Prozess in München: Fußballtrainer missbrauchte jahrelang Jugendspieler
München - Es ist der Albtraum aller Eltern: Man gibt sein Kind in die Obhut eines Vereins und dieses Vertrauen wird dann durch Missbrauch und Gewalt bitter enttäuscht. Besonders schlimm soll es laut Anklage ein Münchner Jugendtrainer (47) getrieben haben. Über Jahre soll er in seinem Ex-Verein im Landkreis München jugendliche Spieler (zwischen 13 und 19 Jahren) unter dem Vorwand, sie physiotherapeutisch behandeln zu wollen, sexuell missbraucht und in über 200 Fällen auch vergewaltigt haben.
Am Donnerstag begann der Prozess gegen den 47-jährigen Luigi S. (Name geändert). 946 Fälle und 30 Opfer soll es geben. In vier Fällen ist der renommierte Trainer wegen Kindesmissbrauchs angeklagt, weil das Opfer jünger als 14 Jahre alt war. Dazu kommen Vorwürfe sexueller Übergriffe und der vorsätzlichen Körperverletzung. Die Anklage ist lang. 90 Minuten braucht Staatsanwältin Susanne Kempter, um alle Vorwürfe aufzulisten.
Die Opfer glaubten dem Angeklagten: Jugendtrainer aus München missbrauchte seine Schützlinge
"Die Geschädigten, die im Tatzeitraum sehr jung waren und zudem unerfahren in Bezug auf Sexualität und physiotherapeutische Behandlungsmethoden, glaubten dem Angeklagten", erklärt die Staatsanwältin, warum die Praktiken des Trainers, der keine physiotherapeutische Ausbildung vorweisen kann, nicht früher aufflogen. "Sie gingen folglich davon aus, die Manipulationen an Penis, Hoden, Gesäß und After stellten Heilbehandlungen dar."
Ins Rollen kam das Verfahren, als sich ein betroffener Spieler seinen Eltern offenbarte. Die besprachen sich mit anderen Eltern von Spielern. Der Verein wurde informiert, dieser schaltete einen Rechtsanwalt ein und erstattete im Dezember 2021 Anzeige. Da hatte Luigi S. den Verein bereits verlassen und andernorts angeheuert. Doch dieses Engagement war nur von kurzer Dauer. Im Herbst 2022 wurde Luigi S. festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Prozess in München: Der Angeklagte erbittet sich Bedenkzeit
Das Gericht schlägt für den Fall eines umfassenden Geständnisses eine Strafe von nicht mehr als acht Jahren vor. Dabei würde dem 47-Jährigen zugutegehalten, dass er den mutmaßlichen Opfern eine Aussage vor Gericht ersparen könne. Allerdings sieht der Vorsitzende Richter Stephan Kirchinger als möglicherweise strafschärfend "das perfide Vorgehen unter Ausnutzung seiner Stellung im Fußballverein" sowie "die Vielzahl der Taten und die Vielzahl der Geschädigten".
Außerdem stehe weiter eine mögliche Sicherungsverwahrung oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus im Raum. Auch im Falle eines Geständnisses. Ob der Angeklagte das Deal-Angebot annehmen will, bleibt offen. Seine Verteidiger erklären, man wolle es sich bis zum nächsten Verhandlungstag am Montag überlegen.
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