S-Bahn-Ausbau: Ist dieser Ring die Rettung?

Mit einem „S-Bahn Nordring“ wollen die Freien Wähler den Münchner ÖPNV entlasten. Er soll den Fahrgästen, die von West und Ost in den Norden wollen, die Fahrt durch die Innenstadt ersparen.
von  Lisa Marie Albrecht
So könnte der S-Bahn Nordring laut Planungsbüro aussehen: Rot die geplante neue Strecke mit den neuen S-Bahnhöfen, in Grün der derzeitige Bestand.
So könnte der S-Bahn Nordring laut Planungsbüro aussehen: Rot die geplante neue Strecke mit den neuen S-Bahnhöfen, in Grün der derzeitige Bestand. © Vieregg & Rössler

Mit einem „S-Bahn Nordring“ wollen die Freien Wähler den Münchner ÖPNV entlasten. Er soll den Fahrgästen, die von West und Ost in den Norden wollen, die Fahrt durch die Innenstadt ersparen

München - Dass etwas getan werden muss, um den öffentlichen Nahverkehr in München zu entlasten – darüber sind sich eigentlich alle einig. Insbesondere das S-Bahn-System braucht Ausbaumaßnahmen. Aber ist die viel diskutierte zweite Stammstrecke die Universallösung? Laut Michael Piazolo, Münchner Landtagsabgeordneter der Freien Wähler, greift dieser Ansatz zu kurz: „Dass es in der Diskussion immer heißt, vor allem anderen müssen wir eine zweite Stammstrecke bauen, halte ich für falsch.“

Lesen Sie hier: Jetzt geht's fix: Die zweite Stammstrecke kommt

Gemeinsam mit dem Planungsbüro Vieregg & Rössler stellte er am Montag ein Konzept für den Bau eines S-Bahn Nordrings vor. Dieser sieht einen nördlichen Halbring vor, der im Westen am Bahnhof Pasing beginnt und über Knorrstraße und Freimann bis Trudering/Ostbahnhof führt. Insgesamt würde die geplante Strecke 14 Bahnhöfe umfassen, von denen sechs (Pasing, Moosach, Johanneskirchen, Englschalking, Daglfing und Trudering) bereits vorhanden sind und acht neu gebaut werden müssten (Berduxstraße, Lassallestraße, Lerchenau, Knorrstraße, Ingolstädter Straße, Freimann Süd, Unterföhring Südwest und Berg am Laim Ost).

 

<img alt=

 

Auch neue Umsteigemöglichkeiten zu den U-Bahn Linien 1 bis 6 sollen entstehen. Die Kosten schätzt das Planungsbüro auf ca. 500 Millionen Euro. Diese Egänzung des S-Bahn Systems würde sich lohnen, da der Münchner Norden ein starkes Wachstum erfahre und schon jetzt viel Gewerbe dort angesiedelt sei, erklärt Michael Piazolo. BMW zum Beispiel plant etwa 10 000 neue Arbeitsplätze und würde sich sicher über einen eigenen S-Bahn Anschluss freuen. Außerdem bietet der Ausbau des Nordrings einen entscheidenden Vorteil gegenüber etwa dem Ausbau des Südrings: Das Streckennetz ist bereits vorhanden, durch den derzeit nur vom Güterverkehr genutzten „Schienen-Nordring“. Er verläuft vom Rangierbahnhof München Nord über die Isar bis zum Heizkraftwerk Unterföhring.

Lesen Sie hier: Zweite Stammstrecke: Das sagte Dobrindt in München

Auf der gesamten Strecke sollen laut Konzept zwei vollwertige S-Bahn-Gleise errichtet werden, die den S-Bahn-Verkehr vom Güterverkehr trennen. Vorteil ist, dass hierfür (mit Ausnahme eines kurzen Abschnitts zwischen Freimann und Johanneskirchen) kein Privatgrund in Anspruch genommen wird, sondern das Gelände Eigentum der Deutschen Bahn ist.

Eine Verbindung zwischen dem Münchner Norden und den westlichen und östlichen Stadtteilen fehlt der S-Bahn bisher, da alles sternförmig auf die Innenstadt zugeschnitten ist. Besonders die Fahrgäste, die ansonsten gezwungen sind, erst in die Innenstadt zu fahren, würden viel Zeit sparen, bei einer Fahrt von Pasing bis zur Ingolstädter Straße zum Beispiel etwa 30 Minuten, rechnet Martin Vieregg vom Planungsbüro.

Durch den Ring ergebe sich zudem auch eine größere Chance, Autofahrer, die momentan die drei West-Ost-Verkehrsadern A99, Frankfurter Ring und Mittlerer Ring nutzen, auf den ÖPNV umzulenken. Das Planungsbüro rechnet mit etwa 70 000 Reisenden pro Werktag auf dem Nordring. Dabei geht man davon aus, dass etwa 10 Prozent der Autofahrer auf die S-Bahn umsteigen würden, was laut Vieregg eher niedrig geschätzt ist.

Trotz aller Euphorie stellt Initiator Michael Piazolo klar: „Der Nordring ist kein Ersatz für die zweite Stammstrecke, sondern eine Verstärkung.“ Dieser Meinung ist auch die Deutsche Bahn: „Als große Lösung ist der Ausbau des Nordrings absolut ungeeignet.“, so ein Sprecher. Die MVG hält insbesondere den nachträglichen U-Bahn-Anschluss für problematisch. Andreas Nagel, Sprecher der Aktion Münchner Fahrgäste, findet, der Ausbau des Nordrings sei grundsätzlich „kein schlechter Ansatz“ – statt eines S-Bahn Betriebs plädiert er eher für eine Nutzung der Gütergleise mit bereits vorhandenen Regionalzügen. Allerdings sei es eher hinderlich, immer neue Projekte vorzustellen, ohne ein altes realisiert zu haben. „Uns interessiert, was jetzt getan werden muss.“

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.