Welcome-Center: München sagt dem Fachkräftemangel den Kampf an – und fürchtet die AfD

Der Fachkräftemangel ist auch in München groß. Viele Firmen suchen deshalb nach Mitarbeitern im Ausland. Doch oft behindert die Bürokratie das Ankommen. Jetzt soll eine neue Stelle bei der Stadt helfen.
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München braucht Fachkräfte aus dem Ausland. Davon sind nicht nur die Handwerker Ralf Suhre (li.) und Olaf Zimmermann überzeugt. Sondern auch die Grünen-Politikerinnen Julia Post und Katrin Habenschaden (re.)
München braucht Fachkräfte aus dem Ausland. Davon sind nicht nur die Handwerker Ralf Suhre (li.) und Olaf Zimmermann überzeugt. Sondern auch die Grünen-Politikerinnen Julia Post und Katrin Habenschaden (re.) © Grüne

München - Vier Mitarbeiter könnte er sofort gebrauchen, sofort anstellen, sagt Olaf Zimmermann. Er führt seit fast 30 Jahren eine Heizungs- und Sanitärfirma in München. "Gerade sagen wir Aufträge ab und das tut uns sehr weh." Aber neue Mitarbeiter zu finden, sei schwer. Zimmermann setzt deshalb auch auf ausländische Fachkräfte. Und das macht die Sache nicht leichter.

Fachkräftemangel in München: Anstellungen scheitern an bürokratischen Prozessen

Einmal habe er einen Peruaner anstellen wollen, der in Italien lebte. Eineinhalb Jahre habe er nichts mehr von dem Mann gehört, erzählt Zimmermann. "Dann kam plötzlich die Nachricht: Ich hab jetzt die Papiere, ich kann anfangen." In Italien habe dieser Prozess gerade mal ein Vierteljahr gedauert. Ein anderer Mitarbeiter, der ursprünglich aus Syrien stamme, dürfe keinen Führerschein machen, weil er noch keinen richtigen Aufenthaltstitel hat. Wieder andere dürften nicht mit zum Betriebsausflug, weil der Pass fehlt.

Um all diese Probleme muss sich der Chef der Heizungsfirma momentan selbst kümmern. Das kostet Zeit, das kostet Nerven. Die Grünen im Münchner Stadtrat wollen, dass das besser wird. Sie beantragen deshalb, dass die Stadt ein "Welcome-Center" schafft. Dieses soll Fachkräften aus anderen Teilen Deutschlands oder aus dem Ausland den Start in München erleichtern.

Vom Handyvertrag bis zum Bankkonto: Das "Welcome-Center" in München soll helfen

"Das Welcome-Center soll bei allen Belangen helfen", sagt Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne). Die Menschen, die sich in München ein neues Leben aufbauen wollen, sollen nicht mehr von einer Behörde zur nächsten geschickt werden, sondern unkompliziert Hilfe finden – egal, ob es darum geht, wie sie einen Aufenthaltstitel oder ein neues Konto, eine Wohnung oder einen Handyvertrag bekommen. So erklärt Julia Post die Idee. Sie ist in der Grünen-Fraktion für Wirtschaftsthemen zuständig und kandidiert für den Landtag.

Beide Frauen sind überzeugt, dass sich Deutschland das Hin- und Herschicken, das Warten-Lassen von Menschen, die hier einen Job anfangen wollen, nicht mehr leisten kann. Schließlich fehlen nicht nur der Sanitärfirma von Olaf Zimmermann die Mitarbeiter. Mehr als jedes zweite Unternehmen in Deutschland kann nicht mehr alle offenen Stellen besetzen, rund zwei Millionen Arbeitsplätze bleiben deshalb vakant. Davon geht die Deutsche Industrie- und Handelskammer aus.

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Das Welcome-Center soll deshalb ein Ort sein, an dem sich die Menschen wohlfühlen, der gut erreichbar und einladend ist, beschreibt Katrin Habenschaden.

