Preysingstraße: Wo einst Ziegel herkamen

München - Als München noch jung war, im zwölften Jahrhundert, entstand die kleine Stadt noch im Abstand zur Isar. In Haidhausen gab es schon länger Menschen, als Ansiedlung mit einer Kirche ist Münchens heutiges Bohème-Viertel 808 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Isarbrücke und Salzweg brachten Geld.
Im 16. Jahrhundert veränderte sich Haidhausen, wie so oft in München, weil Menschen zuzogen. Weil sie in München kein Bürgerrecht bekamen, siedelten sich die Zugereisten in großer Zahl in Haidhausen an. Italienische Ziegelarbeiter zog es hierher, der lehmhaltige Boden erlaubte die Herstellung des Baustoffs. Mit Haidhauser Ziegeln wurden die Frauenkirche oder die Residenz gebaut. Mahl-, Papier- oder Schleißmühlen verschafften anderen Arbeitern ein bescheidenes Auskommen.
Noch heute findet man in der Preysingsstraße bauliche Zeugnisse dieser Epoche: die Herbergshäuser – Zufluchtsort für jene, die nicht nach München ziehen durften. Ohnehin wirkt das Viertel in diesem Bereich an manchen Stellen fast schon kleinstädtisch. Die Bebauung ist recht niedrig, der Bürgersteig in bisschen holprig – und die Gastwirtschaften haben herzliche Betreiber.
Benannt ist die Straße, die wir Ihnen heute in der AZ-Serrie "Von der Straße" vorstellen, nach Maximilian Graf von Preysing-Hohenaschau (1736 – 1829). Er war zu seiner Zeit der mächtigste bayerische Beamte, beriet die drei Kurfürsten Max Emanuel, Karl Albrecht und Max III. Joseph.
Preysingstraße 43: Glückliches Gemüse, glückliche Menschen
Zervas Eleutherios (l.) mit Dimitrios Mitsis und Stamatia Latsou, die den Laden übernommen haben.. Fotos: Daniel von Loeper
Er weiß, wie ein Salat sein muss, damit er schmeckt: 26 Jahre führte Zervas Eleutherios den Obst- und Gemüse-Laden in der Preysingstraße 43 – mittlerweile haben Dimitrios Mitsis und Stamatia Latsou den Laden übernommen.
Zervas Eleutherios macht sich keine Sorgen um die Zukunft des Ladens: "Schönes frisches Obst und Gemüse habe ich immer geboten – und das gibt es weiterhin bei meinen Nachfolgern." Mit Gemüse könne man Leute glücklich machen. Dimitrios Mitsis: "Die Menschen sind super nett in dieser Straße - und das Leben mit Obst und Gemüse ist wundervoll, das sind einfach schöne Artikel."
Preysingstraße 53: Steine, die heilen
Auf einen Ratsch (v.l.): Nicole Wilms sitzt mit Sternenkreis-Inhaberin Brigitte Erber und der Künstlerin Tanja Paidar beisammen. Foto: Daniel von Loeper
Kunden sind sich sicher: Im Sternenkreis gibt es das größte Sortiment an Heilsteinen in der Stadt. Sternenkreis-Geschäftsinhaberin Brigitte Erber ist gebürtige Münchnerin, seit neun Jahren führt sie den Laden. "Haidhausen lebt von den vielen Kneipen und es ist noch Künstlerviertel", sagt Erber. Für die kleinen Läden sei es oft schwer, zu überleben, merkt sie an. "Daran habe auch die städtische Bürokratie eine Mitschuld."
Preysingstraße 69: Einfach mal im Garten
Brigitte bringt Sekt an den Tisch. Foto: Daniel von Loeper
Der Preysinggarten hieß nicht immer Preysinggarten in der langen Geschichte des Lokals. Seit etwa 80 Jahren dürfte es die gemütliche Wirtschaft geben, schätzt Brigitte Schnös (43), die hier arbeitet. "Bei uns geht es sehr familiär zu. Wir legen wert auf Feinheiten, Kinder und Familien sind bei uns sehr willkommen – unser Publikum umfasst alle Altersgruppen." Besonders wichtig ist für das Lokal freilich der Garten – wie sollte es auch anders sein, er steht auch im Namen. Auch auf der Karte klingt viel nach Urlaub. „Es gibt auch einige Produkte bei uns direkt aus Kreta – so etwa Olivenöl und Orangen“, sagt Schnös.
Preysingstraße 58: Wo Arbeiter schliefen
Das Üblacker-Häusl war früher eine Herberge, heute ist es ein Museum. Foto: Daniel von Loeper
Man kann es sich kaum vorstellen, doch Haidhausen war nicht immer das Viertel der Bohème. Im 18. und 19. Jahrhundert war das Quartier eine Herbergenstadt für Arbeitskräfte. Das Üblacker-Häusl, benannt nach seinem einstigen Besitzer, dem Holz- und Kohlehänder, Johann Üblacker, ist ein bis heute bestehendes Zeugnis davon. 1966 kaufte die Stadt das Häusl, seit 1980 ist hier das Herbergenmuseum untergebracht, wo wechselnde Ausstellungen gezeigt werden.
Preysingstrasse 71: Mit Schindeln gedeckt
Hier ist heute der Alpenverein untergebracht. Foto: Daniel von Loeper
Es ist ein Haus, das es so kein zweites Mal mehr in München gibt: Der Kriechbaumhof wurde im 17. Jahrhundert gebaut. Wegen seines mit schindelgedeckten Halbwalmdachs und den Giebellauben steht das Holzhaus unter Denkmalschutz.
Früher wohnten hier Zugroaste, die sich in der Stadt nicht ansiedeln durften. Sie konnten sich Zimmer oder Stockwerke mieten. 1976 wurde der Hof komplett abgetragen – seit 1985 steht er wieder. Heute nutzt der Alpenverein den Kriechbaumhof.
Preysingstrasse 77: Gaststätte zum Kloster
Wirtin Ruth Thurner (l.) mit ihrer Tochter Sophie. Foto: Daniel von Loeper
Freundlich gestrichene, holzvertäfelte Wände, nette Menschen, die einem wunderbare Speisen bringen: Man kann die Zeit in der Gaststätte zum Kloster wirklich genießen. Seit 1980 gibt es die Wirtschaft, die Nachbarschaft trifft sich hier. Wirtin Ruth Thurner: „Wir haben keine Webseite, keine Kartenzahlung – und sind insofern ein bißchen altmodisch.“ Oder eben gemütlich – und gesellig. Denn an den großen Tischen setzen sich auch Fremde zusammen und fangen an zu ratschen.
AZ-Serie "Von der Straße"
Die Humboldtstraße: Der erste Teil der Serie
Die Schützenstraße: Der zweite Teil der Serie
Die Dachauer Straße: Der dritte Teil der Serie
Die Ubostraße: Der vierte Teil der Serie
Die Georgenstraße: Der fünfte Teil der Serie
Die Wendel-Dietrich-Straße: Der sechste Teil der Serie
Die Balanstraße: Der siebte Teil der Serie
Der Pfanzelt-Platz: Der achte Teil der Serie
Die Plinganserstraße: Der neunte Teil der Serie
Die Landwehrstraße: Der zehnte Teil der Serie