Pasinger Mord vor Gericht

Vor eineinhalb Jahren verschwand Daniela Karaffa spurlos. Ihre Leiche wurde erst dieses Jahr gefunden. Jetzt steht ihr Ex wegen Mordes vor Gericht.
Sophie Anfang |
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München - Bülent A. wirkt erschöpft. Sein Hemd ist zwar frisch gebügelt, das grau melierte Haar akkurat zum Pferdeschwanz gebunden. Aber der Bartschatten im Gesicht und seine gebeugte Körperhaltung auf der Anklagebank sprechen eine andere Sprache. Seit eineinhalb Jahren sitzt A. in Untersuchungshaft. Im Frühling letzten Jahres soll der 44-Jährige seine Ex-Freundin Daniela Karaffa († 36) kaltblütig umgebracht haben. Erst Monate später wurde ihre Leiche im Kapuzinerhölzl gefunden (AZ berichtete). Seit gestern muss sich A. vor dem Landgericht München für den Mord an der zweifachen Mutter verantworten.

Dazu äußern will er sich nicht. Es sind nur wenige Worte, die der arbeitslose Elektriker an diesem ersten Prozesstag sagt. Er spricht leise, etwas vernuschelt, als der Richter ihn nach seinen Personalien fragt. Das einzige klare Wort, dass man von A. deutlich hören kann, ist ein kurzes „Ja“ – auf die Frage, ob er von seinem Schweigerecht gebraucht machen will.

A. redet also nicht, dafür hört er aufmerksam zu. Von Zeit zur Zeit macht er sich Notizen. Etwa, als Polizeikommissar Jürgen Mutenzer von der Ermittlungsarbeit berichtet und damit gleichermaßen die damaligen Ereignisse rekonstruiert: Schon kurz nach der mutmaßlichen Mordnacht am 12. März 2013 hatte sich der neue Lebensgefährte von Daniela Karaffa bei der Polizei gemeldet. Seine Freundin habe sich an dem Abend mit ihrem Ex getroffen – weil A. das wollte.

A. behauptete, Karaffa sei durchgebrannt

Karaffa sei das nicht geheuer gewesen, deshalb bat ihr neuer Freund sie, Karaffa solle ihm eine SMS zu schicken, wenn das Treffen vorbei sei. „Doch die SMS ist nicht gekommen und danach war sie nicht mehr erreichbar“, berichtet Kommissar Mutenzer. Von Karaffa fehlte seitdem jede Spur.

Bülent A. behauptet, Karaffa und er hätten sich an dem Abend in Karaffas Wohnung in der Nimmerfallstraße in Pasing gestritten. Nachts sei die Mutter dann mit einem Liebhaber durchgebrannt und habe die gemeinsamen Kinder zurückgelassen. Er habe davon nichts bemerkt. „Weder die Familie, noch die Freunde haben das nur eine Sekunde geglaubt“, sagt Magdalena Scheel, die Karaffas Eltern als Nebenkläger vertritt.

Er soll Daniela Karaffa erst erwürgt und dann im Wald verscharrt haben

Sie geht wie die Anklage davon aus, dass Bülent A. die 36-Jährige erwürgt hat – weil er nicht akzeptieren wollte, dass sie sich von ihm getrennt hatte. Dann soll er die tote Frau mit dem Auto ins Kapuzinerhölzl an der Menzinger Straße gebracht haben. Dort soll er versucht haben, die Leiche zu vergraben – was wegen der vielen Wurzeln nicht richtig gelang. A. soll den Körper deshalb nur mit etwas Laub bedeckt haben.

Trotzdem blieben die sterblichen Überreste von Daniela Karaffa lange Zeit unentdeckt. Die Wendung brachte ein Brief, der im Mai bei der Staatsanwaltschaft eingeworfen wurde. Ein anonymer Tippgeber berichtete darin von einer Leiche im Kapuzinerhölzl. Nach einer DNA-Analyse war klar: Der dort gefundene skelettierte Körper war der von Daniela Karaffa.

Wer den Brief geschrieben hat, weiß die Polizei bis heute nicht. Die Kripo wertete sogar die Handydaten von Nutzern aus, die sich in der Nähe des Waldstücks aufgehalten hatten. „Das hat alles nichts gebracht“, sagt Polizeikommissar Mutenzer. Für die Familie brachte der Fund die traurige Gewissheit, dass Karaffa tot ist – und eben nicht durchgebrannt, wie ihr Ex behauptet hatte: „Sie hätte ihre Kinder nie im Stich gelassen, das ist die Überzeugung der Familie“, sagt Anwältin Scheel.

Die Kinder Sarah (4) und Kenan (7) wohnen inzwischen bei den Großeltern in der Slowakei. Dort fühlen sie sich geborgen: „Es geht ihnen so ganz gut, sie haben sich relativ gut eingelebt“, sagt Scheel. Der Prozess wird heute fortgesetzt.

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