Ladenschluss-Reform in Bayern: Das fordern die Einzelhändler in München jetzt ganz konkret

Die bayerische Staatsregierung wagt sich zum ersten Mal seit Jahren an das Ladenschlussgesetz – und stößt dabei nicht von allen Seiten auf Zustimmung.
von  Maja Aralica
Die Geschäfte der Einzelhändler sinken ein wenig mehr als zuvor prognostiziert.
Die Geschäfte der Einzelhändler sinken ein wenig mehr als zuvor prognostiziert. © Fabian Sommer/dpa

In Bayern ticken die Uhren anders, zumindest was die Öffnungszeiten der Geschäfte angeht. Da der Freistaat im Gegensatz zu den anderen Bundesländern kein eigenes Ladenschlussgesetz hat, gilt hier noch das Bundesgesetz von 1956. Und das schreibt vor, dass Geschäfte in Bayern an Sonn- und Feiertagen geschlossen bleiben müssen und montags bis samstags bis 6 Uhr und nach 20 Uhr nicht öffnen dürfen. Genau das soll sich nun ändern: Die bayerische Staatsregierung will ein eigenes Gesetz auf den Weg bringen. Arbeitsministerin Ulrike Scharf (CSU) spricht von einem "Chancengesetz für Bayern". Jedoch sind nicht alle mit den Änderungen zufrieden.

Änderungen am Ladenschlussgesetz: "Grundpfeiler bleiben bestehen"

Im Koalitionsvertrag  zwischen CSU und Freien Wählern heißt es: "Wir wollen beim Ladenschluss weitere lange Einkaufsnächte sowie den durchgehenden Betrieb von digitalen Kleinstsupermärkten als neue Form der Nahversorgung ermöglichen". Das bedeutet, dass sich an den bisherigen Öffnungszeiten in Bayern nichts wirklich ändert. Es sei "wichtig, dass die Grundpfeiler des Ladenschlussrechts auch im neuen Gesetz gültig bleiben", so das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) in einer Ministeriumsauskunft auf Anfrage der Abendzeitung. "Der Sonn- und Feiertagsschutz soll im Grundsatz unberührt bleiben, ebenso sollen die allgemeinen Öffnungszeiten weiterhin nur Montag bis Samstag von 6 bis 20 Uhr möglich sein", heißt es weiter.

Ulrike Scharf über Ladenschlussgesetz: "Wir bauen Bürokratie ab"

Stattdessen sollen bis zu sechs lange Einkaufsnächte pro Jahr möglich werden. Diese können "durch ein Bayerisches Ladenschlussgesetz Rechtssicherheit herbeigeführt werden", so das StMAS. Ulrike Scharf zeigt sich in der Abendzeitung zufrieden mit den anstehenden Änderungen: "Wir bauen unnötige Bürokratie ab, ersetzen das veraltete Recht durch moderne Regelungen, schützen die Beschäftigten und setzen die Ziele des Koalitionsvertrags um."

Ulrike Scharf, Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales.
Ulrike Scharf, Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales. © Peter Kneffel/dpa

Hubert Aiwanger über aktuelles Ladenschlussgesetz: "Das ist Bürokratie in Reinkultur"

Handlungsbedarf bezüglich längerer Öffnungszeiten sieht Scharf nicht: "Es ist mir wichtig, mit der Zeit zu gehen. Die Grundpfeiler des Ladenschlussrechts bleiben auch im neuen Gesetz gültig – sie stehen für mich nicht zur Disposition und haben eine besondere Bedeutung!", sagt sie in der AZ.  Auch der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger freut sich über die bürokratische Erleichterung in Bezug auf die langen Einkaufsnächte. "Sie geben dem Handel die Möglichkeit, dem Kunden auch einmal außerhalb der Reihe ein besonderes Erlebnis zu bieten und Kunden anzulocken, die ansonsten vielleicht im Internet bestellen würden", so Aiwanger in der Abendzeitung. In anderen Bundesländern sei das längst üblich, "während es bei uns nur eine lange Einkaufsnacht pro Jahr und Kommune gibt, die unter Auflagen aufwendig durch die Bezirksregierungen genehmigt werden muss. Das ist Bürokratie in Reinkultur".

Aiwanger spricht damit den Umstand an, dass Kommunen nach Paragraf 23 Abs. 1 Ladenschlussgesetz aktuell nur auf Antrag einmal jährlich eine Ausnahme vom regulären Ladenschluss beantragen können. Allerdings dürfe die Veranstaltung dann nur werktags stattfinden, von der Kommune müsse ein Ausnahmeersuchen vorliegen und der reine Shoppinggedanke dürfe nicht im Vordergrund stehen, sondern müsse in Zusammenhang mit einer kulturellen Veranstaltung zu sehen sein.

