Neue Schock-Zahlen aus München: Wohnen wird immer teurer – aber warum ist das so?

Neue Zahlen des Immobiliendachverbandes Süd zeigen, wie die Preise für Mieten in München zuletzt gestiegen sind. Was Experten nun prognostizieren.
Hüseyin Ince
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Schön. Und teuer. So ist es und bleibt es wohl auch in unserer Stadt.
Schön. Und teuer. So ist es und bleibt es wohl auch in unserer Stadt. © IMAGO/Christian Offenberg

München - Energiepreise, Kriege, gestiegene Baukosten, steigender Leitzins, Einbruch der Nachfrage bei käuflichen Immobilien: Die Münchner Mieten erreichen in dieser Gemengelage immer größere Höhen. Von Rekorden zu sprechen, erübrigt sich eh, weil die Preiskurven auf dem Mietmarkt der Stadt nur eine Richtung kennen. Wann der Mietzins in München zuletzt mal zwischenzeitlich gefallen ist, daran erinnern sich bestimmt nur noch die ältesten Stadtbewohner.

Marktforscher haben bei der Gesamtschau manche Daten besonders im Blick. Einer dieser Werte, den der Chef des Immobiliendachverbandes Süd (IVD) Stephan Kippes immer etwas genauer beobachtet hat, ist der Mietpreis für Münchner Altbauwohnungen, also für Apartments, die vor 1950 gebaut wurden.

Ob Altbau oder Neubau: Mieten in München steigen immer weiter an

Hier gab es immer eine Schallmauer von 20 Euro je Quadratmeter, sagte Kippes – im Schnitt wohlgemerkt. "Diese Mauer ist nun durchbrochen", betont der IVD-Chef, als er den neuesten Marktbericht für München und Bayern am Montagvormittag vorgestellt. Dieser Altbau-Mietpreis stieg von 19,40 Euro auf 20,40 je Quadratmeter – um 4,6 Prozent also.

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Für Bestandswohnungen ist die Lage so: Während die Kaufpreise weiterhin fallen – ein bayernweites Phänomen –, steigen die Mietzinsen im Schnitt auf 19,50 Euro pro Quadratmeter bei neu abgeschlossenen Mietverträgen um 4,3 Prozent, im Vergleich zum ersten Halbjahr der vergangenen zwölf Monate.

Den deutlichsten Preisanstieg verzeichnen Neubauwohnungen, nämlich um 5,2 Prozent. Hier liegt der Wert auch jenseits der 20-Euro-Marke: bei 22,40 je Quadratmeter. Ein plakatives Rechenbeispiel: Wer also (das Glück hat und) eine neue Hundert-Quadratmeter-Wohnung anmietet, zahlt im Schnitt 2.240 Euro Kaltmiete, Nebenkosten kommen noch drauf. So einige Münchner Berufsgruppen verdienen nicht einmal so viel.

Immer weniger Baugenehmigungen: Mietpreise in München steigen immer schneller

München ist damit natürlich die teuerste Miet-Großstadt Bayerns. Die günstigste ist Ingolstadt mit zehn Euro je Quadratmeter für Altbau-, 10,60 für Bestandswohnungen und 12,40 Euro für Neubauten. Der Anstieg der Münchner Mietpreise hat sich in der zweiten Hälfte der vergangenen zwölf Monate noch einmal beschleunigt. Die Mietverteuerung betrug nämlich in der ersten Hälfte der vergangenen zwölf Monate "nur" zwischen 0,9 und 1,9 Prozent, obwohl die Rahmenbedingungen in der Zeit nicht großartig anders gewesen sind als heute.

IVD-Chef Kippes glaubt, dass das auch mit der landesweit erlahmten Bau-Aktivität zu tun hat und diese nun auf den Markt durchschlägt. Fast 30 Prozent weniger Baugenehmigungen wurden in den letzten sechs Monaten bayernweit ausgestellt. Das heißt auch, dass so das Angebot noch weiter verknappt, mittel- sowie vor allem langfristig. Und hier ist die Dunkelziffer viel höher als man zunächst erahnt.

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Wegen steigender Materialpreise werden kaum noch Bauprojekte realisiert

Denn "im Moment liegen auch viele erteilte Baugenehmigungen in der Schublade", sagt Kippes. Die Bauträger trauten sich kaum noch, Bauprojekte anzugehen, da der Preis der Baumaterialien so extrem gestiegen sei. Sie warten offensichtlich auf bessere Zeiten und vielleicht auf eine Gelegenheit, Baufelder samt Baugenehmigung weiterzuverkaufen, da sie es sich nicht mehr zutrauen, die geplanten Wohngebäude wirtschaftlich sinnvoll zu errichten.

In München sieht das Ganze in Zahlen so aus: 2022 wurden insgesamt etwa 6.680 Wohneinheiten genehmigt. Das bedeutet ein Minus von 13,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Baufertigstellungszahl lag bei rund 6.460 Wohnungen (Minus 5,3 Prozent). 2023 liegt die Zahl der bisherigen Baugenehmigungen bei fast 3.700. Ein neuer, deutlicher Rückgang ist also möglich. Schließlich endet das Jahr in 75 Tagen.

