München-SPD: Mietpreisbremse statt Bierpreis

Die SPD München wird von neuen Mitgliedern überrannt. Seit dem Wochenende steht ihr Programm zur Bundestagswahl.
von  Felix Müller/Jasmin Menrad
Parteichefin Claudia Tausend und Alexander Reissl: Trotz einiger Krisen ist die SPD aktuell recht entspannt.
Parteichefin Claudia Tausend und Alexander Reissl: Trotz einiger Krisen ist die SPD aktuell recht entspannt. © Marion Hogl/Mike Schmalz/Daniel Karmann/AZ

München - Politik in München, das ist tatsächlich mehr als der Bierpreis. Letzten Montag saß der Vorstand der München-SPD stundenlang mit Fraktionschef Alexander Reissl zusammen. Ungewohnt friedlich soll es zugegangen sein. Und nicht um den Bierpreis.

Dabei hat sich der Streit um die Wiesn-Bierpreisgrenze zu einem bizarren Streit entwickelt. Mittendrin: Alexander Reissl, der derzeit gar nicht mehr mit dem Partner CSU reden mag. Die Große Koalition im Rathaus wirkt brüchig wie lange nicht. Und die Partei SPD? Sieht es tiefenentspannt.

Einen Beschluss zur Bierpreisbremse gab es auch am Wochenende beim Parteitag nicht. Der Rathaus-Krach scheint viele nicht zu interessieren. Reissl, seit Jahren höchst umstritten, wird plötzlich auch ganz milde gesehen. Er sei wenigstens einer, der sich von der CSU nicht alles gefallen lässt, heißt es. Die Partei schwebt derzeit eh in anderen Sphären. Schulz-Euphorie, Neueintrittsboom, Bundespolitik.

Da passte es gut, dass am Samstag der München-Parteitag zum Bundestagswahlprogramm anstand. Die 400 Münchner Neumitglieder, die seit der Schulz-Nominierung eingetreten sind, waren nicht da. Aber dafür ging es um das Programm. "Wir haben 22 Seiten Programm zügig diskutiert. Kontroversen gab es wenige und wir haben einstimmig abgestimmt", sagt Parteichefin Claudia Tausend. Die Münchner sehen sich traditionell als eine treibende, eher linke Kraft in der Bundes-SPD. Und so lesen sich auch ihre durchaus münchnerischen Vorschläge fürs Wahlprogramm.

"Bei uns in München ist ein Euro nur 0,72 Cent wert"

So fordern sie die "Ehe für alle", also auch für homosexuelle Paare, wollen, dass das Bafög für Studenten dem lokalen Mietspiegel angepasst wird – also Studenten in München mehr Förderung bekommen als anderswo. Der Mietspiegel soll alle Mieten berücksichtigen, die Stadt München immer ein Vorkaufsrecht haben, nicht nur in Erhaltungssatzungsgebieten. "Wir wissen nicht, wie das Programm unter Martin Schulz aussehen wird, aber wir rechnen fest damit, dass unser Programm zum Thema Mieten übernommen wird", sagt Claudia Tausend.

Unter anderem fordert die Münchner SPD auch eine "Bodenpreisbremse", damit Grundstückswerte nicht weiter spekulativ wachsen. "Mietpreis- und Bodenpreisbremse sind wichtiger als die Bierpreisbremse", sagt SPD-Bundestagskandidat Bernhard Goodwin. Außerdem solle der Mindestlohn so hoch sein, dass er auch in München ausreicht. "Bei uns in München ist ein Euro nur 0,72 Cent wert. Das muss berücksichtig werden", sagt Goodwin. Auch Kinderkrippen will die SPD kostenlos machen.

Oberbürgermeister Dieter Reiter war währenddessen beim Festakt zum 100-jährigen Bestehen des Kleingartenvereins München. "Die Kleingärtner sind wichtig. Wäre es ihm gesundheitlich bessergegangen, wäre Dieter Reiter auch zu uns gekommen", sagt Goodwin. Verärgerung klingt anders.

Zwei Themen haben die Genossen vertagt: Zum einen die Diskussion um das Betriebssystem Linux im Rathaus. Nachdem ein Genosse Linux gelobt hatte, kam der Zwischenruf "Du musst ja auch nicht damit arbeiten." Jetzt befasst sich eine Arbeitsgruppe damit. Zum anderen die Diskussion um das Maxwerk. Die Stadtrats-SPD findet, über die Nutzung müssten die Stadtwerke entscheiden. Die München-SPD steht einer großen Gastronomie, wie sie derzeit geplant ist, kritisch gegenüber.

Nur eines kam auch am Samstag nicht zur Sprache: der Bierpreis. Das überlässt die Partei dann ab Montag wieder den Genossen im Rathaus.

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