Reiter über Wiederwahl: Es wird ein sehr enges Rennen

Im zweiten Teil des AZ-Interviews spricht SPD-OB Dieter Reiter über den Wahlkampf, seine Chancen 2020 – und betont seine Nähe zu den Grünen.
von  Emily Engels
Reiter im Gespräch mit den AZ-Rathausreporterin Emily Engels und Lokalchef Felix Müller.
Reiter im Gespräch mit den AZ-Rathausreporterin Emily Engels und Lokalchef Felix Müller. © Daniel von Loeper

München - AZ-Interview mit Dieter Reiter. Der 61-jährige SPD-Politiker ist seit 2014 Münchens Oberbürgermeister und tritt 2020 erneut an. Hier geht's zum ersten Teil des Interviews.

Schauen wir auf die Wahl 2020. Kann ein SPD-OB gegen eine grün-schwarze Mehrheit regieren?
Fritz Kuhn hat in Stuttgart keine eigene Mehrheit, sondern arbeitet mit wechselnden Mehrheiten. Er sagt: anstrengend, aber machbar.

Das heißt: Sie bereiten sich konkret auf diese Situation vor?
Gar nicht. Ich glaube nicht, dass die SPD in München erleben wird, was sie zuletzt im Bund und im Land erleben musste.

Das Ziel für die SPD ist, stärkste Fraktion zu werden?
Auf jeden Fall. Aber es wird ein sehr, sehr enges Rennen. CSU, SPD und Grüne werden relativ nahe beieinander liegen.

"Bei Verkehrsfragen stehen uns die Grünen näher als die CSU"

Sie haben sehr positiv über die Bilanz der Großen Koalition im Rathaus gesprochen. Einer Fortsetzung steht aus Ihrer Sicht also nichts im Wege, oder?
Das entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Aber wenn die drei Parteien im Ergebnis näher beieinander liegen, sind auch andere Konstellationen denkbar.

Zum Beispiel mit den Grünen und Katrin Habenschaden.
Zum Beispiel mit Katrin Habenschaden, ja.

Reiter im Gespräch mit den AZ-Rathausreporterin Emily Engels und Lokalchef Felix Müller.
Reiter im Gespräch mit den AZ-Rathausreporterin Emily Engels und Lokalchef Felix Müller. © Daniel von Loeper

Gehen Sie noch regelmäßig mit ihr Pizza essen?
Ich esse derzeit wenig Pizza und sie auch. Aber wir gehen weiter regelmäßig essen. Wir haben ein angenehmes Verhältnis, aber das war auch schon so, bevor sie OB-Kandidatin wurde.

Also stehen Sie ihr persönlich und politisch näher als CSU-Kandidatin Kristina Frank?
Politisch kann ich Frau Frank gar nicht einschätzen. Ich weiß nicht, wo sie steht. Mit den Grünen aber haben wir zuletzt viel gemeinsam beschlossen. Gerade bei Verkehrsthemen stehen sie uns oft näher als die CSU.

"Die SPD wird 2020 deutlich jünger sein als bisher"

Werden Sie für die SPD Wahlkampf machen – oder vor allem für sich selbst?
Ich werde versuchen, dafür zu sorgen, dass möglichst viele Menschen die SPD wählen. Die SPD muss aber auch eigene Gesichter in die Öffentlichkeit bringen und mit den wichtigen Themen für München verbinden.

Der umstrittene Fraktionschef Alexander Reissl würde gerne weitermachen. Wenn es nach Ihnen geht: Ist er in einem Jahr Chef der neuen Fraktion?
Wir werden eine deutliche Verjüngung und Veränderung in der Fraktion haben. Aber ich gehe davon aus, dass Alexander Reissl wieder im Stadtrat dabei ist.

Sie haben der AZ mal gesagt, die Stadt sei für die Menschen da, nicht für die Autos. Diesen Sommer wurden im Westend und in Giesing mal ein paar Parkplätze gesperrt für Radlständer oder Beete. Ist das ein mutiges Zurückdrängen der Autos?
Ich bin immer noch der Meinung, dass die Stadt für die Bürger noch attraktiver werden muss. Aber man muss es mit Augenmaß angehen, wir brauchen kluge Konzepte. Es gehört mehr dazu, als immer nur zu sagen: Seid mutig, sperrt die Autos aus, macht einfach mal. Das Planungsreferat wird in meinem Auftrag noch dieses Jahr darstellen, wie eine autofreie Altstadt aussehen könnte.

"Wer E-Scooter ökologisch nennt, veralbert uns"

Autofahrer fühlen sich zunehmend gegängelt. Fahren Sie noch gerne Auto in München?
Ich nutze das Auto als rollendes Büro. Aber klar: Wir haben so viele Baustellen in der Stadt wie noch nie. Wir müssen Straßenbahnschienen austauschen oder ganze U-Bahnhöfe sanieren wie am Sendlinger Tor, auch Wohnungs- und Schulbau sorgt für Baustellen. Die Stadt hat in den 70er-Jahren geboomt und die Infrastruktur von damals ist jetzt in die Jahre gekommen. Und: Wir sind seitdem Tausende Menschen mehr geworden.

Zum Abschluss noch kurz zur Wiesn: Freuen Sie sich?
Ich Freude mich immer, wenn’s losgeht und die Besucherinnen und Besucher ihren Spaß haben. Vor allem aber soll die Wiesn friedlich verlaufen. Und klar: Ich Freude mich auch aufs Anzapfen.

Schon trainiert für das Anzapfen?
Ja, aber nur eine halbe Stunde, nicht zweieinhalb wie früher.

Und: Läuft gut?
Ja. Aber jeder Sportler weiß: Es reicht nicht, wenn es im Training gut läuft.

"Glaube, dass der E-Scooter-Trend wieder abnimmt"

Haben Sie Angst vor einem E-Scooter-Chaos in den Wiesn-Wochen?
Wir haben mit der Polizei darüber geredet und klare Regeln festgelegt. Abgesehen von der Wiesn glaube ich, dass der E-Scooter-Trend bald wieder abnimmt.

Steigen ernsthaft Menschen vom Auto auf den E-Scooter um?
(lacht) Sicher nicht. Wer E-Scooter als ökologischen Brüller verkauft, veralbert uns.

Selbst schon mal einen ausprobiert?
Das reizt mich überhaupt nicht. Da möchte ich eher mal wieder aufs Motorradl steigen, so wie früher.

Lesen Sie hier: Dieter Reiter - "Die Mehrheit der Münchner will mehr Radwege"

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