Münchner Klinik-Katastrophe: Was macht die Stadt?

Von Tag zu Tag verschlimmert sich die Situation in den Krankenhäusern, der Gipfel ist noch nicht erreicht.
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Ein Corona-Patient wird auf einer Intensivstation versorgt. (Archivbild)
Ein Corona-Patient wird auf einer Intensivstation versorgt. (Archivbild) © picture alliance/dpa

München - Die Münchner Kliniken sind momentan übervoll. Die Wiesn-Corona-Welle und andere Erkrankungswellen türmen sich immer mehr auf. "Patienten stapeln sich in den Fluren", ist aus der München Klinik zu hören. Das größte Problem dabei: immer mehr Mitarbeiter in den Kliniken erkranken. Oder: sie wollen unter diesen Umständen nicht mehr arbeiten und kündigen. 

Allein im LMU Klinikum sind es aktuell 500 Mitarbeiter, die erkrankt sind und deshalb nicht arbeiten können. Das hat konkrete Auswirkungen, wie eine Sprecherin des Klinikums auf AZ-Anfrage erklärt. Planbare Operationen werden eingeschränkt, "vereinzelt" werden sogar Betten oder Stationen geschlossen.

Die Situation wird sich aber noch verschlimmern, zumindest was Corona betrifft: "Wir erwarten, dass die Fallzahlen nochmals deutlich steigen werden und der Gipfel der Klinik-Aufnahmen demnach noch nicht erreicht ist", sagt ein Sprecher des Gesundheitsreferats auf AZ-Anfrage.

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Theiss: Wiesn war Superspreader-Event

Dramatische Worte findet am Dienstag auch der Arzt und CSU-Stadtrat Hans Theiss auf Twitter: "Das Gesundheitssystem steht in dieser Stadt kurz vor dem Kollaps. Das liegt vor allen Dingen daran, dass zu viel medizinisches, ärztliches, pflegerisches Personal Covid-infiziert ist". Er nennt auch einen Grund für diese Lage: "Die Wiesn ist zum Superspreader-Event geworden. Da beißt die Maus keinen Faden ab."

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Kann die Stadt dagegen noch etwas tun? Experten warnten bereits im Frühjahr, Monate vor dem Oktoberfest, dass die Situation in München dramatisch würde (die AZ berichtete), so wie sie sich jetzt zeigt. Vorbereitet wurde offenbar: nichts.

Das Gesundheitsreferat hat jetzt nur noch sehr begrenzten Spielraum: Die Stadt könnte veranlassen, dass mit Corona infizierte Klinik-Mitarbeiter, die keine Symptome haben, trotzdem arbeiten dürfen: "Die Erfahrung zeigt jedoch, dass diese Fallgestaltung in der Realität nicht sehr häufig nachgefragt wird", so ein Sprecher. Alle anderen Maßnahmen, wie zum Beispiel die Isolationspflicht bei positivem Test aufzuheben, wäre Sache des Freistaats oder Bunds.

Altbekannte Probleme werden akut

Es ist nicht so, als seien diese Probleme erst mit Corona aufgetaucht. Sie werden nur in einer akuten Notlage wie der aktuellen besonders deutlich. "Die Personalprobleme in den Klinken bestehen schon länger, unabhängig von Corona", erklärte ein Sprecher des Gesundheitsreferats. Corona habe die Situation verschärft, "Kliniken berichten unter anderem von vermehrten Kündigungen beim Fachpersonal".

CSU-Stadtrat Theiss fordert, dass die Stadt mehr Geld in die Hand nimmt, um das Gesundheitssystem auszubauen: "Wir werden das nur durchhalten, wenn wir das medizinische, das ärztliche, das Gesundheitssystem massiv stärken. Wir müssen viel mehr Geld investieren, wir müssen viel mehr Personal halten, wir müssen endlich laut werden!" Bis das aber Wirkung zeigt, vergeht viel Zeit.

Auch bei der regierenden SPD machen sich prominente Vertreterinnen offenbar Gedanken zur aktuellen Lage: OB Dieter Reiter reagierte am Mittwoch mit einem längeren Statement auf die Kritik aus Berlin.

Anne Hübner, SPD-Fraktionschefin im Stadtrat, gibt sich im Rückblick kritisch: "Dennoch müssen wir für die Zukunft etwas aus der jetzigen Situation lernen. Dazu sollten sich alle politisch Zuständigen Gedanken machen. Ideen, wie ein Oktoberfest stattfinden kann, ohne zu einem solch explosionsartigen Geschehen zu führen, müssen deshalb bald diskutiert werden", schreibt sie am Dienstag auf Twitter.

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Was macht die Stadt?

Was macht das Gesundheitsreferat der Stadt, um dem akuten Personalmangel in den Kliniken zu begegnen? Einiges, aber offensichtlich ohne Erfolg: Es wurden "in den vergangenen Jahren bereits viele Initiativen und Programme initiiert, um die Personalsituation an den Münchner Kliniken und in der ambulanten und stationären Langzeitpflege zu verbessern", sagt Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek (SPD). Es gibt unter anderem eine Pflegekampagne, Ausbildungsmessen für den Bereich Pflege, einen sogenannten "Ausbildungsakquisiteur Pflege" und einen "Pflegescout".

Trotzdem hat sich die Personallage in den Kliniken nicht verbessert – ganz im Gegenteil. Am Mittwoch (12. Oktober) sind in den Münchner Kliniken 623 Betten mit Corona-Fällen belegt (davon 34 Intensivbetten und 16 in der Intensivüberwachungspflege). Das ist nach Dienstag der höchste Wert seit Oktober 2020.

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19 Kommentare
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  • Wendeltreppe am 14.10.2022 09:45 Uhr / Bewertung:

    Heute in einer anderen Münchner Tageszeitung:
    Allein gestern Donnerstag (!!) 2.271 neue (!) Corona-Infektionen in München, die Inzidenz bei 1.233,9
    Dazu vier weitere Todesfälle. Dann noch 620 (!)Betten mit Covid 19-Patienten belegt usw.
    Die "Verharmloser" hier sind zwar weniger geworden bzw. mit anderen Nicknamen unterwegs, aber ist ja deren erbärmlicher, dennoch unwirksamer Versuch die Realität wieder mal
    "wegzudiskutieren".
    Das kennen wir hier ja schon.

  • Sarkast am 13.10.2022 18:16 Uhr / Bewertung:

    >>>Von Tag zu Tag verschlimmert sich die Situation in den Krankenhäusern<<<

    Leider haben wir für dieses Problem im Moment keine Zeit.
    Das Geldzählen und die daraus folgenden Investments in Ferienhäuser
    erfordern unsere ganze Kraft...

  • Wendeltreppe am 13.10.2022 20:18 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Sarkast

    Was haben denn Geldzählen, Investments, Ferienhäuser etc. mit dem Inhalt des Artikels zu tun?

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