Wiesnband "Flat Out" aus München vor dem Oktoberfest-Start: "Positives Feedback ist auch eine Art Gage"
München - Wenn die vier Musiker von der Band "Flat Out" (zu deutsch: "Vollgas") loslegen, wird Still-Sitzen zur Herausforderung. Bei ihren Auftritten tanzen Jung und Alt zu "Rock 'n' Roll and more". Dass ihre Musik vielen Menschen gefällt, hat man auch auf der Wiesn erkannt. Daher unterhalten die Männer schon seit 2010 die Oktoberfest-Besucher mit ihrem breiten Repertoire. Lange fand man die Vier im Café Theres', heuer spielen sie zum ersten Mal im Glöckle-Wirt.
"Flat Out", das sind: Willi Stangl (59, Gitarre und Gesang) und seine Söhne Daniel (36, Klavier, Akkordeon und Gesang) und Mario Stangl (34, Schlagzeug und Gesang). Sie spielen schon seit vielen Jahren zusammen. Zur Band gehört auch Frank Schimann (54, Bass), er hat Gitarre in Wien studiert.
AZ: Die erste brennende Frage lautet natürlich: Welches Lied wird der Wiesn-Hit 2023?
DANIEL STANGL: Vielleicht "Expresso und Tschianti" von Josh. Das ist echt eine gute Nummer, Josh hat auch Cordula Grün geschrieben. Vielleicht wird's auch Barbie Girl – aus aktuellem Anlass (alle lachen).
Münchner Wiesnband: Deshalb wird "Layla" nicht mehr gespielt
Wie schaut's aus mit "Layla"? Spielen Sie das?
DS: Wir spielen's nicht gern, aber wir können's.
MARIO STANGL: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass 50 Prozent der Leute auf der Tanzfläche bleiben, die anderen setzen sich demonstrativ hin. Deshalb spielen wir's nicht mehr. Wir haben genügend andere Nummern.
FRANK SCHIMANN: Wenn jetzt aber ein Umschlag rüber kommt… (lacht)
MS: Wenn man Lieder im Repertoire hat, die ein bisschen anspruchsvoll sind, ist sowas eher langweilig.

Was wäre so ein Lied?
MS: Zum Beispiel Bohemian Rhapsody, das hat so einen speziellen Anfang. Da muss man sich wirklich hinsetzen, sich das intensiv anschauen und etwas Zeit investieren, bis es ansatzweise so funktioniert, wie wir es uns vorstellen.
Was spielen Sie am liebsten?
MS: Was ich zum Beispiel sehr gerne mag, ist die Spider Murphy Gang. Das vereint Rock 'n' Roll und das Bayerische.
FS: Und die haben teilweise sehr schöne Texte!
WILLI STANGL: Wir spielen eigentlich bei jedem Auftritt fast alle Lieder von ihnen, die wir im Repertoire haben.
DS: Das ist unser Stil. Rock 'n' Roll and more. Musik aus den 50ern, 60ern, Oldies, aber auch Party-Rock. Wir wollen Partymusik spielen, die nicht jede Band spielt.
MS: Natürlich gibt's die typischen Wiesn-Lieder, die man auch spielen muss. Hulapalu, Wahnsinn, Joanna und solche Geschichten. Das können wir schon auch.
DS: Skandal im Sperrbezirk ist einer der Songs, die immer gehen.
MS: Ja, und Schickeria. Das sind Lieder, wenn du die spielst, da flippen die Leute aus.
FS: Es gibt aber auch viele vermeintliche Wiesn-Hits, die haben genau ein Jahr Lebenserwartung und dann interessiert's keinen mehr.
DS: Anton aus Tirol (lacht).
Wiesnband "Flat Out": "Es ist nicht alles immer Friede, Freude, Eierkuchen"
Gibt's auch Lieder, die Sie nicht mehr hören können?
DS: Was mich genervt hat, war, als Atemlos angesagt war. Ich bin nicht so der Schlagerfan und wir mussten es jeden Tag zwei Mal spielen.
Läuft jeder Auftritt gleich ab?
FS: Nein, wir haben keine feste Reihenfolge der Lieder. Mario sagt immer, welche Nummer wir als Nächstes spielen. Da muss man natürlich auch das Gespür dafür haben, was jetzt passen würde.
