Spektakulärer Eingriff rettet Patientin das Leben

Eva Müllers künstliche Herzklappe funktioniert nicht mehr, für eine schwere Operation ist die 77-Jährige zu schwach. Die Münchner Mediziner müssen improvisieren – mit einem Eingriff, der weltweit erst wenige Male gelungen ist.
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Direktor der Klinik für Erwachsenenkardiologie am Deutschen Herzzentrum München: Professor Dr. Heribert Schunkert.
Herzzentrum München 4 Direktor der Klinik für Erwachsenenkardiologie am Deutschen Herzzentrum München: Professor Dr. Heribert Schunkert.
Per Katheter und ohne offene Operation wird die Klappe in der Klinik eingesetzt. Am Monitor verfolgt der Kardiologe die genaue Position.
Herzzentrum München 4 Per Katheter und ohne offene Operation wird die Klappe in der Klinik eingesetzt. Am Monitor verfolgt der Kardiologe die genaue Position.
So dick wie ein Daumen: die künstliche Herzklappe.
Herzzentrum München 4 So dick wie ein Daumen: die künstliche Herzklappe.
Die richtige Stelle: die Patientin zeigt die richtige Stelle der künstlichen Herzklappe zwischen linkem Herzvorhof und linker Herzkammer.
Herzzentrum München 4 Die richtige Stelle: die Patientin zeigt die richtige Stelle der künstlichen Herzklappe zwischen linkem Herzvorhof und linker Herzkammer.

München - Sie schaffte nicht mal eine einzige Treppenstufe: Eva Müller (Name geändert) war so schwach, dass sie nur noch wenige Schritte gehen konnte. Dazu bekam die 77-Jährige kaum noch Luft. Der Grund: Die künstliche Herzklappe, die ihr bei einer schweren Operation eingepflanzt wurde, funktionierte nicht mehr.

Einziger Ausweg: eine weitere OP am offenen Herzen, eine neue Herzklappe. Ein mehrstündiger und belastender Eingriff. "Doch das war bei der Patientin leider nicht möglich", sagt Professor Heribert Schunkert (56), Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums München. "Eine erneute Operation wäre einfach zu riskant gewesen."

Dass die ehemalige Kindergärtnerin jetzt trotzdem wieder fast so kräftig und belastbar ist wie früher, verdankt sie einem spektakulären Eingriff, der weltweit erst wenige Male gelang.

 

"Da geht es um jeden Millimeter", erklärt der Kardiologe

 

Ohne offene Operation und nur mit einem dünnen Katheter konnte ihr Kardiologe Dr. Markus Kasel (51) vom Deutschen Herzzentrum München durch die Leistenvene eine neue künstliche Herzklappe von innen direkt in die defekte Prothese einsetzen. "Allerdings mussten wir dazu eine künstliche Herzklappe verwenden, die gar nicht für diesen Zweck gedacht war", so Kasel, "weil es für diesen speziellen Fall noch gar keine entsprechenden Implantate gibt."

Ein technisch extrem schwieriger Eingriff, auch weil die Ärzte den Katheter im Körper über ganz andere Wege steuern mussten als sonst. „Aber es hat funktioniert und der Patientin ging es schlagartig wieder gut“, sagt Kardiologe Kasel.

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"Jeder Mensch hat vier Herzklappen", erklärt er. "Sie können sich verengen oder undicht werden. Dann sind die Patienten körperlich nicht mehr belastbar und leiden unter schwerer Luftnot." Die Ärzte improvisieren: "Wir haben die Kunst-Aortenklappe klein zusammengefaltet, auf einen anderen Katheter montiert und sie über eine Vene in der Leistengegend bis in die rechte Herzhälfte vorgeschoben", sagt Dr. Kasel. "Da geht es um jeden Millimeter. Sie darf nicht zu weit vorn und nicht zu weit hinten sitzen, weil sonst der Blutstrom nicht richtig verläuft."

 

Herz wird stillgelegt

 

Das Herz von Eva Müller musste für eine halbe Minute stillgelegt werden. "Wir beschleunigen dazu die Herzfrequenz kurz auf 200 Schläge pro Minute", erklärt der Kardiologe. "Da vibriert es nur noch." Der Eingriff dauerte nur 30 Minuten – und gelingt.

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"Schon am Abend konnte ich wieder aufstehen", berichtet Eva Müller. "Ich fühle mich einfach großartig." Vital spaziert die 77-Jährige in ihrem orangefarbenen Morgenmantel durch die Flure des Herzzentrums und strahlt. "Ich dachte schon, dieses Jahr überlebe ich nicht mehr", sagt die Rentnerin. "Doch jetzt geht es mir wieder so blendend, dass ich die ganze Welt umarmen könnte."

Drei Tage nach dem Eingriff durfte Eva Müller wieder nach Hause. Und tut Dinge, die sie schon lange nicht mehr tun konnte: "Lange Spaziergänge machen, mit meinen Enkeln spielen und mit dem Hund herumtoben. Dass ich das alles noch erleben darf, dafür bin ich den Münchner Herzspezialisten unendlich dankbar."

 

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