Nach Eskalation und Flaschenwürfen: Alkoholverbot im Englischen Garten?

Polizei und Freistaat diskutieren über ein Alkoholverbot im Englischen Garten. Die Stadtpolitik ist überhaupt nicht begeistert.
von  Christina Hertel, John Schneider, Sophie Anfang
Polizeibeamte im Englischen Garten. Nach einer Eskalation hatte die Polizei aufgestockt.
Polizeibeamte im Englischen Garten. Nach einer Eskalation hatte die Polizei aufgestockt. © Peter Kneffel/dpa

München - Erst der Viktualienmarkt, dann der Wedekind- und Gärtnerplatz, die Feierabendhalbe an diesen Orten zu genießen, ist derzeit keine gute Idee – ist es doch ab 18 Uhr und im Falle der Innenstadt sogar rund um die Uhr verboten. Im Englischen Garten allerdings darf getrunken werden. Und das wird es auch.

Die Stadt ist nicht für den Englischen Garten zuständig

Doch das könnte bald vorbei sein. Denn der Freistaat überlegt offenbar, Bier, Wein und alle anderen alkoholischen Getränke aus Münchens größter Parkanlage zu verbannen.

Zuständig für den Englischen Garten ist nicht die Stadt, sondern die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung, die dem bayerischen Finanzministerium untersteht.

Verschiedene Maßnahmen werden diskutiert

Die Polizei München bestätigt der AZ entsprechende Gespräche. Man sei in Kontakt mit der Schlösserverwaltung. "Alle Beteiligten sind in Bezug auf das Thema 'Alkoholverbot' sehr sensibilisiert und beobachten die Entwicklung im Englischen Garten", sagte ein Sprecher. Die Polizei München sei bei den Gesprächen beratend tätig. Es würden verschiedene Maßnahmen diskutiert – "eine davon ist ein Alkoholverbot".

Schon jetzt kann der Alkoholkonsum eingeschränkt werden

Die Bayerische Schlösserverwaltung teilt auf AZ-Anfrage mit, dass man "die Entwicklung sehr genau" beobachte, je nach Lage werde über weitere Maßnahmen entschieden. Zudem weist eine Sprecherin darauf hin, dass schon jetzt der Alkoholkonsum im Park eingeschränkt werden könne: "Der Alkoholgenuss im Englischen Garten (Südteil), Hofgarten und Finanzgarten in München ist bereits jetzt verboten, soweit andere dadurch mehr als unvermeidbar belästigt werden."

Verschärft werden könnte die Verordnung durch einen einfachen Verwaltungsakt des Präsidenten der Bayerischen Schlösserverwaltung.

Hintergrund der Debatte ist die Auseinandersetzung der Polizei mit Jugendlichen am 8. Mai. An diesem Samstagabend hatten mehrere junge Leute 50 Flaschen auf Beamte geworfen. Internetvideos zeigen, wie junge Männer Polizisten angreifen. Aber auch, wie Beamte mit Schlagstöcken gegen junge Menschen vorgehen.

Szenen aus einem Video, welches die Eskalation am 8. Mai zeigt. An dem Samstagabend wurden Polizisten von Jugendlichen mit Flaschen beworfen, mehrere Beamte verletzten sich leicht.  Kommt wegen dieses Vorfalls nun das Alkoholverbot?
Szenen aus einem Video, welches die Eskalation am 8. Mai zeigt. An dem Samstagabend wurden Polizisten von Jugendlichen mit Flaschen beworfen, mehrere Beamte verletzten sich leicht. Kommt wegen dieses Vorfalls nun das Alkoholverbot? © Twitter-Screenshot: @ Münchner Gesindel

Am Folgetag schickte die Polizei zusätzliche Einheiten auf die Grünflächen rund um den Monopteros – auch ein Fahrzeug zur Videoüberwachung.

Wäre die Situation ohne Alkohol weniger eskaliert? Zumindest scheint es bei Polizei und Freistaat diese Überlegung zu geben.

OB Reiter zeigt Verständnis für Alkoholverbot

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kann das nachvollziehen: "Wer gesehen hat, welche Szenen sich im Englischen Garten am vorletzten Wochenende abgespielt haben und welche Gewalt sich hier entladen hat, muss sich nicht wundern, wenn der Freistaat über eine Verschärfung der Maßnahmen, wie ein generelles Alkoholverbot nachdenkt."

Im Stadtrat bezweifeln viele, dass ein Verbot hilft

Parteigenossen im Münchner Stadtrat sehen das hingegen anders. Christian Vorländer, der sich bei der SPD um Sicherheitspolitik kümmert, spricht sich gegen ein Alkoholverbot aus. "Wir sind skeptisch, ob das eine zielführende Maßnahme ist." Gleichzeitig verweist er - ebenso wie Dominik Krause von den Grünen darauf, dass nicht die Stadt für den Englischen Garten zuständig ist - also auch gar nicht über ein Alkoholverbot entscheiden kann.

Auch Krause bezweifelt, dass ein Alkoholverbot etwas bringen würde. Die Ausschreitungen seien aus seiner Sicht nicht zu entschuldigen. Allerdings sagt Krause auch: "Gerade bei jungen Menschen hat sich in den vergangenen Wochen durch die Corona-Beschränkungen ein enormer Frust angestaut." Ein Alkoholverbot könnte diesen aus Krauses Sicht nur noch weiterbefeuern.

Manuel Pretzl, Fraktionsvorsitzender der CSU im Stadtrat, hält ebenfalls nichts vom Alkoholverbot: "Man kann nicht Zehntausende, die im Englischen Garten friedlich ein Bier trinken dafür bestrafen, weil sich Hunderte kriminell aufgeführt haben." Durch ein Alkoholverbot im Englischen Garten würde ein Stück Münchner Lebensqualität verloren gehen, so Pretzl.

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