München früher: Film-Schätze im Arri-Kino
Die historische Entdeckungsreise durch die Stadt geht weiter. Nach dem großen Erfolg im vergangenen Jahr ist jetzt der zweite Teil von "München wiederentdeckt" erschienen. Historische Filmschätze, die das Leben in der Stadt in den Jahren 1921 bis 1965 zeigen. Die AZ zeigt sie hier – und exklusiv für AZ-Leser in einer Vorführung im Arri-Kino am 18. November.
München - Zeitreisen sind schon faszinierend. Erst recht, wenn’s ins alte München geht. Und umso mehr, wenn man AZ-Leser ist – und eine solche Reise ganz bequem und kostenlos im Kinosessel erleben kann: beim zweiten Teil der Filmreihe "München wiederentdeckt", die erneut von der Filmwerte GmbH herausgegeben wird.
Nach dem ersten Teil, in dem filmische Raritäten aus den Jahren 1912 bis 1970 zu sehen waren, nun also der nächste Schlag: Unter der Projektleitung von Silke Tasche sind erneut Münchner Schätze gehoben worden, die jahrelang in Archiven in ganz Deutschland geschlummert haben – so etwa beim BR, dem Stadtarchiv München, Bundesarchiv-Filmarchiv in Berlin und der Deutschen Kinemathek. Jetzt werden sie zum Leben erweckt.
Historische Filmschätze: Da staunt das Münchner Kindl!
Herausgekommen ist eine unfassbar spannende, mitunter (auch unfreiwillig) witzige, skurrile und melancholische Zeitreise durch ein München, das es so schon lange nicht mehr gibt: Beisetzung Ludwig III. (1921), Verkehrserziehung (1924), unmittelbare Nachkriegszeit (1947), eine Wiesn-Dokumentation, die mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde (1956), ein Streifzug durch das München in der Wirtschaftswunderzeit von Regisseur Kurt Wilhelm (1957) in Farbe, ein filmisches Porträt vom Viktualienmarkt von Haro Senft († 2016) aus dem Jahr 1959, ein sehr trauriger Abgesang auf Alt-München (eine BR-Produktion aus dem Jahr 1961) sowie eine historische Trambahnfahrt mit der Linie 4 vom Westfriedhof zum Ostbahnhof (1965).
Die DVD kostet regulär 17,90 Euro. Bei der Filmvorführung am 18. November erhalten AZ-Leser sie zum Vorzugspreis von nur 14,90 Euro.
Zeitreise im Arri
AZ-Leser können exklusiv und gratis dabei sein, bei der Vorführung von "München wiederentdeckt" (Teil 2): Am 18. November im Arri-Kino, Beginn 11.30 Uhr (Einlass 11 Uhr). Schicken Sie eine Mail an: marketing@ az-muenchen.de – das Los entscheidet. Vor den insgesamt acht Filmen findet eine kleine Einführung mit Andreas Vogel (Geschäftsführer Filmwerte) und Elisabeth Angermair vom Stadtarchiv München statt. Viel Spaß!
Im Folgenden finden Sie einige kleine Einblicke von "München wiederentdeckt" – oben in der Galerie gibt es weitere Bilder vom alten München.
Abschied vom letzten Kini
Treue Monarchisten: die Guglmänner mit Fackeln am Odeonsplatz. Foto: Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin
"Beisetzung Ludwig III", ein Stummfilm, zeigt das riesige Begräbnis für den letzten Wittelsbacher auf dem Thron – (fast) ganz München ist dabei.
Nein, ein Staatsbegräbnis durfte es drei Jahre nach der Revolution im neuen Freistaat Bayern ja nicht sein. War’s aber am Ende natürlich doch. 100 000 Münchner als Zuschauer, dazu der Trauerzug mit den Särgen des Königs und seiner Gemahlin Marie Therese († 1919) im sechsspännigen Hoftrauerwagen, Guglmänner, Hartschiere, Staatsregierung, Geistlichkeit – alles wie früher an diesem grauen 5. November 1921, der in der Gruft der Frauenkirche endet.
Verschwundene Altstadt-Idylle
Der Sebastiansplatz im Jahr 1961 – vorm Abriss des Hauses ganz links. Foto: Bayerischer Rundfunk
Der Film "Altmünchen – wie Du es nicht mehr kennst" ist eine echte Rarität von 1961.
Ein melancholischer Film, das vorweg, mit langen Einstellungen und lakonischem Kommentar. Er zeigt den 1961 noch sehr kleinbürgerlichen Alltag in der Altstadt, genauer gesagt im Eck um den Dreifaltigkeitsplatz, kurz vor der großen Abrisswut. Besucht wird ein Künstler im (zum Abbruch freigegebenen) Atelier, ein Schlosser, Lederhosenmacher, das Zerwirk-Gewölbe oder auch zwei Kinder beim Spielen im Hinterhofdreck. Verlorene Welten.
Die Bavaria schaut wieder ins Licht
Die Bavaria ist auf dem Laster verladen und festgezurrt. Foto: Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin
1947 an der Residenz: "Kletterbesuch beim Münchner Kindl" heißt diese Rarität.
Zum Schutz vor den Bomben war die Patrona Bavariae von der Fassade in der Residenzstraße abmontiert und bereits im Krieg im Kaiserhof verbuddelt worden – in weiser Voraussicht. Als das Bronze-Kunstwerk von Hans Krumpper aus dem Jahr 1615 nach dem Inferno mitten im Ramadama im April 1947 wieder ausgegraben wurde, war eine Kamera mit dabei. Mit der Schaufel und bloßen Händen wird sie ausgeschaufelt. Ein paar weitere Einstellungen zeigen andere Teile der Residenz – wie etwa den notdürftig abgedeckten Brunnenhof.
