Polizei und Anti-Corona-Demos: "Dürfen uns nicht auf der Nase herumtanzen lassen"
München - Hunderte Menschen demonstrierten, ohne Masken, ohne Abstände. Sie tanzten auf dem Marienplatz Polonaise. Sie weigerten sich, den Platz zu verlassen. Erst nach eineinhalb Stunden meldete die Polizei, dass die Versammlung aufgelöst sei.
Geht die Polizei mit zweierlei Maß vor?
Als "unerträglich" bezeichnete Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) diese Szenen vom 13. März im Nachhinein. Er forderte eine Aufarbeitung des Polizeieinsatzes. Auch als die Polizei am Dienstag dem Stadtrat ihren neuesten Sicherheitsreport vorstellte, forderte der OB: "Wir müssen klar machen, dass wir Hunderte Rechtsverstöße nicht einfach so geschehen lassen."
Und SPD-Stadtrat Christian Vorländer sagte: "Wir dürfen uns nicht auf der Nase herumtanzen lassen." Auch Grünen-Stadtrat Dominik Krause äußerte Unverständnis, wie sich die Polizei bei der Demo verhielt: "Polizisten gehen mit Zollstock durch den Englischen Garten und kontrollieren Abstände." Doch Corona-Leugner konnten vor dem Rathaus tanzen. Das erwecke den Eindruck, dass die Polizei mit zweierlei Maß vorgehe.
Viel Arbeit durch Corona-Demonstrationen
Tatsächlich machten Corona-Demonstrationen der Polizei 2020 besonders viel Arbeit. Denn anders als eine Party seien Demonstrationen durch die Verfassung geschützt, schilderte Polizeipräsident Thomas Hampel. Das sei eine große Herausforderung. Denn obwohl in diesem Jahr kein Oktoberfest, kaum Fußballspiele oder Feste stattfanden, hatte die Polizei unter freiem Himmel mehr zu tun als in den Vorjahren.
Bei 1.552 Einsätzen (das sind rund 200 mehr als im Vorjahr) waren 21.140 Beamte dabei - doppelt so viele wie 2019. Grund dafür sind laut Polizei die "kräfteintensiven Großversammlungslagen" im Zusammenhang mit Corona - insbesondere in der zweiten Hälfte des Jahres wegen Demonstrationen der Gruppierung "Querdenken", die der bayerische Verfassungsschutz inzwischen zum Teil beobachtet.
"Die Strafe wird auf dem Fuße folgen"
Warum schätzt die Polizei die Demonstranten in ihrem Bericht nicht als politisch rechts ein? Das wollte unter anderem Grünen-Stadtrat Krause wissen. Schließlich wurden Reichsflaggen und Judensterne gesehen. Das stellte der Verein "München ist bunt" fest. Auch die Polizei stellte bei zwei Demos im Herbst fünf Fälle des Verwendens verfassungswidriger Symbole fest.
Doch einer "einheitlichen Couleur" seien die Teilnehmer der Querdenker-Demos nicht zuzuordnen, sagte Polizeipräsident Hampel. Für die Corona-Demonstranten, die an den vergangenen Wochenenden gegen die Auflagen verstießen, soll es jedenfalls möglichst bald Konsequenzen geben. Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD) kündigte an, dass ihre Fälle priorisiert behandelt werden. "Die Strafe wird auf dem Fuße folgen", sagte er.