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Stadtrat beschließt Diesel-Fahrverbot in München

Jetzt ist es offiziell: Das stufenweise Diesel-Fahrverbot in der Münchner Innenstadt kommt! Der Stadtrat hat am Mittwoch einen entsprechenden Beschluss gefasst. Die CSU spricht von einem "schweren Fehler".
von  Michael Schleicher, Irene Kleber
Einige Diesel-Fahrzeuge dürfen bald nicht mehr in die Münchner Umweltzone fahren. (Symbolbild)
Einige Diesel-Fahrzeuge dürfen bald nicht mehr in die Münchner Umweltzone fahren. (Symbolbild) © Matthias Balk/dpa

München - Über zweieinhalb Stunden haben sich die Rathaus-Fraktionen am Mittwoch in der Vollversammlung gestritten. Am Ende wurde gegen die Stimmen von CSU/Freien Wählern, FDP/Bayernpartei und AfD beschlossen, was abzusehen war: Ab Februar 2023 kommt das stufenweise Diesel-Fahrverbot am Mittleren Ring.

OB Dieter Reiter (SPD) räumte ein, dass diese Entscheidung "zur Unzeit" komme, "gerade für Münchner, die nicht so viel Geld haben". Es gehe aber "um den Gesundheitsschutz der Münchner".

Diesel-Fahrverbot: Das ist konkret geplant

Klar ist nun: Die Umweltzone wird auf den Mittleren Ring ausgeweitet – bisher war er nur ihre äußere Grenze. Die erste Stufe des Fahrverbots tritt dann ab dem 1. Februar 2023 in Kraft. Rund 70.000 Münchner Diesel-Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 4 und niedriger dürfen dann nicht mehr in die Umweltzone einfahren – auch dann, wenn sie eine grüne Plakette haben. Stufe 2 gilt ab 1. Oktober 2023, sollten die Grenzwerte für Stickoxide weiterhin nicht eingehalten werden – dann wird das Zufahrtsverbot auf Diesel-Fahrzeuge der Schadstoffklasse 5 ausgeweitet. Das betrifft etwa 70.000 weitere Fahrzeuge.

Ausnahmen gibt es generell für Anwohner und den Lieferverkehr. "Die Kontrollbehörden werden mit Augenmaß vorgehen und Milde vor Recht ergehen lassen", sagte SPD-Fraktionschefin Anne Hübner.

Besagte Ausnahmen gelten jedoch nur bis zum 1. April 2024, wenn die mögliche dritte Stufe des Plans in Kraft tritt. Dann entfallen die Ausnahmen. "Soziale und private Härtefälle", wie es in einer Mitteilung der Stadt heißt, müssen dann einen entsprechenden Antrag bei der Stadt stellen. Für Handwerker soll die Ausnahme jedoch weiterhin gelten.

Der Stadtrat sei sich bewusst, dass Fahrverbote für viele Menschen eine ernste Belastung darstellen, erklärte Grünen-Stadtrat Florian Roth: "Darum gehen wir schrittweise vor, damit möglichst viele Bürger und Betriebe sich rechtzeitig umstellen können. Und wir lassen weitreichende Ausnahmen zu."

Kritik von der Opposition im Stadtrat

Kritik folgte nur kurz darauf von der Stadtratsfraktion der FDP/Bayernpartei. Es sei "absolut unverhältnismäßig, auf einen Schlag 70.000 PKW aus der Innenstadt und dem mittleren Ring auszusperren – ohne wenigstens die Ergebnisse der Luftmessungen abzuwarten, die erst letztes Jahr vom Stadtrat beschlossen wurden", erklärte Fritz Roth, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion

Den Beschluss bezeichnet Roth als "sozialen und wirtschaftspolitischen Sprengstoff". Die Ausnahmeregelungen seien "praxisuntauglich und lebensfremd". "Vernunft statt Verbote, das wäre dringend notwendig: Grüne Welle, fließender Verkehr und ein Tunnel an der Landshuter Allee", erklärt Roth weiter. Die Fraktion hatte das geplante Fahrverbot bereits im Vorfeld heftig kritisiert.

Auch für die Stadtratsfraktion der CSU/Freien Wähler sei das Diesel-Fahrverbot "unverhältnismäßig". Fraktionschef Manuel Pretzl bezeichnete die Pläne als "schweren Fehler". Ihm zufolge sei das Verbot sozial ungerecht und zudem schädlich für die Wirtschaft. "Zuerst werden Pendler und Touristen ausgesperrt und bald schon die eigenen Bürger. Wer sich keinen neuen Wagen leisten kann, wird abgehängt – und wer genügend Geld hat, bleibt fahrtüchtig. So verspotten grüne Ideologen die normale Bevölkerung in einer Zeit, die uns ohnehin vor enorme Belastungen stellt", sagte Pretzl.

Öffentlichkeitsbeteiligung startet noch in dieser Woche

Bereits ab dem morgigen Donnerstag (27. Oktober) startet die Öffentlichkeitsbeteiligung zum Luftreinehalteplan. Bis 28. November ist der Entwurf öffentlich ausgelegt, Einwände müssen bis zum 12. Dezember beim Referat für Klima- und Umweltschutz eingegangen sein. "Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt", teilt die Stadt mit Hier ist der Entwurf ebenfalls einzusehen.

Sollten aus der Öffentlichkeitsbeteiligung "keine substanziell planverändernden Erkenntnisse" hervorgehen, tritt der Plan am Anschluss wie oben beschrieben in Kraft.

OB Reiter: Nicht jede Verbotsstufe muss umgesetzt werden

Basis des Beschlusses war eine Einigung mit dem Verkehrsclub Deutschland und der Deutschen Umwelthilfe, die die Stadt verklagt hatten. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte, man habe einen Kompromiss ausgehandelt um nicht am Ende vor einem Urteil zu stehen, an dem man nichts mehr ändern könne. Wenn man die Grenzwerte bereits nach der ersten oder zweiten Stufe einhalte, müsse man die weiteren so nicht zünden. Zudem habe man versucht, möglichst viele Ausnahmeregelungen zu finden.


Hinweis: In einer ursprünglichen Version dieses Beitrags hatte es sinngemäß geheißen, dass das Diesel-Fahrverbot gegen die Stimmen von CSU/Freie Wähler und FDP/Bayernpartei beschlossen wurde. Dieser Passus ist nach Kenntnisnahme durch die Redaktion am 12.01.2023 entsprechend korrigiert worden. Damit wird klargestellt, dass auch die AfD gegen den Beschluss stimmte.

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