Warum die Spontaneität?
MS: Wir wollen nicht, dass die Fans, die zu uns kommen, schon wissen, was passiert. Wir fangen bewusst bei jedem zweiten Auftritt mit neuen Liedern an.
WS: Manchmal spielen wir was komplett anderes. Das schätzen die Leute sehr, weil wir uns nach dem Publikum richten.
MS: Wir machen die Songauswahl abhängig von der Stimmung.
Ihnen stehen 18 Tage Wiesn bevor. Das klingt anstrengend.
MS: Wenn du zwei Wochen auf der Wiesn spielst, ist das körperlich anstrengend. Du musst abliefern. In den Wiesnstraßen ist es voll und du musst dich durchdrängen. Wenn dich 5000 Leute anrempeln, wird's ein bisschen nervig, vor allem ab der zweiten Woche. Es ist nicht alles immer Friede, Freude, Eierkuchen – es ist auch ein Job. Meine Frau hat zur Wiesn zum Beispiel ziemlich wenig von mir. Privat muss man da zurückstecken.
FS: Es wird ja auch Professionalität erwartet. Wir proben stundenlang. Es soll natürlich so ausschauen, als wäre es das schönste Hobby der Welt, aber es ist auch viel Arbeit.
WS: Es steckt viel dahinter. Sei's finanziell, zeitmäßig… Wenn man bedenkt, was da für Investitionen einfließen.
MS: Das fängt beim Lernen schon an. Du zahlst pro Unterrichtsstunde – und du lernst ja mehrere Jahre – so um die 80 Euro. Dann kauft man die Instrumente...
Was verdient eine Band auf dem Oktoberfest?
Wie sieht die Bezahlung auf der Wiesn aus?
WS: Das ist und bleibt das Geheimnis jeder einzelnen Wiesnband.
FS: Was sich aber sicherlich allgemein positiv auswirkt, ist das Renommee "Wir sind eine Wiesnband".
Gibt es seitens der Veranstalter Vorschriften, an die Sie sich halten müssen?
DS: Tatsächlich die Lautstärke. Jede Band auf der Wiesn darf nicht lauter als 90 Dezibel sein. Egal, ob sie in einem 8000-Mann-Zelt spielt oder in einem 500-Mann-Zelt.
Und was die Musikauswahl betrifft?
DS: Es steht auch bei uns im Vertrag, dass wir das Repertoire selbst bestimmen dürfen.
Wie sind Sie eigentlich auf die Wiesn gekommen?
DS: Es gibt eine befreundete Band von uns, die Münchner G'schichten. Die haben damals im Café Mohrenkopf, dem heutigen Café Theres' gespielt. Aber sie wollten auch gerne mal auf größeren Bühnen spielen und haben uns als Nachfolger vorgeschlagen. Wir waren damals auf der Wiesn noch unbekannt und haben 2010 erstmal nur die Hälfte der Wiesn-Zeit gespielt. Und im nächsten Jahr dann die ganze Wiesn.
Darum freut sich die Wiesnband "Flat Out" auf den Glöckle-Wirt
Dieses Jahr spielen Sie zum ersten Mal im Glöckle-Wirt.
DS: Für die Familie des Glöckle-Wirts spielen wir außerhalb der Wiesn schon ewig, zum Beispiel jedes Jahr beim Sommerfest im Haderner Augustiner in Großhadern. 2022 haben wir eine Wiesn-Pause gemacht und waren seit über zehn Jahren das erste Mal wieder abends privat auf der Wiesn. Da merkt man, dass man schon auch gern mal in einem Bierzelt spielen würde und dann kam die Anfrage vom Glöckle-Wirt.
FS: Wir sind die einzige Band im Zelt und müssen nicht immer alles auf- und abbauen, sondern können alles stehenlassen. Das hat schon seine Vorzüge.

Und wie fanden Sie die anderen Wiesnbands?
DS: Tatsächlich haben wir viele besucht. Einfach, um zu hören, was die so machen und was die für einen Sound haben.
MS: Wir Musiker besuchen uns auch gegenseitig auf der Wiesn. Dann sagt man Servus und tauscht sich aus.
FS: Und man hilft mal aus!