1957: Die Stadt nimmt Fahrt auf
Ganz schön was los am Odeonsplatz – inklusive Goggomobil. Auch in der Residenzstraße und der Theatinerstraße rauscht der Verkehr, die Fußgängerzone ist noch ganz weit weg. Foto: Stadtarchiv München
Der Film "Streifzug durch die Stadt" zeigt München in den 50ern – und ganz in Farbe!.
Ein bisserl albern geht’s los. Ein gezeichneter Vogel fliegt durch die Stadt und fragt das Münchner Kindl: "Leben Sie gern in dieser Stadt?" Die Antwort ist ein farbiger Streifzug durch München, der fast keine Sehenswürdigkeit (und auch nicht so manches Klischee) auslässt – den Kommentar dazu gibt’s in Ich-Form und Versen.
Seltene Bilder: München wie es früher einmal war
Das München in den 50er Jahren ist hier sehr schön zu sehen. So etwa die wiederaufgebauten Plätze und Sehenswürdigkeiten, den alten Königshof am Stachus, das alte Seehaus am Kleinhesseloher See, viele Oldtimer, eine spannende Modenschau, die legendäre Lach- und Schieß mit Ursula Noack, Klaus Havenstein, Hans Jürgen Diedrich und Dieter Hildebrandt auf der Bühne in der Ursulastraße und vieles mehr – 15 Minuten höchstes Vergnügen!
Chaos im Straßenverkehr? Hat in der Stadt echt Tradition!
Der Stummfilm: "Gefahren der Großstadt-Straße" zeigt auf amüsante Weise, wie die Polizei dem Verkehrschaos in der Stadt Herr werden will. Eine Art "Der 7. Sinn" – aus den 20ern
Bemerkenswert ist das verkehrsstörende Verhalten der Fußgänger" – so beginnt dieser Verkehrserziehungs(stumm)film. Sehr belehrend und sehr gestellt inszeniert mit Fußgänger-Rowdys, Motorrad-Rasern und Rotlicht-Sündern. Dieser Art "Der 7. Sinn" – bloß aus den 20ern. Das wirkt oft ungelenk, aber auch sehr drollig. Dazu gibt’s Straßen-Szenen aus der Altstadt vor dem Krieg. Beste Szene in dem 20-minütigen Film: Ein Fußgänger, der der Länge nach auf dem Tramgleis stolpert. Dazu der Tipp: "Ruhig liegen bleiben!" Der Gag daran: Er macht’s – die Tram überrollt ihn – und er überlebt das Ganze. Völlig unversehrt.
Kraxeln auf dem Rathausturm
Freihändig klettern – das ist das, was dieser mutige Mann mit dem kecken Mützchen hoch über dem zerstörten Marienplatz macht. Foto: Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin
"Kletterbesuch beim Münchner Kindl" – das ist Free-Climbing kurz nach Kriegsende.
Eine Turmbesteigung der etwas anderen Art: Zwei Männer, die sich mit bloßen Händen auf den Turm des Neuen Rathauses emporhandln. Eine waghalsige Kraxelei auf dem neugotischen Sandstein, fast gar nicht gesichert – fast schon ein Himmelfahrtskommando aus dem Jahr 1947.
Bilder: Von der Kleinstadt zur Metropole
Und warum das Ganze? Weil das Münchner Kindl auf der Turmspitze "repariert" werden muss. Ebenso eindrücklich freilich sind die Rund- und Ausblicke über die noch schwer zerstörte Altstadt: die Bombenlücken am Marienplatz, der wegradierte Dachstuhl der Frauenkirche, die fehlende Haube der Heiliggeistkirche, der zerstörte Alte Peter, die schuttgeräumten Straßen. Was am Münchner Kindl kaputt war? Eine Schraube war locker...
Die Linie 4: Tramfahrt in Moll
Start: die 4er am Westfriedhof mit den Gaskesseln. Foto: Bayerischer Rundfunk
Die "Linie 4" ist das beste Werk – eine melancholische Fahrt vom Westfriedhof zum Ostfriedhof durch das München von 1965.
Grau in Grau die Stadt, muffig-grantig die Gesichter, bröckelig-angeranzt die Gebäude: Das München von 1965 hat noch so gar nichts von der glattgebügelt-raussanierten Hochglanz-Metropole von heute, wie die Fahrt in der 4er-Tram eindrucksvoll zeigt.
Los geht’s an den längst verschwundenen Gaskesseln hinterm Westfriedhof und weiter über die Nymphenburger Straße, wo Brau-Pferde von Löwenbräu (mit Holzfässern!) die Fahrt kurz abbremsen. Untermalt wird die Fahrt von dem Solo für Flöte in B-Dur von Jacquino Rossini – und einem sehr lakonischen Kommentar. In etwa von dieser Güte: "Es ist eine Fahrt von 35 000 Gräbern hin zu ein paar Vorortbahnsteigen." Womit der Ostbahnhof gemeint ist. Dazu dieser Hochnebel, der sich wie Mehltau über diese Fahrt legt – fantastisch!
1956: Streifzug über die Wiesn
Damals noch hinter Gittern: der Löwe am Löwenbräuzelt. Foto: Stadtarchiv München
Der Film "Auf geht’s" ist ein Wiesn-Porträt – und prämiert mit dem Deutschen Filmpreis.
Das Ganze könnte auch ein Film vom Fremdenverkehrsamt gewesen sein: Mit humorigen Kommentaren und lustigen Verslein streift hier ein Film-Team über die Wiesn – Hochglanz aus den 50ern. Zum Rotor heißt es etwa: "Hochmoderne Waschanlage – sortiert, durchgeschwenkt und durchgeschleudert." Ganz ehrlich: Das Ganze ist schon witzig.