S-Bahn München bietet teilweise Entschädigung an – es gibt jedoch einen Haken

Fahrgäste haben in München bei Verspätung der S-Bahn Anspruch auf Entschädigung. Doch das Angebot hat einen Haken.
Julia Wohlgeschaffen
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Nach einem Oberleitungsschaden ist der Bahnsteig gerammelt voll. Bei Verspätungen und Zugausfällen können Fahrgäste der S-Bahn München teilweise Entschädigung beantragen.
Nach einem Oberleitungsschaden ist der Bahnsteig gerammelt voll. Bei Verspätungen und Zugausfällen können Fahrgäste der S-Bahn München teilweise Entschädigung beantragen. © imago/Manfred Segerer

München - Eine gefühlte Ewigkeit am Gleis warten, im schlimmsten Fall auch noch in der Kälte oder bei Regen – das kennen wohl die meisten Münchner Fahrgäste. Denn die S-Bahn ist nicht gerade für ihre Pünktlichkeit bekannt: Bauarbeiten, Störungen oder Notarzteinsätze sorgen regelmäßig für Verspätungen oder gar Zugausfälle, zum Ärgernis aller Fahrgäste.

S-Bahn München: Fast jeder zehnte Zug kam dieses Jahr bisher zu spät

Der Pünktlichkeitswert bei der Münchner S-Bahn lag im ersten Halbjahr des Jahres 2023 bei 91,9 Prozent. Als "zu spät" gelten dabei allerdings nur jene Züge, die mehr als sechs Minuten Verspätung haben, die ausgefallenen Züge werden in dieser Statistik gar nicht mit eingerechnet. Die Zugausfallquote lag in diesem Zeitraum im Durchschnitt bei 5,2 Prozent.

Unpünktliche Züge und verärgerte Kunden – das ist eigentlich nicht der Anspruch, den die S-Bahn München an sich hat: "Die Zufriedenheit unserer Fahrgäste steht für uns an erster Stelle", heißt es auf ihrer Website. "Sollte aber doch einmal etwas schiefgehen, sind wir für Sie da und machen es wieder gut – versprochen."

Konkret verweist die S-Bahn München dabei auf ein Angebot, das möglicherweise noch nicht jedem Fahrgast in München bekannt ist. Denn bei Verspätungen und auch Verschmutzungen erhalten Betroffene eine Entschädigung.

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Ist der Entschädigungsbetrag den Aufwand wert?

Die Bedingungen: Durch die Pünktlichkeitsgarantie sollen Fahrgäste für eine verspätete Ankunft am Zielbahnhof entschädigt werden. Allerdings erst, wenn die Verspätung mindestens 30 Minuten beträgt. Und: "Im Falle einer Verschmutzung z.B. Ihrer Kleidung in den Zügen der S-Bahn München erhalten Sie dank der Sauberkeitsgarantie ebenfalls eine Entschädigung", heißt es auf der Website weiter.

Wer sie beantragen möchte, muss einige Daten angeben und ein ausführliches Garantie-Formular ausfüllen – und das alles nur, um vier Euro zu erhalten. So hoch ist der Entschädigungsbetrag. "Der Betrag ist angelehnt an die gesetzlichen Fahrgastrechte, die eine Auszahlung ab einem Betrag von vier Euro vorsehen", erklärt ein Sprecher der S-Bahn München auf AZ-Anfrage. Zudem bilde dieser Betrag in etwa den Preis für ein einfaches Einzelticket ab. Dieses kostet derzeit für die Zone M 3,70 Euro.

Ein vergleichsweise hoher Aufwand für eine recht übersichtliche Entschädigung – dennoch nehmen einige Kunden dieses Angebot offenbar wahr: "Die Anzahl der Anträge, die in jüngster Zeit bei der S-Bahn München im Schnitt pro Monat eingegangen sind, bewegt sich im niedrigen dreistelligen Bereich", teilt der Sprecher der S-Bahn München mit. Angesichts einiger hunderttausend Fahrgäste pro Tag eine verhältnismäßig kleine Zahl. Andreas Barth vom Fahrgastverband Pro Bahn liefert eine mögliche Erklärung dafür: "Grundsätzlich ist die Kundengarantie etwas Gutes", findet er, "allerdings deutlich zu unbekannt".

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Ungerecht? Das Entschädigungsangebot gilt nicht für alle Fahrgäste

Für verlorene Zeit und entstandene Unannehmlichkeiten entschädigt zu werden, das klingt erstmal gut. Doch das Angebot der S-Bahn München hat einen Haken, denn es gilt ausschließlich für Abonnenten im Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV). "Ausdrücklich ausgeschlossen sind alle Deutschland-Tickets des Deutschland-Tarifs (DTV), auch wenn sie bei bahn.de oder im DB Navigator abgeschlossen worden sind", heißt es auf der Website.

Eine Bedingung, die man beim Fahrgastverband sehr kritisch sieht: "Wer ein Deutschlandticket zum Beispiel bei der BRB kauft – und die Linien der Ex-BOB liegen ab Mitte Dezember komplett im MVV –, geht leer aus. Das gleiche gilt für Kunden der BahnCard 100 der Deutschen Bahn, die ja die teuerste Fahrkarte ist", erklärt Andreas Barth von Pro Bahn. Der Unterschied zwischen "DB Vertrieb/S-Bahn München" und "auf der DB-Webseite" werde auch nur für die allerwenigsten Kunden nachvollziehbar sein, so die Einschätzung von Barth.

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"Nur für die treuesten Nutzer": So argumentiert die S-Bahn

Die S-Bahn München sieht das etwas anders und rechtfertigt sich folgendermaßen für die strengen Bedingungen: "Die Kundengarantien der S-Bahn München sollen vor allem den Stammkunden der S-Bahn und somit ihren treuesten Nutzern zu Gute kommen", sagt der Sprecher der S-Bahn München. Aus diesem Grunde seien sie auf Abo-Kunden des MVV beschränkt und es seien ausschließlich MVV-Deutschlandtickets beinhaltet, unabhängig, ob sie bei der DB, dem MVV oder der MVG gekauft wurden.

Manche Fahrgäste dürfte die S-Bahn München mit ihrem Entschädigungsangebot zwar durchaus zufriedenstellen – so, wie sie es sich auf die Fahne geschrieben hat. Bei anderen könnten die Bedingungen aber möglicherweise für noch mehr Ärger und Unverständnis sorgen.

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5 Kommentare
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  • Nobbse2710 am 13.11.2023 13:03 Uhr / Bewertung:

    Zugausfälle gelten nicht als Unpünktlichkeit, soso.
    Ich drücke es mal so aus: etwa 15% der S-Bahnen entsprechen nicht dem Fahrplan. Ist das verlässlich? NEIN. Da bin ich im Auto deutlich verlässlicher unterwegs, da ich die täglichen Staus gut einschätzen und umfahren kann.

  • FredC2 am 14.11.2023 09:13 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Nobbse2710

    in der S-Bahn können Sie jedoch lesen, und wenn Sie draußen warten müssen, sind Sie an der teilweisen frischen Luft (also wenn sie nicht z.B. an der Donnersbergerbrücke- oder Leuchtenbergring-Haltestelle warten müssen). Nebenbei muss man sich zur und von der Haltestelle _bewegen_, und treffen vielleicht sogar Arbeitskollegin(nen). Alles nicht zu vernachlässigende und positive Nebeneffekte.

  • Scholli am 13.11.2023 00:12 Uhr / Bewertung:

    Die Münchner S-Bahn ist kein zumutbares Verkehrsmittel. Wohl dem, der ein eigenes Auto hat!

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