MS: Ja, wenn unverhofft jemand krank ist. Aber das kommt sehr selten vor. Die Band ist ein eingefleischter Haufen, da jemanden zu ersetzen, erfordert viel Einfühlungsvermögen und Arrangement. Deshalb schadet es nie, wenn man die Leute ein bisschen kennt und weiß, wen man anrufen und um Hilfe bitten kann.
Gibt's da kein Konkurrenzdenken, zwischen den Wiesnbands?
FS: Nein, wir sind mit den anderen Bands freundschaftlich verbunden.
MS: Jede Band ist ja auch anders, bei jeder Band hört sich Hulapalu anders an.
DS: Ja, die Musiker sind wirklich eine tolle Gemeinschaft auf der Wiesn.
Genre-übergreifend? Wiesn-Band und Blaskapelle, geht das zam?
FS: Das sind die Griabigsten überhaupt (alle stimmen zu).
Münchner Wiesnband: "Das wirklich Aufregende ist, ob die Technik hinhaut"
Welche Gedanken haben Sie, kurz bevor die Wiesn losgeht?
WS: Wir freuen uns, dass es wieder losgeht.
MS: Ich freu mich zwar drauf, aber ich mach mir schon viele Gedanken darüber, was ich machen kann, dass ich gesund bleib und dass ich die Wiesn gut übersteh ohne Krankheit.
DS: Ich freu mich drauf, wenn alles steht und der Soundcheck gemacht ist. Dann kommen wir zum Anstich, die Leute sind gut drauf, wollen feiern - das ist ein geiles Gefühl.
Sind Sie denn noch aufgeregt vor einem Auftritt?
MS: Wenn ich mit meiner Band auf der Bühne stehe, freue ich mich drauf und aufgeregt bin ich nicht mehr so sehr. Wenn ich bei einer anderen Band aushelfe, bin ich schon aufgeregt. Bei meiner Band weiß ich: Das haut hin.
WS: Das einzige wirklich Aufregende ist, ob die Technik hinhaut. Wenn das passt, gibt es kein Hindernis mehr.
DS: Tatsächlich das Schlimmste ist, wenn eine Box oder ein Mischer kaputt geht. Das wäre fatal. Wir haben zwar einen Zweitmischer da, aber dann bist du im Stress.
Gänsehaut auf der Wiesn: "Jetzt fangen wir für ein paar Sekunden an zu fliegen"
Ist Ihnen sowas schon mal passiert?
MS: Nein, zum Glück noch nicht, aber in manchen Situationen ist Improvisation gefragt. Es ist ja alles live!
DS: Wenn der Schlagzeuger zum Beispiel auf einmal ganz dringend auf die Toilette muss. Ist auch mal passiert.
MS: Da bin ich von der Bühne gesprungen!
DS: Unser Bassist hat sich dann ans Schlagzeug gesetzt und mit einer Hand Bass und mit der anderen Hand Schlagzeug gespielt.
WS: Irgendwo war's auch wieder ein guter Effekt und eine tolle Showeinlage. Es passieren schon lustige Geschichten auf der Wiesn.
MS: Traurige aber auch... Wir hatten zehn Jahre lang denselben Türsteher. Auf einmal war er nimmer da, im letzten Jahr. Am Tisch vor uns saß eine ältere Frau, zu der bin ich hin. Sie hat mir erzählt, dass ihr Sohn, der Krebs hatte, ihr am Sterbebett gesagt hat, dass sie bitte die Band besuchen soll und einen schönen Gruß von ihm sagen soll. Das war der Türsteher. Da krieg ich jetzt noch Gänsehaut. Solche Geschichte erlebt man halt auch. Das war traurig, aber auch schön zu hören, dass er noch an uns gedacht hat.
Was ist das Schönste an der Wiesn für Sie?
MS: Jeden Tag am Schluss, wenn die Leute sich bei dir bedanken und wenn sie sagen "Hey, das habt ihr toll gemacht", ist das auch eine Art Gage für uns. Das positive Feedback vom Publikum ist einer der wichtigsten Faktoren für uns Musiker, dafür machen wir es. Das kann man mit keinem Geld bezahlen.
FS: Oder solche Momente, wenn man spielt, die Augen zumacht und merkt: Jetzt fangen wir für ein paar Sekunden an zu fliegen. Wenn wir merken, dass wir eine komplette Einheit sind.
DS: Ja, da bekommt man Gänsehaut.
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