Nach Rekord-Demo gegen rechts in München: So geht es jetzt weiter
München - Ob es nun 100.000 Demonstranten oder 320.000 waren, wie die Veranstalter sagen, spielt keine so große Rolle mehr: Das Signal, das am Sonntag rund um das Siegestor bei "Gemeinsam gegen rechts" ausgesendet wurde, war laut. Was mit diesem Signal aus der Zivilgesellschaft nun aber anzufangen ist, wissen die offenbar nicht so genau, die nicht auf die Bühne durften: die Parteien.
"Zu radikal, zu links": Viel Kritik an Rednern auf der Großdemo gegen rechts in München
Viele übten in den vergangenen Tagen Kritik an der Demo, konkret an einzelnen Aussagen auf der Bühne, die zu radikal und zu links gewesen sein sollen - auch Alt-Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) empfand das so. Er schlug darum vor, das alte "Bündnis für Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat" wiederzubeleben, das künftig solche Demonstrationen organisieren soll.

Eine Idee, die beim Chef der CSU/FW-Stadtratsfraktion Manuel Pretzl auf offene Ohren stößt: "Das wäre ein guter Ausrichter von künftigen Demonstrationen", sagt er zur AZ. Die Demo am Sonntag sei zwar ein "starkes Signal" gewesen. Aber: "So eine Demo ist nicht der Ort für parteipolitische Vereinnahmung."
Der Chef der Fraktion der Freien Wähler im bayerischen Landtag, Florian Streibl, sähe in einer solchen neuen Demonstration ein "großes Zeichen", wie er in "BR24" erklärt. Jene am Sonntag hingegen sei "linksextrem gekapert" worden.
Luc Ouali von Fridays for Future: Eigenes Bündnis von CSU und Freien Wählern "heuchlerisch"
Anders sieht das naturgemäß Luc Ouali von Fridays For Future München, einer der Organisationen, die die Großdemo am Sonntag mitorganisiert haben. "Dass die CSU und die Freien Wähler ein eigenes Bündnis aufbauen wollen, finde ich persönlich heuchlerisch", sagt er zur AZ. Es passe nicht zusammen, "wenn man am Mittwoch AfD-Verfassungsrichter wählen möchte und in der übrigen Zeit ständig den Rechtsruck vorantreibt." CSUler, "die sich als Demokrat*innen und Antifaschist*innen verstehen" seien aber immer willkommen.

Wiederum mit einer anderen Idee reagiert der amtierende Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Er kann offenbar der Idee seines Vorgängers nicht viel abgewinnen und schlägt stattdessen einen "breiten Dialog" im Rathaus vor, zu dem er neben der Stadtspitze auch Vertreter der Zivilgesellschaft, der Parteien, Religionsgemeinschaften, Jugendorganisationen und aus anderen Bereichen einladen möchte.
Er möchte so "das große zivilgesellschaftliche Engagement" weitertragen, das sich am Sonntag gezeigt hat. Der Münchner CSU-Partei-Chef Georg Eisenreich teilte der AZ umgehend mit, er unterstütze Reiters Initiative.

SPD-München Chef Köning: "Nicht einfach die Antworten aus den 90ern wiederholen"
"Ich finde es richtig, nicht einfach die Antworten aus den 90ern zu wiederholen", pflichtet Christian Köning, Chef von München-Partei und Fraktion, seinem OB bei. Vielmehr gehe es darum, "gemeinsam mit auch veränderter Zusammensetzung der Zivilgesellschaft zu überlegen, wie man das Signal, dass München übergreifend geschlossen gegen Rechtsextremismus steht, manifestieren kann."
Wer konkret zum OB-Dialog eingeladen wird, auch wann und in welcher Form der stattfindet, ist noch offen. Bereitschaft seitens des Bündnisses "Gemeinsam gegen rechts" ist auf jeden Fall da: "Wir würden uns sehr freuen, zur Dialogrunde eingeladen zu werden", sagt Luc Ouali.