Neue Mitarbeiter sollen dafür nicht eingestellt werden, vielmehr sollen die vorhandenen Beratungsangebote dort gebündelt werden. Wie viele Menschen in dem Center einmal arbeiten sollen, können Habenschaden und Post noch nicht sagen.

In Stuttgart gibt es bereits ein "Welcome-Center"

Das Welcome-Center muss das Kreisverwaltungsreferat einrichten. Die Chefin Hanna Sammüller-Gradl (Grüne) freut sich darauf: "Ich kann mir keinen besseren Ort für ein Welcome-Center vorstellen." Vorbild soll Stuttgart sein. Dort gibt es bereits ein Welcome-Center, in dem zehn Personen arbeiten, die alle möglichen Fremdsprachen beherrschen. Ziel ist, dass auch in München die Menschen Hilfe in ihrer Muttersprache finden.

Habenschaden ist zuversichtlich, dass das klappt. Schließlich sprechen die KVR-Mitarbeiter auch viele verschiedene Sprachen, meint sie. Sorge bereitet ihr die AfD. Menschen aus dem Ausland werden sicher genau hinschauen, ob sie sich dort niederlassen wollen, wo eine rechte Partei in Umfragen bei um die 20 Prozent liegt, meint sie. "Die AfD ist die größte Gefahr für unsere wirtschaftliche Zukunft."

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  • muc_original_nicht_Plagiat! am 04.08.2023 16:17 Uhr / Bewertung:

    wenn ich die Foren-Beiträge hier so lese, dann muss ich sagen, dass von diversen Stellen ganze Arbeit geleistet wurde, um die AfD mit einer falschen Erzählung zur Haltung in der Einwanderungsthematik zu belegen. Dabei steht die rigide Haltung beim Thema Asyl auf einem anderen Blatt. Richtig. Aber hier geht es doch ganz sachlich betrachtet um qualifizierte Einwanderung. Und die wird von der AfD nicht abgelehnt. (Japanisches Modell - mag nicht allen gefallen, aber es so darzustellen, als wäre diese Partei gegen jegliche Einwanderung, ist nicht korrekt) Daher empfinde ich die Aussage von Frau Habenschaden " "Die AfD ist die größte Gefahr für unsere wirtschaftliche Zukunft." als undifferenziert. Genauso könnte man auch sagen, dass Grüne und links-grün-ideologisierte Politik eine große wirtschaftliche Gefahr darstellen, und nicht nur für die Zukunft, sondern bereits in der Gegenwart. Also:wenn konservativen Parteien Populismus vorgeworfen wird, trifft es hier auch zu. Wieder AfD-Wahlhilfe

  • AllesBesser am 04.08.2023 15:52 Uhr / Bewertung:

    Wäre vielleicht mal ganz Heilsam, wenn die AfD an irgendeiner Stelle mal wirklich ins Tun käme. Derzeit kann sie aus der sicheren Distanz der Machtlosigkeit über Alles meckern, was die Anderen angeblich so furchtbar falsch machen und sich als die Retter gerieren.
    Das wäre vorbei, wenn sie mal selber was zu verantworten hätten. Dann würde man sehen, dass die auch nicht zaubern können. Alleine mit dumpfen und herrlich einfachen Parolen ist noch nichts erreicht. Merke: Wenn etwas zu gut ist um wahr zu sein, ist es das üblicherweise auch.

  • Bayern69 am 04.08.2023 15:05 Uhr / Bewertung:

    Als Ausländer würde ich wahrscheinlich keinen Job in Deutschland suchen. Eine sehr hohe Abgabenlast, von der dann auch noch die halbe Welt durchgefüttert wird. Frau Habenschaden sollte sich mal lieber um die Innere Sicherheit in D Gedanken machen, die dem Staat sehenden Auges mehr und mehr entgleitet. Das ist das weit größere Problem als eine demokratisch gewählte Partei.

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