AZ-Serie Von der Straße: Die Ubostraße - Die Bastion der Bauern
München - Die Ubostraße ist anders als alle anderen Straßen in München. Sie hat keine Kneipe, keinen Bäcker und kein Nagelstudio. In der Ubostraße in Alt-Aubing stehen noch sieben bewirtschaftete Bauernhöfe mit üppigen Gärten – die meisten Bauerngehöfte im Stadtgebiet. Der Name stammt von einem alten Männernamen: Ubo und seine Leute siedelten hier dereinst.
1010 erstmals urkundlich erwähnt, war Aubing über Jahrzehnte das größte Dorf im Westen von München, bis Pasing wichtiger wurde.
Die Ubostraße, die von der quirligen Altostraße links auf einen Hügel hochbiegt, ist eine alte Bauernstraße: Das Dorf Aubing entwickelte sich zu ihren Seiten. An der alten Bauernstraße floss einmal der Dorfbach entlang, 1924 war der aber schon verrohrt.
So haben Sie das alte München noch nie gesehen
Schwalben nisten unter Scheunendächern. Auf dem warmen Dach eines abgemeldeten Autos döst eine dicke Katze. Der Hahn, mit seinem schwarz-glänzenden Gefieder, kräht netterweise noch mal am Vormittag.
Im Haus Nummer 27 wird der erstaunte Gast von der jungen Bäuerin, die einen Hofladen führt, quer über das Anwesen in den Stierstall gelotst. "Die sind ganz lieb", sagt die Aubingerin Monika Hagl – und gibt den massigen Kerlen der alten Rasse Pinsgauer Rind etwas Heu.
Im Münchner Westen ist die charmante Alt-Aubinger Altostraße viel bekannter, denn sie ist die Durchgangsstraße mit vielen Geschäften. Die versteckte Ubostraße hat keinen Arzt, kein Hotel und kein Fotostudio. Dafür einen Heilpraktiker, die schmucke St. Quirin-Kirche, einen Reiterhof, ein lässiges Kulturzentrum und eine Reihe von Hofläden – zu denen die Kundschaft aus der Stadt gern kommt.
Ubostraße 27: Eier von Aubinger Hühnern
Monika Hagl verkauft in ihrem Hofladen. Fotos: Eva von Steinburg
Heute geöffnet – steht vor dem "Kleinen Hofladen Aubing". Monika Hagls (42) Angebot: heimische Wassermelone, Eier von den 200 eigenen Hühnern aus Freilandhaltung. Sie fressen selbstangebauten Körnermais und haben einen Misthaufen zum Scharren. Kostenpunkt: zehn Stück, drei Euro.
Die Bäuerin verkauft auch eigene Kartoffeln, aber es ist viel zu trocken. "Die Kartoffeln haben Wachstumsrisse, das ist heuer nicht ideal", sagt die zweifache Mutter. Ob sie in einem Verein in Aubing ist? "Na, die sind mehr auf Männer ausgerichtet", sagt sie und lacht.
Im Laden hat sie auch hausgemachtes Eis, Schnittblumen, Gemüse aus der Region, Biohendl, Rindfleisch von den 50 Stieren des Hagl-Hofs und Essig und Honig von ausgesuchten Anbietern.
Öffnungszeiten: Do 9 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr, Fr 9 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr, Sa 8 bis 13 Uhr
Ubostraße 24: Artgerechte Rinderzucht
Rita Nassl züchtet Rinder.
Mit Hofhund Selina posiert Bäuerin Rita Nassl (56) inmitten ihrer Rosen- und Geranienpracht. "Ich will meinen Teil beitragen, dass das Ganze schee ist. Das gehört zur Tradition", sagt sie gutgelaunt. Im Hof mit schmiedeeisernen Tor und Kieseinfahrt parkt ein Radlader. Der alte Kuhstall mit der Holztreppe ist an einen Händler für antike Schreibtische vermietet. "Ein sehr altes und unterschätztes Kleinod" ist die Ubostraße für Rita Nassl.
Traktoren mit Hänger fahren hier. "Wir haben sieben aktive Bauern in der Straße, die richtige Landwirtschaft betreiben. Das überrascht viele Münchner", meint Rita Nassl. Ihre Rinder stehen auf der Weide, artgerecht und natürlich gehalten. Wenn geschlachtet wird, gibt es in der Ubostraße 24 Hofverkauf. Das Schild verrät: Familie Nassl züchtet "Charolais-Rind aus Mutterkuh-Haltung".
Info: www.zillerhof.info
Ubostraße 9: Kultur und Kletterwand
Die Kletterwand am Jugendzentrum.
Sie kleben aneinander: Das Aubing Kulturzentrum Ubo 9 und das Kinder- und Jugendzentrum "Aubing Tenne". Im dörflich geprägten Aubing macht der Kulturtreff ein urbanes Programm mit Kabarett, Kindertheater, Poetry-Slam, Bandwettbewerb und Film-Freitagen.
Kreativen und Kulturschaffenden im Münchner Westen bietet das Ubo 9 eine offene Bühne. Ideen zum Programm sind willkommen. Unkompliziert und ungezwungen: Der Jugendtreff "Tenne" hat Platz für Sofas, Tischtennisplatten, einen Streetballkorb und einen Garten für Lagerfeuer und Grillen. Kinder und Jugendliche machen hier auch mal Schulsachen, chillen mit ihren Freunden oder probieren die acht Meter hohe Kletterwand aus, für die es neue Klettergurte gibt.
www.ubo9.de, www.aubinger-tenne@kjr-m.de
Ubostraße 7: Auf dem Ponyhof
Im Reitstall Aubing kann jeder Reiten lernen.
Spielerisch Reiten lernen – das geht am Reitplatz, Ubostraße 7. Versteckt hinter dem Gelände des THW München-West mit seinen weiß-blauen Trucks liegt der Reitstall Aubing. Dieser Ponyhof hat nur 19 Pferde, davon 13 Pnnys, die "Schorschi", "Wendy" oder "Paulchen" heißen.
Für Kinder im Grundschulalter gibt es ab September den Anfänger-Kurs "Hippolini". Für Jana (18) liegt das Glück der Erde definitiv auf dem Rücken der Pferde. Sie hilft beim Stallausmisten und fährt seit fünf Jahren von Laim zum Reiten an den westlichen Stadtrand.
Ubostraße 5: Ein uralter Kirchturm
Die Pfarrkiche St. Quirin.
An einem kleinen Hügel steht die Pfarrkirche St. Quirin. Sie ist der Blickfang am Anfang der Ubostraße: Eine weiße Mauer schirmt das weiß getünchte Gotteshaus vom Straßen-Asphalt ab. Der Turm von St. Quirin ist uralt und berühmt: Denn der romanische Aubing Kirchturm stammt vom Ende des 13. Jahrhunderts.
Der Schaukasten informiert: Zum "Ratschen, Lachen, Kaffee trinken und Ideen sammeln" lädt die Pfarrei beim Frauentreff: "Eine Atempause im Alltag". Im Kirch-Garten rauschen alte Buchen im Wind. Den Dorffriedhof mit seinen Metallkreuzen gibt es seit 1911 nicht mehr. Das barocke Innere von St. Quirin wird von den Alt-Aubingern geliebt: Gottesdienste, Konzerte, Hochzeiten und Taufen gibt es hier. Das große Banner am Eingangsportal regt zum Nachdenken an: "Du bist Christ, mach was draus"
AZ-Serie "Von der Straße"
Die Humboldtstraße: Der erste Teil der Serie
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