Armut droht: In diesen Stadtvierteln leiden die Münchner besonders unter hohen Mieten

Die Bewohner von München wohnen sich arm. Viele in der Stadt geben 40 Prozent und mehr ihres Einkommens für Wohnkosten aus. Bei einigen bleibt danach kaum noch Geld zum Leben. Wen es besonders hart trifft, zeigen neue, offizielle Zahlen der Stadt.
Sophie Anfang |
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Luxus-Bauten vor Mietwohnungen: In München können viele noch gut leben, trotz hoher Mieten. Bei anderen aber wird die Miete zum Armutsrisiko.
Luxus-Bauten vor Mietwohnungen: In München können viele noch gut leben, trotz hoher Mieten. Bei anderen aber wird die Miete zum Armutsrisiko. © picture alliance/dpa

München - Dass die Mieten in München teuer sind, ist für niemanden eine neue Nachricht. Doch wie sehr die Miete die Münchner belastet, das zeigen neue Zahlen des Statistischen Amts der Stadt deutlich. In manchen Vierteln frisst die Miete das ohnehin schmale Gehalt vieler Münchner besonders drastisch auf.

Und: Ein Umzug würde es für die meisten sogar noch schlimmer machen. Weil die Mieten ständig steigen, würden viele bei einem Wohnungswechsel sogar finanziell in eine prekärere Situation abrutschen.

Wer mehr als 40 Prozent seines Einkommens für die Miete ausgibt, gilt als gefährlich belastet

Für die Untersuchung hat das Statistische Amt die Münchner Bevölkerungsbefragung für Stadtentwicklung ausgewertet. Für seine Auswertung legt das Amt die sogenannte Wohnkostenbelastungsquote zugrunde. Diese Kennzahl setzt alle Wohnkosten, also die Nettomiete inklusive aller Betriebskosten und Strom, in ein Verhältnis zum Haushaltseinkommen.

Die Stadt – und auch die meisten Forscher in diesem Bereich – gehen davon aus, dass diese Quote 40 Prozent nicht überschreiten sollte. Die Miete sollte also nicht mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens auffressen.

In München geben viele mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens für Wohnkosten aus

Die Zahlen der Stadt zeigen: Im Schnitt geben die Münchner 32,7 Prozent davon für ihre Miete aus. Also noch im Rahmen. Allerdings gibt es auch deutlich belastetere Gruppen: 27,4 Prozent der Befragten gaben an, 40 Prozent des Haushaltseinkommens oder noch mehr auszugeben. 12,1 Prozent geben sogar mehr als die Hälfte ihres Wohneinkommens für Miete und Nebenkosten aus.

Die zweite Größe ist das sogenannte Resteinkommen. Also wie viel Geld den Münchnern tatsächlich noch bleibt, wenn die Mietkosten abgezogen sind. Diese Größe ist entscheidend, denn wer wenig verdient, dem bleibt natürlich nur noch sehr wenig Geld zum Leben, wenn 40 Prozent des Einkommens für die Miete draufgehen. Münchner mit einem üppigen Einkommen wird 40 Prozent für die Miete auch nicht freuen – da sie aber mehr Geld zu Verfügung haben, bleibt natürlich trotzdem mehr hängen.

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Durchschnittlich haben in München Haushalte 2.300 Euro zu Verfügung

Durchschnittlich bleiben in München einem Haushalt 2.300 Euro im Median nach Abzug der Warmmiete übrig. Die Statistiker der Stadt weisen aber darauf hin, dass man diese Zahl auch damit in einen Zusammenhang setzen muss, wie viele Menschen in dem Haushalt leben – also von 2.300 Euro versorgt werden müssen.

Die Statistik berechnet deswegen das sogenannte Äquivalenzresteinkommen, das diesen Faktor berücksichtigt. Dieses liegt in München bei 1.893 Euro, ein Viertel der Befragten haben sogar weniger als 1.048 Euro zu Verfügung.

Mehr als 20 Prozent gelten in München als arme Haushalte

Vor diesem Hintergrund stellen die Statistiker fest, dass 24,3 Prozent der Befragten als arme Haushalte gelten – weil sie weniger als 60 Prozent des Durchschnitts-Haushaltseinkommens zu Verfügung haben.

Um zu beurteilen, wie schlimm die Miete die Münchner belastet, haben die Statistiker die Wohnbelastungsquote – also den Anteil der Miete am Haushaltseinkommen – und das danach noch verfügbare Einkommen in einen Zusammenhang gesetzt. Sie stellten sich also die Frage: Wo wohnen besonders viele Menschen in München, bei denen die Miete einen Großteil ihres Gehalts auffrisst (40 Prozent oder mehr) – und bei denen danach besonders wenig Geld zum Leben bleibt (weniger als 60 Prozent des Münchner Durchschnitts).