Hubert Aiwanger über längere Öffnungszeiten: "Nicht sinnvoll"

Obwohl auch längere Öffnungszeiten in anderen Ländern längst üblich sind, hält der bayerische Wirtschaftsminister diese "nicht für sinnvoll". Er sagt in der AZ: "Die Läden bräuchten mehr Personal, das sie nicht mehr bekommen und was wieder Geld kostet." Die allgemeinen Öffnungszeiten der innerstädtischen Geschäfte in den anderen Ländern hätten sich grundsätzlich ebenfalls auf 20 Uhr eingependelt." Das sei bereits in "vielen Berliner Einkaufszentren" so. "Es gibt sogar Händler, die gerne etwas früher schließen würden um Kosten zu sparen, wenn nicht die Konkurrenz offen hätte", so Aiwanger. 

Freie-Wähler-Boss Hubert Aiwanger.
Freie-Wähler-Boss Hubert Aiwanger. © dpa

Münchner Einzelhändler über bayerisches Ladenschlussgesetz: "Starr und antiquiert"

Der Vorstandvorsitzende von Ludwig Beck, Christian Greiner, hält wenig von Bayerns Haltung zum Ladenschluss. Er nennt diese in der Abendzeitung "starr und antiquiert". Aus Sicht des Münchner Textilhändlers "wäre eine generelle Liberalisierung der Öffnungszeiten der sinnvollste Weg."  Bezüglich allgemeiner längerer Öffnungszeiten gebe "es keine pauschale Antwort." Laut Greiner sollte jeder Betrieb "das für sich entscheiden können und bewerten, welche Öffnungszeiten den größten Mehrwert für das Unternehmen bringen." Kein Betrieb würde zu Zeiten öffnen, die wirtschaftlich für ihn nicht sinnvoll seien, so Greiner in der AZ. Außerdem gebe es generell "auch für Sonntagsöffnungen jede Menge Interesse aus der Belegschaft, schließlich werden diese Arbeitszeiten deutlich besser vergütet".

Christian Greiner auf dem Dach seines Kaufhauses. Von hier kann er den ganzen Marienplatz überblicken.
Christian Greiner auf dem Dach seines Kaufhauses. Von hier kann er den ganzen Marienplatz überblicken. © Daniel von Loeper

Edeka über geplantes Ladenschluss-Gesetz: "Vollkommen ausreichend"

Laut Bernd Ohlmann, dem Sprecher des Handelsverbands Bayern, gehen die Meinungen der Einzelhändler stark auseinander. "Da sagen auch einige bei uns im Verband: 'Lasst alles wie es ist.' Andere wollen mehr Freiheit", so Ohlmann gegenüber dem BR. Auf Anfrage der Abendzeitung heißt es von der Edeka Südbayern zum Beispiel: "Wir begrüßen den Ansatz von punktuellen Einkaufsnächten. Ansonsten sind wir mit den Ladenöffnungszeiten in Bayern zufrieden und halten den Umfang für vollkommen ausreichend." 

Bisherige Reformversuche

Das Thema Ladenschluss-Reform ist in Bayern bereits seit längerer Zeit ein heikles Thema. 2006 wurde in vielen Bundesländern eine Liberalisierung der Öffnungszeiten  auf den Weg gebracht. Damals gab es auch in der CSU Befürworter längerer Öffnungszeiten. In einer, laut Berichten des BR, "denkwürdigen Sitzung", verließ Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) "die Beratungen vorzeitig wegen eines Termins, kurz bevor abgestimmt wurde." Die geheime schriftliche Abstimmung über den Vorschlag in der Landtagsfraktion sei mit  51 zu 51 Stimmen ausgegangen, sagt Innenminister Joachim Herrmann dem BR, der damals CSU-Fraktionsvorsitzender war. Die Reform war damals also vom Tisch.

"Änderungen der Ladenöffnungszeiten stehen nicht zur Debatte": CSU bleibt standhaft

Als die CSU in der darauffolgenden Legislaturperiode mit der FDP regierte, wurde der Liberalisierungs-Versuch seitens der FDP erneut gestartet – und scheiterte. Seitdem wurde das Projekt endgültig auf Eis gelegt. Auch in der jetzigen Legislaturperiode hält die Regierung an ihrer Ablehnungshaltung gegenüber längeren Öffnungszeiten fest. Herrmann fasst die Meinung seiner Parteikollegen Scharf und Holetschek gegenüber dem BR zusammen: "Generelle Änderungen der Ladenöffnungszeiten stehen auch aktuell nicht zur Debatte."

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