Stadt wird zum Versuchslabor: München testet die grüne Welle für Radler

Vor 200 Jahren wurde der erste Drahtesel gebaut. Im Jubiläumsjahr möchte die Stadt München zum Versuchslabor für einige Radlexperimente machen. Die Grüne Welle ist nur eines davon.
von  Florian Zick
Grüner Pfeil und Rot, gelb, go! Für Radler soll’s künftig schneller gehen.
Grüner Pfeil und Rot, gelb, go! Für Radler soll’s künftig schneller gehen. © AZ-Montage/Green City/dpa/KVR

Das Radl feiert heuer seinen 200. Geburtstag. Wie in vielen anderen Städten wird es im Juni deshalb auch in München eine große Jubiläumsfeier geben. Geplant ist unter anderem ein Wettrennen zwischen einem Radler und einem Autofahrer quer durch die Innenstadt. Doch bei reinen Feierlichkeiten soll es nicht bleiben.

Die selbst ernannte Radl–Hauptstadt München will im Jubiläumsjahr 2017 auch eine Reihe von Neuerungen testen, die den Radverkehr in der City revolutionieren könnten. So könnte unter anderem erstmals ein grüner Rechtsabbiegerpfeil zum Einsatz kommen, der allein für Fahrradfahrer gilt. Hier die geplanten Änderungen im Überblick.

Grüner Pfeil für Rechtsabbieger
Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) hat bei einem Workshop mit Vertretern anderer deutschen Städte vergangenes Jahr die Einführung eines grünen Rechtsabbiegerpfeils für Radfahrer diskutiert. Ergebnis der Runde: Es könnte durchaus sinnvoll sein, Radlern mit einem solchen Verkehrszeichen auch bei Rot das Rechtsabbiegen zu erlauben.

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Allerdings hält das KVR bei Weitem nicht jede Kreuzung in München für einen solchen Pfeil geeignet. An 15 Knotenpunkten, so urteilt die Verkehrsbehörde, sei eine Sonderregelung aber denkbar. Vor allem die Kapuziner- und die Lindwurmstraße bieten da eine Reihe von Möglichkeiten. Nun will sich die Stadt in Berlin die Erlaubnis für ein Pilotprojekt einholen.

Grüne Welle für Fahrradfahrer
In der Schellingstraße zwischen TU und LMU will die Stadt von März bis Oktober den Ampelrhythmus umstellen. Die Grünphasen sollen sich dann nicht mehr an den Autos orientieren, sondern am Tempo der Radler.

In der Schellingstraße wird die Stadt zum Testlabor

Auf der ein Kilometer langen Teststrecke zwischen Luisen- und Ludwigstraße will die Stadt herausfinden, wie man die Grüne Welle einstellen muss, damit möglichst viele Verkehrsteilnehmer davon profitieren. Schließlich sind Radler nicht nur grundsätzlich unterschiedlich fit, sie fahren je nach Wind- und Wetterlage auch nicht jeden Tag gleich schnell.

Der Abschnitt wurde ganz bewusst gewählt. Auf der Schellingstraße verkehrt schließlich auch eine Buslinie. Die genießt an den Ampeln eigentlich auch Vorrechte. So lässt sich der Versuch unter erschwerten Bedingungen durchführen.

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An der Ecke Türken- und Schellingstraße soll zudem eine Uhr mit Restgrünanzeige installiert werden. Diese sogenannte Countdown-Ampel soll es Verkehrsteilnehmern ermöglichen, ihre Geschwindigkeit an die Grünphasen besser anzupassen.

In einer Radlstraße passieren nachweislich weniger Unfälle

Mehr Fahrradstraßen für schnellere Radlrouten
In München gibt es 58 Fahrradstraßen – das ist schon jetzt deutschlandweit Rekord. Nach Ansicht der Stadt dürften es aber gerne auch noch mehr werden. Das Konzept hat sich seit seiner Einführung im Oktober 2014 schließlich durchaus bewährt.

Studien zeigen, dass in einer Straße, in der Fahrradfahrer bevorrechtigt sind (sie dürfen zum Beispiel nebeneinander fahren), im Schnitt weniger Unfälle passieren. Pro Kilometer nämlich nur 1,95 im Jahr. Davor waren es noch 2,34. Allein schon die Unfalldichte würde also für die Einführung weiterer Fahrradstraßen sprechen.

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Bevor das jedoch passieren kann, will die Stadt noch ein anderes Problem anpacken. Laut Straßenverkehrsordnung gilt in 30er-Zonen nämlich grundsätzlich die Rechts-vor-links-Regel. Für Radler allerdings ist es nicht sonderlich angenehm, an jeder Kreuzung abbremsen zu müssen.

Um im Zuge der geplanten Radlschnellrouten auch durch 30er-Zonen Fahrradstraßen führen zu können, würde die Stadt Radler von dieser Regelung gerne ausnehmen. Dafür braucht es aber erst das Okay der entsprechenden Bundesbehörden.

Wie man also sieht: Die Stadt ist momentan noch relativ abhängig vom guten Willen der übergeordneten Dienststellen. Im Stadtrat wollen die Fraktionen heute aber ein klares Bekenntnis zur Förderung des Radverkehrs abgeben. Was daraus wird, wird man dann aber erst noch sehen.

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