"Nicht im Kundeninteresse!": Warum die Verbraucherzentrale bei ihrer Kritik an der Stadtsparkasse bleibt
München - Ein bisserl bizarr ist es schon: Am Freitag ist auf der Webseite der Stadtsparkasse noch der Tipp zu sehen, die Stadtsparkassen-Automaten zu meiden und stattdessen an der Supermarkt-Kasse Geld mitzunehmen.
"Dann ist die Auszahlung in der Buchung Ihres Einkaufsbetrags enthalten und verursacht keinen extra Buchungsposten", frohlockt die Bank unserer Stadt.
Neue Kontomodelle: Stadtsparkasse bessert in drei Punkten nach
Dabei wäre seit Donnerstag das Gegenteil naheliegend: Dass die Stadtsparkasse wieder offensiv damit wirbt, dass ihre ganz normalen Girokonto-Kunden auch in Zukunft so oft wie sie mögen am immer noch großen Automaten-Netz der Stadtsparkasse abheben dürfen – ohne dass zusätzliche Kosten entstehen.
Es sind verwirrende Tage mit vielen Volten. Wie berichtet, hat die Stadtsparkasse am Mittwoch noch versucht, die neuen Kontomodelle trotz aller Kritik zu verteidigen, am Donnerstag erklärten dann Verwaltungsratschef Dieter Reiter und Vorstandschef Ralf Fleischer, in drei Punkten nachzubessern.
Abheben an Sparkassen-Automaten (im ganzen Land und eben auch daheim in München) bleibt für Stadtsparkasse-Kunden kostenlos. Vier statt nur noch zwei Abhebungen am Schalter pro Monat sollen kostenlos bleiben – ein Zugeständnis gerade an ältere Kunden.
Und: Die Kartenzahlung im Geschäft kostet doch nicht, sobald ein bestimmtes Kontingent pro Monat aufgebraucht ist für jede einzelne Breze, jeden Espresso Extra-Geld an die Stadtsparkasse. Sondern bleibt bei Beträgen bis zehn Euro immer kostenlos.
Die Verbraucherzentrale Bayern ist weiterhin unzufrieden
Sollten Reiter und Fleischer gehofft haben, dass sie die Debatte sofort beendet kriegen, haben sie unrecht behalten. Am Freitag zeigte sich die Verbraucherzentrale Bayern auf AZ-Anfrage weiter unzufrieden mit den neuen Konto-Angeboten. Man begrüße, dass die Sparkasse "den Willen zeigt, nachhaltige Auswirkungen abzuschwächen", hieß es zwar. Gerade die kostenfreie Bargeldversorgung sei "vielen Menschen enorm wichtig".
Doch im Grundsatz bleibt die Verbraucherzentrale bei ihrer Kritik. "Leider bleibt die Stadtsparkasse bei der grundsätzlichen Entscheidung, Zahlungen mit der Sparkassenkarte zu bepreisen, auch wenn dies erst ab zehn Euro der Fall sein soll", so die Verbraucherzentrale. "Damit wird die Attraktivität der Girocard gegenüber anderen Debit- und Kreditkarten geschwächt." Das könne "weder im Kunden-, noch im Sparkassen-Interesse sein."
Vorwurf: Flatrate-Modelle der Stadtsparkasse sind zu kompliziert
Für zu kompliziert halten die Verbraucherschützer die neuen Modelle, bei denen man (bis auf die Premiumversion für 11,95 Euro im Monat) mit einer Art Flatrate Dienstleistungen nutzt, bis sie aufgebraucht sind, aber danach für jeden Lastschrifteinzug, jede Kartenzahlung über zehn Euro Extra-Gebühren zahlt, aber weiterhin.
Die Kostenregelungen für Überweisungen und Daueraufträge blieben ja ganz unverändert. "Hier müssen Verbraucher ihr Kontonutzungsverhalten ständig im Blick behalten, um keine Zusatzkosten zu verursachen", schreiben die Verbraucherschützer. "Solche kundenunfreundlichen Konditionen gehören auf den Prüfstand."
Die Stadtsparkasse bleibt Thema im Münchner Stadtrat
Unterdessen zeigt man sich im Rathaus zufrieden mit der Reform der Reform. SPD-Stadtratschefin Anne Hübner, die selbst im Verwaltungsrat der Bank unserer Stadt sitzt, sagte der AZ: "Wir sind unserem Oberbürgermeister sehr dankbar, dass er hinter den Kulissen ein gutes Ergebnis für die Münchner erarbeitet hat." Sie hoffe, "dass die Münchner weiterhin Vertrauen in unsere Stadtsparkasse haben".
Im Stadtrat wird die Stadtsparkasse in jedem Fall kommende Woche schon wieder Thema sein – weil turnusgemäß der Jahresabschluss 2022 in den Finanzausschuss des Stadtrats kommt. Stadtkämmerer Christoph Frey (SPD) wird eine gemischte Bilanz vorlegen. So ist in der Vorlage für die Sitzung von einem "Rückgang des Geschäftsvolumens" die Rede, der Jahresüberschuss liegt aber mit 41 Millionen Euro leicht über dem des Vorjahrs.
"Eine erneute Vereinbarung ist nicht notwendig": Was ändert sich im Kleingedruckten?
Die Kosten fürs Personal haben sich zuletzt leicht reduziert. Das könnte sich ändern. Denn Branchenkenner betonen, dass die Sparkasse von Tarifvereinbarungen für den öffentlichen Dienst betroffen ist und im kommenden Jahr mit erheblichen Zusatzkosten in dem Bereich planen muss.Ob sie nun auch noch von weniger Einnahmen aus dem Girokonto-Bereich ausgehen muss als eingeplant, weil es sich für viele Kunden nun doch lohnt, zum 4,95-Euro-Konto statt zum 9,95-Euro-Konto zu greifen?
Schließlich sind in der günstigeren Variante nun sehr viel mehr Automatenabhebungen und Bäcker-Gänge enthalten. Darüber mag die Stadtsparkasse nicht spekulieren. "Das entscheiden unsere Kundinnen und Kunden", hieß es auf AZ-Anfrage lediglich. Chaos mit den Kunden übrigens befürchtet die Sparkasse nicht, Tausende haben ja bereits einem der neuen Modelle zugestimmt – für die sich nun das Kleingedruckte noch mal ändert. "Eine erneute Vereinbarung ist nicht notwendig", betonte eine Sprecherin. Ebenso könnten jene Kunden, die erst in der kommenden Woche informiert werden sollten, wie geplant angeschrieben werden.
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