansicht der Stadtbaurätin schließlich gestiegen. Sie forderte, 2.000 geförderte und preisgedämpfte Wohnungen im Jahr. SPD und Grüne beantragten gemeinsam doppelt so viele ab 2024. Merk betonte, wenn der Stadtrat diese Ziele erreichen will, müsse er sie auch vor Ort in den Bezirksausschüssen unterstützen und später "beherzt" Baurecht beschließen.

Bilanzen für 2020 und 2021 sind ernüchternd

Tatsächlich schuf der Stadtrat 2020 und 2021 Baurecht für gerade mal 328 Wohneinheiten - insgesamt. Eigentlich hätten es 9.000 Wohnungen sein müssen. Dementsprechend wenige Wohnungen werden in den nächsten Jahren fertig, prophezeite der CSUler Reissl: "Da muss man sich doch Gedanken machen, wie man die Lücke wieder aufholen kann."

Doch das Gegenteil ist laut Reissl der Fall. Er geht (ebenso wie der Chef der FDP Jörg Hoffmann) davon aus, dass der grün-rot regierte Stadtrat die private Wohnwirtschaft verprellt, den "Bogen überspannt", "das Maß verliert", wenn es für sie zu viele Vorgaben gibt, günstigen Wohnraum zu schaffen. Und das könnte sich rächen, meinen beide: Schließlich soll die Privatwirtschaft den Großteil der 8.500 Wohnungen, die in München jedes Jahr fertig werden sollen, bauen: nämlich um die 6.000.

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Auch private Immobilienunternehmen können sich beteiligen

Grünen-Stadtrat Bernd Schreyer verwies darauf, dass sich auch private Immobilienunternehmen an den Förderprogrammen der Stadt beteiligen können. Auch SPDler Christian Müller betonte: "Das ist kein Verhinderungsprogramm, sondern ein Ermöglichungsprogramm." Denn tatsächlich finanziert die Stadt mit ihrem Programm lange nicht nur Wohnungen für die Ärmsten, sondern auch für Menschen mit mittleren Einkommen. 

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4 Kommentare
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  • freeman am 07.12.2022 23:27 Uhr / Bewertung:

    Es fehlen im gesamten Land an Wohnraum, in den Großstädten schon seit Jahrzehnten, aber die Städte sind bereits dicht gebaut und voller Menschen und Autos. Deshalb die urbanen Zentren nicht weiter vollstopfen, sondern in Gegenden und Umland mit mehr Platz verstärkt Wohnungen ausbauen. Grünflächen sollten für Wohnraum wirklich nicht geopfert werden.

  • Dimpfe am 07.12.2022 20:36 Uhr / Bewertung:

    "Günstiger Wohnraum" klingt gut, aber in der Realität wird Wohnraum für Menschen geschaffen, die nur von unserem Sozialsystem leben wollen. "Günstiger Wohnraum" für Alle, die eh schon vom Staat leben. Flüchtlinge, EU-Armutsmigranten usw. Die mit Niedriglohn arbeitende Vollzeit-Friseurin, Vollzeit-Pflegehilfskraft, der Vollzeit-Lagerarbeiter usw. wird NICHT in den Genuss dieser "geförderten Wohnungen" kommen.

  • Captown am 08.12.2022 09:05 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Dimpfe

    So sieht es leider, leider aus in Deutschland. Wir (Politiker) kümmern uns um die halbe Welt und der deutsche Bürger wird vergessen.

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