Leichtbauhallen für Geflüchtete: So sieht der Alltag dort aus

Um die Geflüchteten aus der Ukraine unterzubringen, hat die Stadt Leichtbauhallen aufgestellt. Die AZ hat sich eine angesehen.
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Hinter den Holzwänden haben die Geflüchteten zumindest ein wenig Privatsphäre.
Hinter den Holzwänden haben die Geflüchteten zumindest ein wenig Privatsphäre. © Bernd Wackerbauer

München - Fast sechs Jahre lang hat niemand hier geschlafen, gegessen, Deutsch gelernt, eine Arbeit gesucht und auf dem Handy die Nachrichten von seinem Zuhause verfolgt, aus dem ein Krieg sie vertrieben hat. Seit August 2016 standen die Leichtbauhallen an der Neuherbergstraße in Milbertshofen leer. Nun leben dort wieder geflüchtete Menschen. Die AZ hat sich gemeinsam mit der SPD-Stadtratsfraktion die Unterkunft angesehen.

Unterkünfte aus Metall statt Beton

Um Geflüchteten aus Syrien, Afghanistan und Afrika ein Dach über dem Kopf zu bieten, baute die Stadt im März 2016 an der Neuherbergstraße in Milbertshofen Leichtbauhallen auf. Solche Hallen bestehen nicht aus Beton, sondern aus Metall. Sie sind also günstiger, leichter auf- und wieder abzubauen.

Nicht einmal ein halbes Jahr war die Halle 2016 bewohnt. Danach stand sie leer - bis dieses Frühjahr der Krieg in der Ukraine ausbrach.

Petra Bauer von der Awo (r.) erklärt SPD-Stadträtin Barbara Likus, wie das Leben in den Hallen ist.
Petra Bauer von der Awo (r.) erklärt SPD-Stadträtin Barbara Likus, wie das Leben in den Hallen ist. © Bernd Wackerbauer

Neben den Leichtbauhallen, die an der Neuherbergstraße stehen, hat die Stadt seit Mai zwei weitere Standorte eröffnet: an der Hansastraße beim Westpark und in Zamdorf. Insgesamt gibt es etwa 520 Plätze. Dazu mietet die Stadt Hotels und andere Unterkünfte.

Die meisten Geflüchteten kommen von der Münchner Messe

An der Neuherbergstraße sieht es - zumindest von außen - ein bisschen wie auf einem Schulhof aus. Es gibt zwei Tischtennisplatten, einen Basketballkorb, eine Helferin pustet mit Kindern Seifenblasen in die Luft. Zwischen den weißen Hallen stehen Bänke aus Metall und orangene Mülleimer. Insgesamt 252 Bettplätze gibt es, aber nur 153 sind derzeit belegt.

Eigene Bäder oder eine eigene Küche haben die Geflüchteten hier nicht.
Eigene Bäder oder eine eigene Küche haben die Geflüchteten hier nicht. © Bernd Wackerbauer

"Fast jeden Tag kommen und gehen Menschen", sagt Natalya Smoly, sie leitet die Einrichtung. Die meisten Ukrainer kommen von der Erstaufnahmeeinrichtung an der Münchner Messe. Seit etwa zwei Wochen seien aber immer mehr dabei, die zuvor bei Münchnern zu Hause gelebt hätten, erzählt Smoly.

Ab 22 Uhr ist Nachtruhe

Und während sich die einen freuen, endlich mehr Platz zu haben als eine Matratze, sei es für die anderen schwer, sich plötzlich die Toiletten mit so vielen anderen teilen zu müssen und nicht mehr selbst kochen zu können - sondern das zu essen, was das Catering bringt.

In den Hallen trennen Holzwände, etwa zwei Meter hoch, die Bereiche voneinander ab. Es gibt keine Türen, Decken verhängen die Eingänge. Dahinter stehen vier Metallbetten mit Schaumstoffmatratzen. Steckdosen gibt es in den Einzel-Bereichen keine. Um 22 Uhr geht das Licht aus.

Wartezeiten für eine eigene Wohnung sind lang

Konflikte gebe es wenig, sagt Petra Bauer. Sie leitet bei der Awo den Bereich der Flüchtlingshilfe. Ihre Mitarbeiter und sie helfen bei der Wohnungs- und Jobsuche. Ein eigenes Zuhause zu finden, sei für die meisten der größte Wunsch, sagt sie. Doch erfüllen kann die Stadt den nicht so einfach, schildert die SPD-Fraktionschefin Anne Hübner: "Oft warten Menschen fünf Jahre auf eine Sozialwohnung."

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Trotzdem sei alles besser als vor sechs Jahren, sagt Bauer. "Es gab von Anfang an WLAN, ein Programm für die Kinder - und vor allem: viel mehr Geld." Manche der Geflüchteten von damals seien schon etwas neidisch. "Ich sage dann: Na ja, wir haben halt dazugelernt."

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17 Kommentare
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  • AllesBesser am 18.06.2022 11:28 Uhr / Bewertung:

    Antragsteller wohnen bis zur Genehmigung ihres Antrags in der Regel in Sammelunterkünften. Die Genehmigungsquote der Anträge liegt in Deutschland bei ca. 50%. Von den 81.000 Anträgen sind ca. 10.000 sogenannte Zweitanträge mit geringen Erfolgsaussichten. Der tatsächliche Bedarf an Wohnraum dieser Gruppe liegt bundesweit also ca. bei der Hälfte der Anträge.

  • Ach so am 20.06.2022 07:47 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von AllesBesser

    So manche hier sehen das wohl anders. Da ist es egal, ob früher einige hundert, heute ev.einige zehntausend Wohnungen fehlen. Die Vergabe vom Amt für Wohnen und Migrat.folgt nach fest gelegten Regeln. Die höchstePunktzahl erhalt,, wer noch keine Wohnung hat (gefolgt von Fam.größe)Viel weniger Punkte und damit kaum eine Chance bringt, ob die bisherige zu klein/teuer ist..Die sehr umsteittene SEM Regelung soll Wohnraum für insg. 60T bringen. Die Vergabekriterien bleiben gleich.

  • Hashtag am 18.06.2022 09:58 Uhr / Bewertung:

    Warum die Flüchtlinge in München untergebracht werden und in Sozialwohnungen, ist bei der Wohnungsnot unverständlich

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