Münchner Altstadt-Radlring: Gerade mal 700 Meter sind fertig
München - Die Frauenstraße, die am Isartorplatz beginnt und am Viktualienmarkt entlangführt, ist eine dieser neuralgischen Stellen: Hier endet der schöne neue Radweg am Thomas-Wimmer-Ring abrupt. Radlfahrer müssen sich in den fließenden Autoverkehr einfädeln - eine gefährliche Stelle.
Einen Steinwurf davon entfernt, haben sich am Montag Vertreter des Bündnisses Radentscheid mit einem großen Transparent aufgestellt, um gegen die langsame Umsetzung des Altstadt-Radlrings zu protestieren. Dieser war im Sommer 2019 vom Stadtrat nach einem Fahrrad-Bürgerbegehren beschlossen worden.
Bündnis Radentscheid rechnet vor: Vom Ring sind erst 6,8 Prozent fertig
Doch was seitdem Realität geworden ist, ist ernüchternd: "Drei Jahre später sind nur 700 Meter der insgesamt 10,3 Kilometer Altstadt-Radring gebaut", kritisiert Katharina Horn vom Bündnis Radentscheid. "Das sind schlappe 6,8 Prozent. Wenn es in dem Tempo weitergeht, dauert es noch 38 Jahre." Von Grün-Rot im Rathaus habe sie mehr erwartet, sagte sie zur AZ.
Das Bündnis, zu dem der Fahrradclub ADFC gehört sowie Vertreter von Bündnis 90/Grüne, Bund Naturschutz, Linke und Green City, fordert für die ganze Stadt sichere und breite Radwege, ein Rad-Vorrangnetz, sichere Kreuzungen und Einmündungen, mehr Abstellplätze - und eben einen sicheren Altstadt-Ring für Radfahrer. Je 80.000 Stimmen hatte das Bündnis 2019 gesammelt für beide Bürgerbegehren.
Katharina Horn fordert "spätestens in sechs Monaten" von der Verwaltung ein "Gesamtkonzept mit einem nachvollziehbaren Zeitplan und einer kontinuierlichen und transparenten öffentlichen Darstellung der Umsetzung". Ihr Bündnis-Kollege Thomas Häusler fordert zudem pragmatische Übergangslösungen: "Wir verstehen schon, dass Planungs- und Genehmigungsprozesse, Ausschreibungen und Baumaßnahmen oft lange dauern."
Wird der Radlring nicht rechtzeitig fertig, braucht es Übergangslösungen
Doch überall dort, wo der Radlring baulich nicht bis 2025 realisiert werden könne, müssten bis spätestens 2023 Übergangslösungen her. "Das betrifft besonders die stressigen und unsicheren Abschnitte wie Frauenstraße und Sonnenstraße", sagt Häusler.
Stadträtin Gudrun Lux fordert "Mut zu provisorischen Lösungen"
Stadträtin Sonja Haider, mobilitätspolitische Sprecherin der ÖDP, sagte am Montag als Reaktion auf die Protestaktion: "Herr Reiter macht aus dem so wichtigen Radentscheid einen Papiertiger. Das muss sich ändern." Grün-Rot im Rathaus wiegelt die Kritik ab. Andreas Schuster, radpolitischer Sprecher der SPD/Volt-Fraktion, teilte am Montag mit, es gehe voran: "Etliche Teilstücke sind bereits verwirklicht, im Bau oder in der Planung." Er fordert vom Mobilitätsreferat einen konkreten Zeitplan, wann die fehlenden Abschnitte dran sind.
Stadträtin Gudrun Lux (Grüne/Rosa Liste) teilte mit: "Ich verstehe und teile die Ungeduld." Sie sehe aber, dass das "sehr junge Mobilitätsreferat" mit großem Engagement arbeite. Im Baureferat sei nun ein beschleunigtes Verfahren zur Umsetzung des Radentscheids implementiert. Lux sagte, sie wolle sich dafür einsetzen, dass Bürgerbegehren und Stadtratsbeschluss bis Ende 2025 umgesetzt würden, zweifelte aber, ob das auch für die Sonnenstraße zu schaffen sei. Die Situation dort sei "sehr komplex". Man brauche "Mut zu provisorischen Lösungen".
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