Nach Unfall hofft Mann (83) aus München auf Erstattung seines Abos – MVV sieht keinen Grund

Ein Senior aus München kann wegen eines Unfalls monatelang sein Isarcard-Abo nicht nutzen. Als er beim MVV nach Erstattung fragt, heißt es: nicht vorgesehen.
Hüseyin Ince
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Welche Veränderungen bringt das 9-Euro-Ticket? Die TU München möchte das mit einer Studie herausfinden.
Welche Veränderungen bringt das 9-Euro-Ticket? Die TU München möchte das mit einer Studie herausfinden. © dpa/Sven Hoppe

München - Der Moosacher Hannes Maier (83, Name geändert) erfreute sich bis Sommer 2023 allerbester Gesundheit. Wenn es sein muss, zum Bus rennen, täglich radeln: "War alles kein Problem", erzählt Maier, Isarcard65-Abonnent seit zehn Jahren. Der Senior plante im Sommer 2023 den lang ersehnten Kurztrip zum Comer See mit seiner Partnerin. Doch Reisen beinhalten eben nicht immer Postkartenmomente – manchmal sind es auch unangenehme Einschläge. Bei Maier war es Letzteres. Aus dem Fünf-Tage-Trip ab 25. August wurde eine dreimonatige Odyssee.

Der Mann, der mit 83 keine Probleme hatte, geschwind noch den Bus zu erwischen, trat an einem wunderschönen Sommertag auf einer Steinstufe daneben – und stürzte schwer. Ergebnis: Bruch in der rechten Schulter und im rechten Oberschenkel. Noch heute braucht Maier einen Rollator.

Mann aus München stürzt schwer: Es folgt eine OP nach der anderen

Die Ärzte in einer relativ kleinen Klinik nahe des Comer Sees wollten Maier sofort operieren. Maier aber wollte mit dem ADAC nach München zurück. Doch der lehnte den Transport ab. Im Nachhinein fand Maier heraus, dass der große gelbe Verein das hätte gar nicht ablehnen dürfen. Doch: "Das ist ein ganz eigenes Thema", sagt Maier erschöpft. Also Doppel-Operation an Schulter und Oberschenkel. "Das waren Pfuscher", sagt Maier. Sie nahmen ihm einen Pauschalbetrag von 5000 Euro ab. "Ich war zu gutgläubig", sagt Maier im Nachhinein. Nach der OP brachte ihn der ADAC endlich nach München.

Zurück in der Heimat kam der Senior erst einmal ins Rotkreuzklinikum. Dort bestand man auf weitere Operationen. Denn: Die Ärzte hatten auf den Aufnahmen entdeckt, dass die Knochen nicht korrekt zusammengefügt worden sind. "Die Oberschenkel-OP mussten sie abbrechen", erzählt Maier, "sie hatten nicht das italienische Werkzeug", wurde ihm erklärt.

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Nach der Genesung: Mann aus München fragt MVV nach Erstattung für die Isarcard

Maier wurde nach Murnau verlegt. "Da waren dann absolute Profis am Werk", sagt Maier voller Bewunderung. Seit den Murnauer OPs geht es langsam aufwärts für den 83-Jährigen. Es folgten Pflege- und Kuraufenthalte außerhalb Münchens. "Etwa ein Jahr Plus X wird es dauern, bis ich wieder halbwegs hergestellt bin und ohne Rollator gehen kann", sagt der Senior.

Insgesamt drei Monate konnte er seine Münchner Isarcard65 nicht nutzen. Um den Schaden ein wenig abzumildern, wollte er sich zumindest diese Zeit erstatten lassen. Maier stellte per Mail eine Anfrage bei der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) und beim Münchner Verkehrsverbund (MVV). Keine Antwort. "Lange Bearbeitungszeiten" beklagt auch die MVG auf AZ-Anfrage, offenbar mangels Mitarbeitern im Kundenservice.

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Keine Erstattung für die Isarcard – Die Erklärung im MVG-Kundencenter: "Das ist einfach so"

Also quälte sich Maier mit Rollator zu einem der Kundencenter der MVG. Dort hat er das Abo abgeschlossen. Dann die Ernüchterung: nicht erstattungsfähig, hieß es am Marienplatz. Das sei einfach so. Das bestätigt auch der MVV auf AZ-Anfrage. "Es ist korrekt, dass es für die Isarcard65 keine Erstattungsmöglichkeit im Krankheitsfall gibt. (...) Ein Grund dafür ist die hohe Rabattierung." Außerdem sei ja das Abo jederzeit kündbar.

Andreas Barth (48) vom Fahrgastverband Pro Bahn findet die Regelung völlig veraltet. "Der MVV könnte in solchen Extremfällen bei langjährigen Kunden auch Kulanz walten lassen", sagt er. Barth verspürt einen Trend. "Derzeit neigen große Unternehmen dazu, einfach Tatsachen zu schaffen", sagt er, "der Mann ist doch schwer verletzt, konnte nichts dafür".

Andreas Barth vom Fahrgastverband Pro Bahn.
Andreas Barth vom Fahrgastverband Pro Bahn. © privat

Ginge es mit dem Thema vor Gericht, hält er es nicht für ausgeschlossen, dass ein Richter im Sinne Maiers entscheiden könnte. Aber: "Wer geht schon vor Gericht bei so einem niedrigem Streitwert?", fragt Barth. Dem Verkehrsverbund unterstellt er Sturheit: "Herr Maier ist doch schon gestraft genug."

So sieht das auch Hannes Maier selbst. Er ist verärgert, aber auch froh, nach der Odyssee wieder eine Perspektive zu haben, wann er wieder gesund wird. "Ich habe jetzt gar keine Kraft, mich mit dem MVV um die Erstattung zu streiten", sagt er. Und er sieht Glück im Unglück. Bein und Schulter verheilen ja irgendwann. "Gut, dass ich nicht auf den Kopf gefallen bin."

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17 Kommentare
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  • 30 in Bayern am 05.02.2024 08:18 Uhr / Bewertung:

    Jeder der hier gegen die "böse MVG" argumentiert, sollte, wie bereits von einigen Kommentatoren aufgegriffen, mal darüber nachdenken, wo bei solchen Kulanzregelungen dann der Anfang und das Ende ist.
    Das Abo sparte dem Renter in den 10 Jahren ja wohl auch sehr viel Geld ggü. Einzelfahrscheinen. Das wäre nämlich seine Alternative, wenn er ohne Risiko weiterlaufender Kosten leben will.
    Wie meine Schwiegermutter, selbst Rentnerin, immer sagt: "Unsere aktuelle Rentnergeneration ist viel zu anspruchsvoll."

  • Sarah-Muc am 04.02.2024 19:41 Uhr / Bewertung:

    Warum kommt sowas in die Schlagzeilen? Und die Story mit dem ADAC glaub ich so nicht. Oder gelten für Rentner generell eigene Regeln?

  • Bob2 am 04.02.2024 11:44 Uhr / Bewertung:

    Wo würde man die Grenze setzen? Krankenschein vorlegen und Anteilig Abo zurückerstatten lassen?

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