Markus Söder wieder Ministerpräsident: Wilder Schlagabtausch mit der Opposition im Landtag in München
München – Ganz am Ende seiner Rede fränkelte der neue und alte bayerische Ministerpräsident Markus Söder ein wenig: "Ein bisserla freuen tue ich mich heute auch". Dazu hatte er allen Grund, denn der 56-jährige Nürnberger war zuvor mit 120 Stimmen von 198 abgegebenen wieder zum Regierungschef des Freistaats gewählt worden. Man kann davon ausgehen, dass er alle Stimmen der CSU-Freie-Wähler-Koalition erhalten hat, die es zusammen auf 122 Abgeordnete bringen, denn zwei Koalitionsabgeordnete fehlten bei der Wahl.
"Für mich ist es die Ehre meines Lebens", sagte Söder in einer Ansprache nach der Vereidigung. Er stehe in der Tradition berühmter Vorgänger, "deren Größe ich nie erreichen werde". Söder beginnt seine neue Amtszeit nach eigenen Worten in "ganz ernsten und rauen Zeiten". Die Demokratie sei "herausgefordert wie noch nie. Die Demokraten rief er auf, Mut zu zeigen. Er habe "keine Angst vor Anti-Demokraten", so der CSU-Politiker. Die Anti-Demokraten sollten sich vielmehr "vor uns fürchten". Parolen "wie vor hundert Jahren" wolle man im Landesparlament nicht hören.

Markus Söder will zeigen, dass "Demokraten Probleme lösen können"
Als wirksamste Strategie gegen radikale und populistische Strömungen empfahl Söder tatkräftiges Handeln. "Je ernster die Zeit, umso wichtiger ist, dass die Demokraten zeigen, dass sie Probleme lösen können", so der Ministerpräsident. So müsse die Ministerpräsidentenkonferenz am kommenden Montag Schritte unternehmen, um die "unkontrollierte Zuwanderung" zu begrenzen.
Vor dem Hintergrund des Nahost-Kriegs sicherte Söder dem jüdischen Leben in Bayern Schutz zu, machte aber auch deutlich, dass man nicht in jedem in Bayern lebenden Muslimen einen Anhänger der Terrororganisation Hamas sehen dürfe. Auch diese Menschen hätten "Schutz und Respekt" verdient.

Verhafteter AfD-Politiker Daniel Halemba wieder frei: "Schande für Bayern"
Nach der konstituierenden Sitzung des Landtags am vergangenen Montag setzte sich auch am zweiten Sitzungstag die Konfrontation mit der erstarkten AfD-Fraktion im Landtag fort. Dort wurde auch der unterfränkische AfD-Abgeordnete Daniel Halemba gesichtet, der am Vortag aufgrund eines Haftbefehls in Baden-Württemberg festgenommen worden war.
Zwischenzeitlich hatte die Staatsanwaltschaft Würzburg den Haftbefehl außer Vollzug gesetzt, so dass Halemba sein Abgeordnetenmandat wahrnehmen konnte. Die AfD erreichte damit ihre volle Stärke von 32 Abgeordneten. Dem vorigen Landtag gehörten zu Beginn 22 AfD-Abgeordnete an. Im Laufe der Legislaturperiode verlor die Fraktion aber fünf Mitglieder durch Austritte.
Weil die AfD jetzt stärkste Oppositionsfraktion im Landesparlament ist, konnte deren Vorsitzende Katrin Ebner-Steiner als erste Rednerin zur Wahl Söders Stellung nehmen. Die Koalitionsparteien wollten die Migrationskrise nicht beenden, warf sie CSU und Freien Wählern vor. Migranten kämen sich in Deutschland vor "wie im Schlaraffenland" während "deutsche Rentner Glasflaschen aus Papierkörben sammeln" müssten.
Parolen wie diese bewegten den Fraktionschef der Freien Wähler, Florian Streibl, zu einer harschen Gegenrede: "Wenn es eine Schande für Bayern gibt, hat sie gerade eben gesprochen." Das sorgte für wütende Proteste aus den Reihen der AfD. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) hätte diese "persönliche Beleidigung" rügen müssen, sagte der AfD-Abgeordnete Ingo Hahn am Rande der Sitzung. Die Demokratie sei "mit Füßen getreten" worden.
Markus Söder gibt die Marschroute vor: "Wir stellen Bayern nicht auf den Kopf"
Obwohl die zentrale Regierungserklärung Söders erst in den kommenden Wochen zu erwarten ist, kritisierten Oppositionsredner schon einmal den von CSU und Freien Wählern geschlossenen Koalitionsvertrag. "Ambitionslos und voller leerer Versprechungen" nannte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze das Vertragswerk. Man habe die alten Forderungen aus dem Vorgängervertrag aus dem Jahr 2018 noch einmal zusammengeschrieben und "ein Schleifchen darum gebunden".
Auch dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Florian von Brunn fehlten "wichtige Punkte" im dem Vertragswerk CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek verteidigte die Arbeitsgrundlage der Koalition für die nächsten fünf Jahre: "Die Koalition bildet ab, was die Menschen mit der Wahl ausdrücken wollten". "Wir stellen Bayern nicht einfach auf den Kopf", bekräftigte Söder. Es sei ein Fehler, wenn man versuche, die Menschen zu erziehen. Die Politiker seien "in erster Linie für die Menschen da und nicht die Menschen für uns", so der Regierungschef.
Katharina Schulze sieht die Grünen als "Regierungsfraktion im Wartestand"
Rauere Zeiten sahen sowohl AfD wie die anderen Fraktionen auf die Landespolitik zukommen. Der Wind werde sich in der kommenden Legislaturperiode "verstärken", drohte AfD-Fraktionschefin Ebner-Steiner an. "Ziehen Sie sich warm an und halten Sie sich gut fest", sagte sie mit Blick auf die von ihr so bezeichneten "Kartell-Parteien". CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek drohte zurück: "Wir werden Sie entlarven mit dem, was Sie hier vorhaben". Der Landtag sei kein Platz für Hetze, Fake News und krude Thesen, so Holetschek unter dem Beifall aller Fraktionen mit Ausnahme der AfD.
Grünen-Vorsitzende Schulze schlug eine parteiübergreifende "Partnerschaft für die Demokratie" Mit ihrer Behauptung, die Grünen seien eine "Regierungsfraktion im Wartestand", erntete Schulze freilich Gelächter aus den Reihen der Koalition. Der Wartestand werde "sehr lang" ausfallen, sagte Holetschek. Den Bodensatz für das fehlende Vertrauen der Menschen in die Politik habe die Ampel-Regierung in Berlin gelegt.