Neuer Zeuge im Fall Bögerl macht Aussage in München

Ulm/Ellwangen - Es ist nicht einfach, mit den Ermittlern über den Mordfall Maria Bögerl zu sprechen. Polizei und Staatsanwaltschaft geben sich schon lange wortkarg. Seit fast fünf Jahren ermittelt eine Sonderkommission in dem Fall - ohne heiße Spur. Schlagzeilen machte jüngst ein Mann, der sich über die "Bild"-Zeitung als Zeuge anbot. Er will die Mörder kennen - zwei sollen es gewesen sein, einer von ihnen angeblich ein Informant der Polizei. Und vor allem: Die Beamten sollen gewarnt worden sein vor der grausamen Tat.
Am 12. Mai 2010 wird die Frau des früheren Heidenheimer Sparkassenchefs Thomas Bögerl aus ihrem Haus entführt. Die Täter verlangen 300 000 Euro, die Übergabe des Lösegelds scheitert. Anfang Juni findet ein Spaziergänger die verweste Leiche der 54-Jährigen an einem Waldrand bei Heidenheim. Bögerl, zweifache Mutter, wurde erstochen.
Zu den Behauptungen des neuen Zeugen wollen die Ermittler nichts sagen. Ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Ellwangen bestätigt aber: "Wir hatten Kontakt in den vergangenen Tagen."
Vor zwei Wochen hat der Mann erstmals über vier Stunden lang eine Aussage auf einer Stuttgarter Polizeiwache gemacht. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, musste die Polizei noch mehr wissen. Am Dienstag war der Zeuge privat in München unterwegs, als er einen Anruf von der Polizei erhielt - er werde dringend zu einer weiteren Aussagen benötigt. Kurze Zeit später wurde der Mann auf der Polizeidienststelle in der Hansastraße ein zweites Mal vernommen.
Die Spur des Mannes führt ins bayerische Augsburg - und seine Vorgeschichte dämpft die Hoffnung auf entscheidende Hinweise. Die Augsburger Staatsanwaltschaft berichtet von einem 46-Jährigen, gegen den ein Verfahren wegen Vermögensdelikten läuft.
Demnach ist der Mann ein Trickbetrüger. Er soll Familie und Bekannte mit Mogeleien und falschen Versprechen um mehr als 150 000 Euro geprellt haben. "Er hat Dinge versprochen, wie man aus Geld mehr Geld machen kann", sagt Behördensprecher Matthias Nickolai. Der 46-Jährige habe deshalb mehrere Wochen in Augsburg im Gefängnis gesessen, sein Verfahren laufe weiter. Berichten zufolge steckt er gerade in den Niederlanden. Über seinen Anwalt soll der Mann Hinweise zum Fall Bögerl angeboten haben.
Er will einen Deal. Seine Vorstellung: Er hilft im Fall Bögerl, die Behörden kommen ihm in seinem Untreue-Verfahren entgegen. Für die Staatsanwaltschaft Augsburg ist das nicht verhandelbar. "Es gibt in unserem Verfahren im Hinblick auf eine angekündigte Aussage weder einen Deal noch eine Absprache", sagte Nickolai. "Und es wird auch keine geben." Zwar sei es normal, bedeutsame Aufklärhilfe gegebenenfalls bei der Strafzumessung in einem anderen Verfahren zu berücksichtigen. "Aber das ist alles total hypothetisch."
Die Ermittler haben schon einmal schlechte Erfahrungen mit einem Informanten gemacht. Sie gingen dem damals 40-Jährigen auf den Leim. Der Mann hatte die Soko nach einer Folge der TV-Sendung "Aktenzeichen XY" im Herbst 2012 über sieben Monate lang hinters Licht geführt und Tausende Euro dafür kassiert. Er bekam schließlich zwei Jahre Haft auf Bewährung.
Auch deshalb dürften mögliche Hinweise des neuen Zeugen kritisch beäugt werden. Die Ermittler wollen aber eh nicht nur auf ein Pferd setzen. Sie versuchten zwar, den Mann persönlich zu vernehmen, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Ellwangen. Aber: "Das ist eine Spur von vielen, denen wir nachgehen."
Das Amtsgericht Ellwangen macht nun zum Beispiel Druck bei den Gen-Tests. Im Auto von Bögerl hatte die Polizei DNA-Spuren entdeckt - mutmaßlich von den Entführern. Nach freiwilligen - und ergebnislosen - Massentests im vergangenen Jahr in Neresheim und Giengen an der Brenz fehlen immer noch Proben von rund 100 Männern. Das Gericht droht verdächtigen Verweigerern nun mit Zwang zur Speichelabgabe.
Ob der Fall nach all dieser Zeit doch noch gelöst wird? Vor vielen Monaten kursierten bereits Gerüchte, dass die Akte Bögerl geschlossen werden soll. Aber noch wollen die Ermittler nicht aufgeben: Die Soko "Flagge" zählt laut Ulmer Polizei immer noch rund 20 Mann.