Münchner Studie zum 9-Euro-Ticket: Wie viele Autofahrer umgestiegen sind

Wegen des 9-Euro-Tickets haben etliche Menschen in der Region München statt des eigenen Autos den ÖPNV genutzt. Das zeigt eine aktuelle Studie der TUM. "Viele haben die öffentlichen Verkehrsmittel in ihren Alltag integriert."
Michael Schleicher |
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Die Halbzeit-Bilanz zeigt: Das 9-Euro-Ticket wurde und wird gut angenommen. (Archivbild)
Die Halbzeit-Bilanz zeigt: Das 9-Euro-Ticket wurde und wird gut angenommen. (Archivbild) © Felix Hörhager/dpa

München - Seit nunmehr über eineinhalb Monaten gilt das 9-Euro-Ticket in Deutschland, erst kürzlich zog die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) eine positive Halbzeitbilanz. Nun stellt die TUM ihre aktuelle Studie "Mobilität.Leben" vor – mit teils erstaunlichen Ergebnissen.

Das Besondere an der Studie: Als bislang einziges Forschungsprojekt zum 9-Euro-Ticket erfasst die TUM-Untersuchung die tatsächlich zurückgelegten Wege digital. Wie das funktioniert? Die rund 1.000 Probanden nutzen von Mitte Mai bis Mitte September eine spezielle Smartphone-App, die extra für die Studie entwickelt wurde. Diese App registriert sämtliche Wege und die genutzten Verkehrsmittel, sodass das Forschungsteam Daten wie die exakten Streckenlängen und Zeiträume auswerten kann.

Über ein Drittel der ÖPNV-Nutzer fuhr noch öfter mit Bus und Bahn

Die Halbzeit-Bilanz zeigt: 22 Prozent der Teilnehmenden waren zuvor nicht mit Bus und Bahn unterwegs gewesen. Durch das 9-Euro-Ticket stiegen sie aber auf den ÖPNV um, ein Viertel von ihnen nutzte ihn sogar an mehr als drei Tagen pro Woche. 35 Prozent der Probanden fuhren schon zuvor Bus und Bahn, nutzten die Verkehrsmittel durch das Ticket nun aber deutlich häufiger. Drei Prozent nutzten seltener ihr eigenes Fahrzeug.

Die wichtigsten Halbzeit-Ergebnisse der TUM-Studie zum 9-Euro-Ticket.
Die wichtigsten Halbzeit-Ergebnisse der TUM-Studie zum 9-Euro-Ticket. © Grafik: TUM

"Es war nicht zu erwarten, dass sich das tägliche Verhalten wegen eines neuen Angebots radikal ändert", sagt Studienleiter Prof. Klaus Bogenberger vom Lehrstuhl für Verkehrstechnik der TUM. "Umso höher einzustufen ist der Anteil der Menschen, die erstmals mit Alternativen zum eigenen Auto unterwegs sind."

Die Studien-Teilnehmer, die bislang nur oder hauptsächlich mit ihrem eigenen Fahrzeug unterwegs waren, nutzten den öffentlichen Verkehr laut Bogenberger der ersten Junihälfte intensiver als im Juli. "Die Menschen haben beim Start des 9-Euro-Tickets Bus und Bahn getestet. Wenn das Neue dann normal wird, klingt die Neugier wieder etwas ab. Aber das wichtige Ergebnis ist: Viele haben die öffentlichen Verkehrsmittel in ihren Alltag integriert", erklärt der Professor.

Eine ebenfalls interessante Erkenntnis: Vor allem bei längeren Strecken nutzten die Teilnehmer weiterhin ihr eigenes Auto, besonders am Wochenende.

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München: Im Juni weniger Autoverkehr als im Mai

Die bisherigen Ergebnisse des Projekts unterstreichen dem Team zufolge auch die Daten, die die Stadt regelmäßig zum Verkehrsaufkommen erhebt. "Erstmals gab es im Juni weniger Autoverkehr als im Mai. Rechnet man den Sondereffekt der Ferienzeiten raus, betrug die Differenz drei Prozent, während sonst von Mai zu Juni ein Plus von drei Prozent üblich ist", heißt es in einer Mitteilung der TUM. Eine solche Änderung im Jahreszeitraum sei außergewöhnlich, sagt Forschungsteamleiter Dr. Allister Loder.

Neben der Analyse der Daten befragt das Forschungsteam die Teilnehmer auch. Die ersten Ergebnisse: Menschen, die ein Auto besitzen und Menschen, die auf dem Land leben, haben eine leicht geringere Bereitschaft, sich ein 9-Euro-Ticker zu kaufen. Keinen Unterschied gab es aufgrund des Einkommens der Befragten.

Als Nachfolgeangebot für das 9-Euro-Ticket hat Bogenberger mehrere Optionen im Sinn: Ein lokales 365-Euro-Ticket, ein 69-Euro-Ticket für Bayern oder ein Angebot, wo man – ähnlich dem Datenvolumen eines Handyvertrags – ein monatliches Kilometerbudget erwirbt.


Mehr Informationen zur Studie gibt es hier.

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22 Kommentare
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  • glooskugl am 24.07.2022 08:29 Uhr / Bewertung:

    Für viele ist ein Auto mehr als nur ein Fahrzeug. Viele brauchen ihr Auto für ihr Selbstwertgefühl. Ohne Therapie fahren die nicht so "wertlos"unauffällig in die Arbeit oder zum Semmel holen.
    Corona kommt denen gerade recht weil das generiert Argumente...

  • Karl-Eva am 23.07.2022 22:16 Uhr / Bewertung:

    "Es zahlen damit auch diejenigen, die das Angebot selbst im ländlichen Raum gar nicht nutzen können." (FDP-Lindner als Grund für seine Ablehnung eines Nachfolgetickets)

    Heißt das, dass die Allgemeinheit bald auch nicht mehr das Dienstwagen-Privileg finanzieren muss?
    (Rhetorische Frage, wir kennen ja unsere FDP)

  • Karl-Eva am 22.07.2022 09:29 Uhr / Bewertung:

    Zum Thema 9-Euro-Ticket antwortete "Der wahre tscharlie" auf einen meiner Kommentare:

    "Also echt jetzt...... grinsen Zur Info......Die Zugfahrt Hbf Muc >> Ulm dauert ca 1 Stdt. 13min bei ca 120 km.
    Und bei 23 Zwischenstops würde das heißen, der Zug würde alle 5-6km einen Stop einlegen.

    Und was diese Aussage von dir betrifft, "Damit ich 69 Euro für so ein Nachfolgeticket ausgeben würde, müssten schon ALLE Züge innerhalb Deutschlands inbegriffen sein, sonst gebe ich das Geld lieber für Benzin aus!" steht folgendes im Artikel:
    "Er plädiert für ein 69-Euro-Ticket, mit dem man in ganz Deutschland mit Regionalzügen fahren können soll. ""

    Tscharlies Kommentar muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Empfiehlt dem 9-Euro-Ticket-Nutzer einen ICE! Klar, wenn er glaubt, dass ICE und IC Regionalzüge sind... zwinkern

    Dem 9-Euro-Sparfuchs steht als schnellste Direktverbindung der RE 9 zur Verfügung. Wer Internet kann, möge das bequem von zu Hause aus recherchieren.

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