Preis-Explosion für Kunden der Stadtwerke München – Linke fordern Aufklärung
München - Nächste Woche wird Rentner Hanns-Peter Kreuser, 79 Jahre alt, höchstwahrscheinlich einen Schnaps aufmachen. Denn dann erwartet er die Rechnung der Münchner Stadtwerke. Und einen Schock.
Denn nicht nur Strom und Gas werden immer teuer. Auch Münchner, die wie Hanns-Peter Kreuser einen Fernwärme-Anschluss der Stadtwerke haben, müssen viel mehr bezahlen.
Die Stadtratsfraktion der Linken hat ausgerechnet, dass der Preisanstieg bei Fernwärme 162 Prozent beträgt: "Wer im letzten Jahr für 10 Megawattstunden noch 586,40 Euro zahlen musste, hat dieses Jahr 1.537,10 Euro zu begleichen", so die Linke.
Im nächsten Winter öfter den Pullover überziehen
Wie viel er mehr bezahlen muss, weiß Kreuser noch nicht. Er hat erst vor kurzem seinen Zähler abgelesen, und nun wartet er auf die Rechnung. Allerdings, sagt er, ärgert er sich gewaltig, dass er vor zehn Jahren entschieden hat, seinen Öltank im Garten zuschütten zu lassen. Seitdem bezieht er von den Stadtwerken Fernwärme, um sein Haus zu heizen und um warm zu duschen. Eine Alternative hat er seitdem nicht mehr, sagt Kreuser. Denn die Fernwärme kommt per Rohrleitung direkt zu ihm nach Hause.
Auch wie viel er verbraucht, sieht er meistens erst hinterher. "Im nächsten Winter werde ich mir aber wahrscheinlich häufiger einen Pullover überziehen", sagt der 79-Jährige. Denn obwohl die Rente des ehemaligen Bankers nicht schlecht sei, bleibe am Ende des Monats kaum etwas übrig.
Wie viele Münchner einen Fernwärme-Anschluss haben, ist unklar
Wie viele Münchner einen Fernwärme-Anschluss haben und von den Preissteigerungen betroffen sind, können die Stadtwerke nicht sagen. Allerdings dürften es Tausende Menschen sein: Denn inzwischen versorgen die Stadtwerke laut eigenen Angaben 40 Prozent der Münchner Haushalte mit Fernwärme.
Grund für den enormen Anstieg seien die gestiegenen Rohstoffpreise, so die Pressestelle der Stadtwerke. Erdgas und Kohle seien fünfmal so teuer wie noch vor einem Jahr. Denn zumindest in München wird Fernwärme auch mit diesen Rohstoffen erzeugt.
Die Stadtwerke gewinnen Fernwärme hauptsächlich in einem "Kraft-Wärme-Kopplungsprozess" in den drei Münchner Heizkraftwerken. Dafür werden Restmüll, Erdgas, Kohle und Klärschlamm verbrannt. Außerdem betreiben die Stadtwerke sechs Geothermie-Anlagen. Dabei wird die Erdwärme aus dem Thermalwasser genutzt. Doch der Ausbau der Geothermie geht in München viel zu schleppend voran, kritisiert die Linke. Und deshalb seien die Preise hier auch viel teurer als im Münchner Umland. In Unterschleißheim, Grünwald und Unterhaching kostet laut einer Aufstellung der Linken die Fernwärme zum Teil nicht einmal die Hälfte. Diese Gemeinden bauen schon seit über zehn Jahren Geothermie aus.
Ein Auszug aus dem Fragenkatalog der Stadtratsfraktion Die Linke/Die Partei...
- Wie ist es möglich, dass die Verbrauchspreise für Fernwärme im Stadtgebiet München mittlerweile mehr als doppelt so hoch sind wie in der Gemeinde Unterföhring oder in der Gemeinde Unterhaching, die ihre Wärme zu einem großen Teil mit Geothermie decken?
- Rächt es sich nun, dass die SWM ihren eigenen Zielen beim Ausbau der Geothermie Jahre hinterherhinken?
- Wieso werden die Fernwärmepreise der SWM nicht im Stadtrat behandelt, wie in anderen Gemeinden?
- Wieso werden die Preise für Fernwärme der SWM nicht auf deren Homepage öffentlich dargestellt? Missachten die SWM damit die Veröffentlichungspflichten nach der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV)?
- Wie hoch war der Fernwärmepreis (Arbeitspreis und Grundpreis) seit der Ausbauoffensive "Erneuerbare Energien" jeweils jährlich (2008 bis heute)?
- Wie entwickelte sich der Preisvorteil bzw. Preisnachteil gegenüber anderen Wärmeversorgungsarten (vor allem M-Erdgas) in den letzten Jahren?
- Sind die Preise für gewerbliche Kunden ebenfalls um 162 Prozent in einem Jahr gestiegen? Sind diese Verbrauchspreise für gewerbliche Kunden günstiger als für normale Wohnblocks?
- Themen:
- München
- Stadtwerke München