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München: Tödlicher Messerangriff in Wohnung – Frau (27) als Beschuldigte vernommen

In einem Haus in der Sendlinger Straße war es am Donnerstag zu einem Streit mit einem Messer gekommen – ein 45-jähriger Mann erlag seinen Verletzungen. Jetzt nennt die Polizei weitere Details. Handelte die Frau aus Notwehr?
von  Hüseyin Ince, Ralph Hub
Polizisten vor dem Haus in der Sendlinger Straße, in der sich der Angriff ereignet hat.
Polizisten vor dem Haus in der Sendlinger Straße, in der sich der Angriff ereignet hat. © Peter Kneffel/dpa

München - Die Ermittlungen zum konkreten Tatablauf laufen: Am Donnerstag war ein 45-Jähriger Mann im Krankenhaus den schweren Stichverletzungen erlegen, die er bei einem Streit in einem Haus in der Sendlinger Straße erlitten hatte. 

Nach Messerattacke: 27-Jährige als Beschuldigte vernommen

Wie die Polizei am Freitag bestätigte, wurde eine 27-jährige Frau noch am Donnerstagabend als Beschuldigte vernommen. Sie hatte das Krankenhaus nach ambulanter Behandlung wieder verlassen können, machte bei der Vernehmung "Angaben zur Sache und konnte im Anschluss entlassen werden", so die Polizei. 

Notwehr: Verteidigte sich die Frau gegen den Angreifer?

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Münchnerin wegen vollendeten Totschlags. Haftbefehl wurde nicht beantragt. Einiges spricht dafür, dass sich die Frau gegen den Angreifer, ihren 45 Jahre alten Nachbarn, lediglich verteidigt hat und damit in Notwehr handelte.

Der Fall sei "ungewöhnlich", sagte Stephan Beer, Chef der Mordkommission am Freitag im Präsidium. Die 27-Jährige wurde von einem Nachbarn in ihrer Wohnung angegriffen. Der 45-Jährige klingelte am Donnerstagnachmittag gegen 14.40 Uhr, die Frau öffnete ahnungslos die Tür. Es kam zum Kampf. "Über Motiv und Hintergründe ist noch nichts bekannt", sagt Stephan Beer.

Die Frau lebt seit Frühjahr 2019 in dem Haus, der Mann erst seit Frühjahr vergangenen Jahres. Beide kannten sich vom Sehen. Ob es zwischen ihnen Probleme oder Spannungen gab, ist noch nicht geklärt.

Die 27-Jährige, eine zierliche kleine Person, setzte sich erfolgreich gegen den Angreifer zur Wehr. Sie konnte ihm mehrere schwere Verletzungen zufügen und dann fliehen. Mit einem blutigen Messer in der Hand lief sie aus dem Haus auf die Sendlinger Straße, wie Zeugen berichteten. Sie selbst hat bei dem Kampf eine stark blutende Schnittwunde an der Hand erlitten.

45-jähriger Mann stirbt nach Notoperation 

Der Nachbar wurde von der Polizei blutüberströmt im Treppenhaus gefunden. Ein Notarzt brachte ihn ins Krankenhaus. Dort starb der 45-Jährige trotz einer sofort durchgeführten Notoperation an den Folgen seiner Stichwunden.

Der arbeitslose 45-Jährige ist bereits wegen eines anderen Gewaltdeliktes polizeibekannt. 2019 ermittelte die Kripo gegen ihn wegen Körperverletzung. Auch damals war das Opfer eine Frau aus seinem Umfeld.

Die Polizei hat am Freitag alle Hausbewohner befragt, zudem wurde eine Analyse der Blutspuren am Tatort in Auftrag gegeben. "Wir prüfen", so Stephan Beer, "ob die Angaben der Frau mit den gesicherten Spuren übereinstimmen." "Jeder hat das Recht, sich zu wehren", sagt Oberstaatsanwältin Anne Leiding. Es werde geprüft, ob in diesem Fall Notwehr vorliegt.

Ein Polizeisprecher sagte am Freitag, die beiden seien kein Paar, sondern Nachbarn gewesen und hätten sich anscheinend flüchtig gekannt. Der Mann habe in ihre Wohnung gehen wollen - er habe geklingelt, sie habe aufgemacht - dann sei es zur körperlichen Auseinandersetzung gekommen. "Wer angefangen hat, wer der Aggressor ist, das wissen wir nicht", sagte er. Beim Mann gibt es demnach keine Hinweise auf psychische Auffälligkeiten, die Frau war bisher polizeilich noch nicht in Erscheinung getreten.

Einsatzkräfte der Polizei am Donnerstag in der Sendlinger Straße.
Einsatzkräfte der Polizei am Donnerstag in der Sendlinger Straße. © Peter Kneffel/dpa

Die Lage war zunächst völlig unübersichtlich. Die Polizei löste sofort Großalarm aus, rund 50 Beamte rückten an, die Sendlinger Straße wurde abgeriegelt, Streifenwagen standen quer, Läden in dem Bereich der Fußgängerzone mussten schließen. Polizisten mit Helmen und schuss- und stichsicheren Westen gingen mit gezogenen Waffen in ein Gebäude. Die Steinplatten davor waren voller Blut.

Messerangriff in der Sendlinger Straße: Motiv noch unklar

Karte: Großeinsatz in der Sendlinger Straße

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Messerangriffe in München

In den vergangenen Wochen ist es in München immer wieder zu Messerattacken gekommen, die teilweise auch tödlich endeten. Der letzte Vorfall ereignete sich am 10. April, als ein Somalier am Stachus erstochen wurde.

In der Woche davor kam es auf der Maximilianstraße zu einem Streit zwischen zwei Großfamilien – hier waren unter anderem auch Macheten im Einsatz. Am 14. März kam es am Korbinianplatz in Milbertshofen zu einer Messerstecherei, bei der ein 18-Jähriger starb.

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