Nach SEM-Entscheidung: SPD sauer auf SPD-Oberbürgermeister Reiter

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hat die SEM beerdigt, Enteignungen wird es im Norden nicht geben. Seine Partei reagiert entsetzt.
Felix Müller |
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Bekommt Gegenwind aus der eigenen Partei: OB Dieter Reiter.
Sven Hoppe/dpa Bekommt Gegenwind aus der eigenen Partei: OB Dieter Reiter.

München - Die Bodenpreise wieder aufgetaut, Enteignungen unmöglich gemacht: Was OB Dieter Reiter (SPD) am Dienstag stolz verkündete, war für die Grundstücksbesitzer im Münchner Norden eine gute Nachricht (AZ berichtete). Für Reiter hat das Ganze auch unangenehme Folgen: Die Münchner SPD ist stinksauer – auf den eigenen Oberbürgermeister.

Hintergrund: Die SPD hat sich klar für die so genannte "SEM Nord", die Stadtentwicklungsmaßname positioniert – in der Hoffnung, so schnell bezahlbaren Wohnraum schaffen zu können. Erst im Dezember hat ein Parteitag sich wieder mit überwältigender Mehrheit dafür ausgesprochen.

Nun räumte Reiter die Maßnahme ab – dem Vernehmen nach eine Vereinbarung mit SPD-Fraktionschef Alexander Reissl, CSU-Bürgermeister Josef Schmid und dem Chef der CSU-Stadtratsfraktion, Manuel Pretzl. In der SPD raunt es, sonst sei keiner eingebunden gewesen – nicht einmal die Fraktion habe vom Kurswechsel gewusst. Der Parteivorstand war definitiv nicht involviert. Und kritisierte das gestern auf AZ-Nachfrage scharf.

Die SPD ist sauer über das Vorgehen

"Ich hätte gerne meinen Beitrag geleistet", sagte etwa Parteichefin Claudia Tausend. "Aber ich wurde nicht gefragt." Die allgemeine Lesart in der SPD ist, dass die CSU sich in dem Konflikt durchgesetzt habe. "Ihr Kernklientel – Grundstückseigentümer und Landwirte – wurde von der CSU aufgehetzt", sagte Tausend.

Kritik kommt auch von Anno Dietz, dem ehemaligen Juso-Chef, der heute im Parteivorstand sitzt. "Es ist eine absolute Frechheit, wenn Schmid jetzt sagt, er habe flächendeckende Enteignungen verhindert", sagte er der AZ. "Darum ging es nie, die SEM ist ein kooperatives Verfahren. Die theoretische Möglichkeit zu Enteignungen hat man auch beim Autobahnbau oder bei Flurbereinigungen – ist Schmid da auch dagegen?"

Die CSU habe sich mit wenigen Grundstückseigentümern "mit handfesten Kapitalinteressen" gegen die Allgemeinheit durchgesetzt, so Dietz. Nun seien die Bodenpreise aufgetaut, eine gute Verhandlungsposition der Stadt aufgegeben – und das alles ohne Not. "Es ist unerträglich", sagte Dietz. "Die Entwicklung wird jetzt länger dauern, mehr kosten und am Ende wird weniger bezahlbarer Wohnraum entstehen – und das auch noch weniger dauerhaft."

Münchner SPD-Vize: "Ein gigantischer Fehler"

Kritik am Reiter-Schmid-Deal kommt auch von Roland Fischer, dem Vize-Chef der Münchner SPD. "Ein gigantischer Fehler", sagte er. "Ich bin sehr enttäuscht." Die Entscheidung falle mitten in die Diskussion um ein neues Bodenrecht. "Das ist doch das völlig falsche Signal. Wie um alles in der Welt sollen wir jetzt argumentieren?"

Das fragt sich auch Claudia Tausend, die für die SPD im Bundestag sitzt. "Ich setze mich in Berlin für das Bodenrecht ein", sagte sie. "Da hätte ich mir schon gewünscht, dass man in München wenigstens die bestehenden Möglichkeiten ausschöpft." Das hofft die SPD nun im Nordosten, wo ebenfalls eine SEM geplant ist. Doch in der Partei mehren sich die Zweifel, ob das Rathaus diese noch will.

Lesen Sie hier den Kommentar zur SEM-Entscheidung

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