Rückzieher von Euroboden: Kein 9,99-Euro-Haus für München
München - Die Euroboden Gesellschaft mit Sitz in Grünwald ist bekannt für anspruchsvolle Projekte. Gründer Stefan Höglmaier arbeitet gern mit namhaften Architekten zusammen. Auch denkmalgeschützte Gebäude reizen ihn. Er hat nicht nur den alten Kriegsbunker in Schwabing umgewandelt, sondern auch Münchens ältesten Bauernhof, den Derzbachhof in Forstenried (erbaut 1751) vor dem Verfall gerettet (AZ berichtete).
Derzeit hat das Unternehmen mit 65 Mitarbeitern mehr als 20 Projekte in Arbeit – im Sommer betrug das Umsatzvolumen 1,8 Milliarden Euro.
9,99 Euro pro Quadratmeter – zu schön um wahr zu sein
Für Normalverdiener sind Euroboden-Immobilien üblicherweise weit entfernt von ihren Möglichkeiten. Für umso mehr Aufsehen sorgte, als Höglmaier im Sommer zusammen mit dem Münchner Architekten und TU-Professor Florian Nagler seine Pläne für den Neubau von 42 sehr günstigen Wohnungen vorstellte.
Der Euroboden-Chef wollte auf städtischem Grund an der Heßstraße, wo früher die Luitpoldkaserne stand, zwei Wohnhäuser aus Holz bauen. Nach Fertigstellung sollte die Kaltmiete dort nur sensationelle 9,99 Euro pro Quadratmeter kosten. 60 Prozent der Wohnungen sollten für Mieter reserviert werden, die "eine essenzielle Rolle für die Stadt spielen" – zum Beispiel Pflegekräfte, Kita-Beschäftigte, Polizisten und Feuerwehrleute. Die restlichen 40 Prozent der Wohnungen sollten frei vergeben werden.
Krieg, höhere Zinsen und Baukosten: Das führte zum Rückzieher
Das Grundstück hatte Euroboden in einem umgekehrten Bieterverfahren im Erbbaurecht erworben. Die vorgegebene Mietobergrenze von 13,50 Euro hatte es unterboten. Höglmaier nannte das Projekt "Haus für München". Er wollte rund 40 Millionen Euro investieren, ein Vorzeigeprojekt in Sachen Nachhaltigkeit schaffen und dabei die Qualität nicht vernachlässigen. Höglmaier sagte im Sommer: "Ich habe 20 Jahre auf so eine Möglichkeit gewartet. Im Erbbaurecht wirken die freien Kräfte des Marktes mit maximalen Grundstückspreisen nicht."
Doch aus den schönen Plänen wird aller Voraussicht nach nichts mehr: Euroboden hat sich zurückgezogen und den Zuschlag an die Stadt zurückgegeben. Höglmaier begründete dies damit, dass sich "sowohl die Zins- als auch die Baukostenlandschaft erheblich verändert" haben. Inflation, Krieg und Pandemie-Nachwirkungen hätten dazu geführt, dass die Baukosten weiter gestiegen seien und die Zinsen von unter ein Prozent auf mittlerweile über vier Prozent gestiegen sind. Zum Jahreswechsel habe sich außerdem auch noch die "Förderkulisse nachteilig" verändert.
Euroboden und Architekt Nagler hatten noch versucht, die Baukosten weiter zu senken und nach einem Käufer gesucht, der das Projekt ohne größere Renditeerwartungen als soziales Investment übernimmt – ohne Erfolg.
Die Stadt wiederum kann die Parameter des Vergaberechts nicht einfach so ändern.
"Die Entscheidung der Firma Euroboden, den Zuschlag zur Realisierung der Baugebiete WA 5 und WA 6 im Kreativfeld zurückzugeben, haben wir sehr bedauert", teilte ein Sprecher des Planungsreferats der AZ mit. Die Stadt ist nun auf den ersten Nachrücker im Ausschreibungsverfahren zugegangen. Doch auch der wird alles sehr gründlich durchrechnen müssen. "Eine Zusage haben wir von diesem bislang noch nicht erhalten", so der Sprecher am Mittwoch zur AZ.