Bierpreis sorgt für Koalitionskrach: OB stoppt Gespräche
München - Dieter Reiter weiß, wie es ist, überraschend in einer Rede abgekanzelt zu werden. Mai 2014, Deutsches Theater, rote Sessel, Scheinwerfer. Ministerpräsident Seehofer ist zum Abschied von Alt-OB Ude gekommen, Vize-Kanzler Gabriel – und natürlich der neue OB, Dieter Reiter.
Er sitzt in der ersten Reihe. Ude kritisiert ihn scharf für seine Koalitionsgespräche – und nennt nicht mal Reiters Namen. Ein Affront. Und das Ende einer politischen Freundschaft. Freunde waren Reiter und CSU-Bürgermeister Josef Schmid ohnehin nicht. Doch was Reiter sich am Mittwochabend leistet, ist ebenfalls ein Affront.
Mal krank, dann wieder nicht
Reiter ist dieser Tage eigentlich krank, ans Bett gefesselt, wie es heißt. Doch er ist in den vollgestopften Saal des Augustinerkellers gekommen, wo die Schausteller-Stiftung feiert. In seinem Grußwort greift er Schmid und dessen Wiesn-Reformpläne an, ohne dessen Namen zu nennen. Bisher hat er geschwiegen. Jetzt sagt er, eine Wiesn-Reform sei gar nicht nötig, nicht der Wirtschaftsreferent (Schmid) entschieden über die Pläne, sondern der Stadtrat. Außerdem erklärt er, es gebe Stadträte mit Ahnung von der Wiesn (was er meint: im Gegensatz zu Schmid).
Am Donnerstag ist Reiter wieder krank – und lässt sein Büro eine Mail versenden, dass die montägliche Koalitionsrunde abgesagt ist. Gründe werden keine genannt. SPD-Fraktionschef Alexander Reissl hatte in der Bild verkündet, er überlege, nicht mehr mit CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl zu sprechen.
Auch Reiter mag jetzt nicht mehr. Terminliche Probleme? Offenbar nicht. Zumindest will sein Büro keinen Absage-Grund nennen. Auch Reissl schweigt jetzt.
Die CSU hingegen reagiert irritiert. Nach AZ-Informationen hatten Reiter und Schmid am Donnerstag noch SMS geschrieben. Am Abend im Augustiner nimmt Reiter Schmid nicht zur Seite, es gibt nichtmal ein kurzes Gespräch. "Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, was die SPD aus einer Auseinandersetzung zwischen uns und den Wirten macht", sagte CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl. Er erklärte – immerhin –, dass er davon ausgehe, eines Tages wieder mit Reissl zu sprechen. Wiesn-Chef Josef Schmid sagte der AZ: "Ich nehme zur Kenntnis, welchen Stil Herr Reiter prägt. Offensichtlich will er so kommunizieren."
Am Donnerstag schrieb Schmid Reiter einen Brief. Er bittet darum, die Bierpreisbremse doch schon im April in der Vollversammlung zu entscheiden. Ob Reiter dem zustimmt? Unwahrscheinlich. "Die Stimmung ist schon sehr explosiv", raunt es aus der SPD-Fraktion.
Man habe die Hoffnung, dass sich die Spitzenleute zusammenraufen. "Wegen einem Bierpreis eine Koalition platzen zu lassen – das würde kein Bürger verstehen." Heute erwartet die SPD Reiter im Rathaus zurück. Es gibt viel zu besprechen.