Derzbachhof saniert: Forstenried in alter Frische

Nach langem Kampf ist Münchens ältester Bauernhof, der Derzbachhof, saniert. Nun konnte er öffentlich besichtigt werden. Die AZ hat reingeschaut.
Adrian Prechtel
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Mitten in Forstenried: Der Derzbachhof ist der älteste Bauernhof der Stadt und jetzt wieder ganz neu - sogar mit Schindeldach.
Daniel von Loeper 4 Mitten in Forstenried: Der Derzbachhof ist der älteste Bauernhof der Stadt und jetzt wieder ganz neu - sogar mit Schindeldach.
Blick von Osten auf die Fassaden der neuen Eigentumswohnungen, die bereits - bis auf eine - alle verkauft sind.
Daniel von Loeper 4 Blick von Osten auf die Fassaden der neuen Eigentumswohnungen, die bereits - bis auf eine - alle verkauft sind.
Vier Wohnungen, wo ehemals Stall und Tenne waren, haben einen Blick in den historischen Dachstuhl.
Daniel von Loeper 4 Vier Wohnungen, wo ehemals Stall und Tenne waren, haben einen Blick in den historischen Dachstuhl.
Den Gemeinschaftsraum in der ehemaligen Bauernstube soll in Zukunftjeder anmieten können.
adp 4 Den Gemeinschaftsraum in der ehemaligen Bauernstube soll in Zukunftjeder anmieten können.

München - Wenn jahrelang Schlachten geschlagen werden, was kommt am Ende raus? In diesem Fall ein Juwel.

Münchens ältester Bauernhof ist endlich wieder saniert

Der Verein Freunde des Ortskerns Forstenried hatte jahrelang einen Investor für den ehemaligen Hof der Familie Derzbach gesucht. Dessen Hausname vor 270 Jahren war "Feichthof", damals sicher nicht wegen der feuchtigkeitsziehenden Grundmauern. Seit den 80er Jahren stand der Derzbachhof leer und moderte vor sich hin. Nur, wer wollte in so einen maroden, denkmalgeschützten Hof mit niedrigen Deckenhöhen investieren?

Bürgerinitiative: Mahnwachen gegen Wohnungsbau

Interesse bekundete Stefan Höglmaier mit seiner Immobilienentwicklungsfirma Euroboden und verlangte im Gegenzug zusätzliches Baurecht auf dem großen Grundstück mit Bauerngarten und angrenzendem freiem Feld. Gegen Höglmaiers Pläne mit insgesamt 17 zusätzlichen Wohnungen gründete sich eine Bürgerinitiative, die sogar Mahnwachen gegen den Bau abhielt.

Wer jetzt das Ergebnis sieht, kann aber nur sagen: Der neue Derzbachhof mit seinen Zubauten wertet das Ensemble des Dorfkerns Forstenried gleich gegenüber der Kirche Heilig Kreuz und dem barocken Forstamt sowie neben dem Alten Wirt noch einmal gewichtig auf.

Kleiner Platz zum Verweilen

Architekt Peter Haimerl steht am vergangenen Sonntag beim Dorffest Forstenried glücklich vor dem neuen Bauernhof. Zur Straße hin wurde das Grundstück geöffnet und ein Baum gepflanzt mit Rundbank, so dass jetzt ein kleiner Platz zum Verweilen für alle entstanden ist. "Aber die jahrelangen Kämpfe waren wirklich entnervend", meint Haimerl: "Und das Ergebnis hätte sogar noch großzügiger für die Öffentlichkeit werden können. Denn ursprünglich hätte Euroboden auch noch viel Geld in die Umgebung investiert, Garageneinfahrten mit Nachbarn zusammengelegt, den Dorfkern insgesamt für die Bürger erweitert und geöffnet."

Die Neugier auf das jetzt fertiggestellte Ensemble ist jedenfalls riesig: Von morgens halb elf an bildeten sich lange Besucherschlangen vor dem Derzbachhof. Und abends um halb sechs mussten noch 50 Leute nach Hause geschickt werden. Euroboden verspricht einen weiteren Besichtigungstermin.

Gemeinschaftsraum auf dem Bauernhof kann man mieten 

Betritt man jetzt den Bauernhof durch die Holztür, öffnet sich links die alte Bauernstube mit holzvertäfelter Decke- bereits eingerichtet mit Wandschrankkommode, modernen Leuchten und rustikalen, hellen Tischen. "Und wer wohnt hier schon?", fragt eine Bürgerin den führenden Architekten Walter Waldrauch. "Niemand. Das ist ein Gemeinschaftsraum für alle, die auf dem Gelände des Derzbachhofs wohnen. Den soll man aber in Zukunft auch von außen anmieten können - für kleine Feiern oder Besprechungen."

Wo unten sich an die Wohnzimmer früher der Stall und die darüber liegende Tenne anschlossen, sind vier Mietwohnungen entstanden mit Holzwänden und Blick in den offenen Dachstuhl. Eine hat sich Euroboden-Geschäftsführer Höglmaier selbst vorbehalten. "Auch ein Beweis, dass es hier nicht nur um Kommerz ging, sondern um ein modernes Wohnen im bewahrten Altbestand."

Fassadenoptik ist umstritten

Optisch umstritten sind aber die Fassaden der zusätzlichen Gebäude mit den Eigentumswohnungen. "Die dezenten Holzfassaden sollen die Anmutung von Scheunen haben und sich so dem Bauernhof unterordnen", erklärt Haimerl und verteidigt auch die Leisten, die dort die Fenster vergittern mit einem Sprossenfenstervergleich.

Auch der Derzbachhof selbst hat - neben aller Renovierung - eine neue Anmutung. An der Nordseite wurde wieder eine Holzfassade geschaffen und statt der Dachverblechung strahlt jetzt ein Holzschindeldach Wärme und Würde aus. Vielleicht auch eine Hommage an Forstenried als ehemalige Holzfällersiedlung. In der dürfte nach diesem Tag der Frieden überzeugend wieder hergestellt sein.

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3 Kommentare
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  • Witwe Bolte am 13.09.2022 14:56 Uhr / Bewertung:

    Wenn man 800.000 aufwärts für eine Eigentumswohnung hinblättert, möchte man nicht hinter dunklen Holzgittern am Fenster nach draussen schauen. Aber es gibt genug Leute, die so ein Gefängnis-Fenster-Ambiente nicht stört.
    Bitte den nächsten Tag der offenen Tür besser organisieren: viele Leute standen umsonst in der endlosen Warteschlange.

  • Andi K. am 13.09.2022 22:34 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Witwe Bolte

    ...die Leisten, die dort die Fenster vergittern... das hat den "Charme" eines Luxusgefängnisses für Mafia- und Clanbosse.

  • Witwe Bolte am 14.09.2022 13:15 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Andi K.

    Die Holzgitter haben auch Vorteile: es kann kein Einbrecher in die Wohnung steigen und von innen fallen weder Kind noch grössere Hunde runter. 😎

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