In den letzten zehn Jahren sind die Mieten in Alt-Bogenhausen besonders gestiegen

Der letzte Topwert in dieser Kategorie aus den vergangenen 13 Jahren wurde 2017 verzeichnet: Etwa 12.400 Baugenehmigungen sind damals in München erteilt worden.

Ein besonders kleiner Mietmarkt machte in München den prozentual größten Preissprung, nämlich die neu gebauten Reihenmittelhäuser. Sie kosten inzwischen im Schnitt 3.100 Kaltmiete pro Monat. Eine Verteuerung von 6,9 Prozent. Auch die Reihenmittelhäuser im Bestand kosten nun deutlich mehr Miete, wenn neue Verträge abgeschlossen werden, im Schnitt 2.800 Euro – ein Sprung von 5,7 Prozent. Selbstverständlich wurden auch die Doppelhaushälften in der Anmietung teurer, um 4,9 Prozent (Bestand, jetzt 3.200 Euro Kaltmiete) und 4,9 Prozent (Neubau, jetzt 3.700 Euro).

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IVD-Chef Stephan Kippes macht keine Hoffnung. "Ich sehe keinen Grund, warum die Mietkosten nicht noch weiter steigen sollten", sagt er, "da ist wenig Sonne in Sicht." Ihm macht am meisten Sorge, dass durch die erlahmte Bau-Aktivität in der Branche die Miet-Nachfrage einen deutlich brutaleren Überhang bekommt. Von den guten alten Zeiten zu sprechen, ist also nicht vermessen. Macht man einen Zehn-Jahres-Vergleich, sieht man in der IVD-Tabelle schnell, welche Stadtteile besonders teuer geworden sind. Spitzenreiter ist hier Alt-Bogenhausen.

Strom, Heizen und Wasser: Alles wird in München teurer

Derzeit schauen viele Münchner sorgenvoll in den Briefkasten. Bald kommt die Nebenkostenabrechnung für 2022 – oder sie ist schon da und der Schock sitzt. Seit der Energiekrise durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind viele verunsichert. Schließlich ist die "zweite Miete" seit 2020 stark gestiegen, insbesondere der Energiepreis. Und was der Krieg im Nahen Osten noch mit sich bringt, ist noch gar nicht abzusehen. Viele ölfördernde Länder befinden sich bekanntlich in der Region des Nahen Ostens, wo Israel gerade den militärischen Einmarsch in den Gaza-Streifen vorbereitet.

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Aber zurück nach München. Seit 2020 – also seit Beginn der Corona-Epidemie – sind die Energiepreise in Bayern laut IVD um sage und schreibe 54,3 Prozent geklettert. Gemeint sind damit Strom, Gas und sämtliche andere erhältliche Brennstoffe. Nicht zu unterschätzen: Instandhaltung, Modernisierung sowie Reparatur. Maler, Elektriker, Dachdecker, Bodenleger, Installateur und Co. belegen Platz zwei bei der Verteuerung der jährlichen Abrechnung. Sie kosten inzwischen 28,2 Prozent mehr als noch Ende 2019.

Auf Platz drei liegt bei diesen Kosten – etwas überraschend – die Wasserversorgung. Sie verteuerte sich in knapp drei Jahren um 12,5 Prozent. Platz vier belegt die Müllabfuhr: ein Plus von 11,5 Prozent. Und auf Platz fünf ist die Abwasserbeseitigung. Sie wurde seit 2019 um 11,1 Prozent teurer – alle Werte bayernweit wohlgemerkt.

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35 Kommentare
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  • AufmerksamerLeser am 17.10.2023 19:38 Uhr / Bewertung:

    Irgendwann ist halt mal alles dicht und es gibt nichts mehr.
    Ich kann es auch nicht mehr hören/lesen: vor 2,3 Wochen erst wird lauthals verkündet, dass das Wohnen wieder billiger geworden ist und nun gehts wieder andersrum.
    Die unfähige Führung (Stadt und Freistaat) tut lösungsneutral ihr Übriges. Und ja, große neue Firmen… doch die neuen Mitarbeiter haben kein Geld für die horrenden Mieten…
    Eine Krux, die sich auch in ganz in D niemals mehr auflösen lässt.
    Und dann haben wir den Leerstand der Überbemittelten. Das ist eh der Wahnsinn! Da gibt es Menschen, die haben zw. 100-200 Wohnungen in M als Vermieter. Denen ist eh alles egal. Ziemlich traurig alles

  • Alois Dimpfelmoser am 17.10.2023 15:03 Uhr / Bewertung:

    Es braucht Konzepte, um diese ganzen Hipster und Yuppies aus der Stadt rauszuverfrachten. Hierfür müssen zunächst die Pull-Faktoren abgestellt werden. Es muss dafür gesorgt werden, dass der Latte nicht mehr mit Hafer- und Sojamilch ausgegeben wird.

  • Mobilist am 18.10.2023 08:04 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Alois Dimpfelmoser

    Verbieten, dass der Latte nicht mehr mit Hafer- und Sojamilch ausgegeben wird. Das wird die Lösung bringen! Ich dachte immer, dass andere fürs Verbieten zuständig sind.

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