In Feldmoching-Hasenbergl kämpfen besonders viele mit hohen Kosten für Miete und Strom

Die Zahlen zeigen: In Feldmoching-Hasenbergl zählt jeder Dritte zu dieser prekären Gruppe. Aber auch in weiteren Vierteln sind immerhin 20 bis 30 Prozent der Menschen von dieser hohen Belastung durch Mieten betroffen, und zwar in Milbertshofen-Am Hart, Freimann, Laim, Hadern, Sendling, Sendling-Westpark, Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, Thalkirchen, Obersendling, Fürstenried und Forstenried.

Diese Karte zeigt den Anteil der Menschen in Vierteln, die mehr als 40 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Miete ausgeben und gleichzeitig weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens zu Verfügung haben, also als arm gelten.
Diese Karte zeigt den Anteil der Menschen in Vierteln, die mehr als 40 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Miete ausgeben und gleichzeitig weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens zu Verfügung haben, also als arm gelten. © anf

In Aubing-Lochhausen, Harlaching und Obermenzing sind hohe Mieten in Kombination mit niedrigem Einkommen ein deutlich geringeres Problem. In diesen Bezirken sind davon weniger als zehn Prozent der Einwohner betroffen. 

Umgekehrt kann man die Zahlen natürlich auch betrachten: In Obermenzing belastet 86 Prozent der Bewohner die Miete nur gering – und sie haben darüber hinaus auch noch überdurchschnittlich viel Geld nach Abzug ihrer Wohnkosten zu Verfügung.

Frauen, Familien und ältere Menschen in München leiden unter hohen Kosten fürs Wohnen

Aber wieder zu den Menschen, die unter den Mietkosten ächzen: Wenn man betrachtet, wer hinter den Zahlen steckt, zeigt sich ein deutliches Bild. Vor allem Frauen, ältere Menschen und Familien mit Kindern finden sich in München in prekären Wohnverhältnissen wieder.

54 Prozent der Befragten, die mit hoher Wohnkostenbelastung zu kämpfen haben und denen dann noch wenig zum Leben bleibt, sind weiblich. Insgesamt liegt der Frauenanteil in München bei 51,3 Prozent. Das bedeutet: Frauen sind von Wohnarmut häufiger betroffen. Auch was das Alter betrifft, liegt das Durchschnittsalter der prekär wohnenden Mieter mit 47,9 Jahren höher als das Durchschnittsalter aller Mieter in München (44 Jahre).

Ein Umzug bedeutet für viele Münchner: Noch mehr in die Armut abrutschen

Ketzerisch könnte man nun natürlich sagen: Wenn die Miete euch so belastet, zieht halt um. Natürlich weiß der Münchner, dass das so nicht funktioniert. Denn Umziehen, das zeigt auch diese Statistik, bedeutet für 90 Prozent aller Mieter, dass sie danach mehr Miete zahlen müssen.

Die Unterschiede zwischen Bestandsmieten und Neuvermietungs-Mieten sind teilweise drastisch, vor allem innerhalb des Mittleren Rings.

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Alter oder neuer Mietvertrag? Das bedeutet bis zu zehn Euro Unterschied pro Quadratmeter

Im Bezirk Altstadt-Lehel liegt der Unterschied zwischen Markt- und Bestandsmieten bei 9,74 Euro pro Quadratmeter, rechnen die Statistiker vor. In der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, Schwanthalerhöhe, Neuhausen, Maxvorstadt, Au-Haidhausen, Schwabing und Schwabing-West wohnen Bestandsmieter zwischen sechs bis acht Euro pro Quadratmeter günstiger als diejenigen, die ihre Wohnung neu anmieten. Eine Differenz unter vier Euro stellt man lediglich in Bezirken, die weiter außerhalb liegen, fest, etwa in Riem, Forstenried, Allach oder Perlach.

Es ist nicht verwunderlich, dass ein Umzug für viele Münchner bedeutet, dass die Miete noch mehr vom Einkommen frisst – und noch weniger bleibt, um zu leben.

Die Statistiker rechnen vor, dass ein Viertel der Befragten bei einem Umzug von einem erträglichen Maß an Wohnkostenbelastung in die kritische Zone von 40 Prozent und mehr abrutschen würde. Immerhin 24 Prozent der Befragten könnten nach einem Umzug sogar so stark belastet sein, dass sie in die Gruppe der als arm geltenden Haushalte abrutschen.

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29 Kommentare
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  • ......kann mich mal am 29.07.2023 09:34 Uhr / Bewertung:

    die leute, die am wenigsten haben, geben am meisten für dinge aus, die sie nicht brauchen

  • Besserwisser111 am 27.07.2023 16:01 Uhr / Bewertung:

    Wenn das Angebot ist viel klaikersse die Nachfrage...... holen sie koch die Gutmenschen noch mehr Leute in die Stadt

  • Witwe Bolte am 27.07.2023 19:19 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Besserwisser111

    Tastatur defekt? 🤔

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