Kultlokal lebt wieder auf: Ein "Tatort" als Abschied vom Roy
München - Auf einmal wischt er sich verstohlen über die Augen - und dass es "nur ein paar kleine Freudentränen" sind, mag man dem sonst so heiteren Günther Grauer nicht so recht glauben.
Im Roy kehrten internationale Stars ein
"Stimmt schon", sagt er schließlich: "Das ist schön und traurig zugleich. Schließlich steckte da auch unglaublich viel Herzblut drin." Die Rede ist von Grauers berühmtem Bar-Bistro Roy, das internationale Stars an den Sendlinger-Tor-Platz zog. Dereinst, denn das Roy ist Geschichte - und wurde jetzt auch zur Geschichte: für den Faschingstatort "Kehraus", der am Sonntagabend im Ersten zu sehen gewesen ist.

Das "Roy" am Sendlinger Tor: Ein konkurrenzloser Drehort
Ex-Roy-Wirt (und Narrhalla-Präsident) Günther Grauer konnte den Krimi schon vor dem Sendetermin sehen. Schließlich wurde der Tatort in seinem legendären, inzwischen für immer zugesperrten Lokal gedreht. Eine Entscheidung, die schnell gefallen war. Die anderen Vorschläge des Locationscouts, der sich auf Drehortsuche gemacht hatte, waren chancenlos.
Hier schien die Zeit stillzustehen
"Die Atmosphäre dieser Münchner Institution war einmalig", sagt Produzent Robert Marciniak (Lieblingsfilm GmbH) der AZ: "Im Roy spürte man die Jahrzehnte, das Flair des alten München." In der Tat schien im Kultlokal die Zeit schon stillzustehen, als das Roy noch sehr beliebter Anlaufpunkt für Nachtschwärmer von nah und fern war.
Wie eh und je gab es dort die große Mahagoni-Bar, handgemalte venezianische Wandgemälde, glitzernde Lüster und viel Deko. Besonderer Eyecatcher: die unzähligen Fotos von Stars, die alle einst schon im Roy waren - ob Freddie Mercury, Sir Peter Ustinov oder selbst Michael Jackson.
Viel Tragik in der Komik
So wie ihre Zeit schon vorbei ist, so war's irgendwie auch mit dem Roy, das der legendäre Namensgeber und Ex-Wirt, Roy Dubowy, bereits anno 1978 erschaffen hatte. Diese Melancholie, die das Plüschlokal umwehte, wurde im Tatort quasi wieder lebendig - und findet sich auch in der Geschichte mit viel Tragik im Komischen wieder.

Berühmte Faschingsgeschichten
"Denn anders als beim Karneval in Köln begleitet den Münchner Fasching eine gewisse Melancholie", sagt Regisseurin Christine Hartmann und erinnert an Gerhard Polts "Kehraus" und "Herr der sieben Meere" aus Helmut Dietls Monaco Franze. Tatsächlich war der neue Münchner Tatort diesen berühmten Faschingsgeschichten nicht unähnlich, und die vielen Roy-Fans konnten in Erinnerungen schwelgen - wenn Kommissar Ivo Batic in Piloten-Kostümierung in ihrem einstigen zweiten Wohnzimmer tanzt.
Im Tatort heißt die Bar "Irmi's Stüberl"
Das Roy mit seinem so speziellen Charme erkannte jeder, der dort auch nur einmal zu Gast war, im Krimi sofort wieder, wenngleich beispielsweise die Promi-Fotos unter der Film-Faschingsdeko verschwinden. Im Tatort trug das legendäre Lokal den Namen "Irmi's Stüberl", womit an eine Wirtin und deren mittlerweile auch verschwundene Münchner Gastro-Institution erinnert wurde: an Gerti Guhl und ihre Fraunhofer Schoppenstube.

Den Immobilienhaien zum Opfer gefallen
"Leider fiel auch dieses wunderbare Nachtschwärmerlokal den Immobilienhaien zum Opfer", sagt Schauspielerin Johanna Bittenbinder, die in ihrer Irmi-Rolle die (im wahren Leben nach wie vor muntere) Gerti als Münchner Wirte-Original wieder auferstehen ließ.
Seit der Pandemie ist das Roy Vergangenheit
Ganz anders ist es mit den Kultlokalen. Die Schoppenstube gibt's seit 2013 nicht mehr. Das Roy ist seit der Corona-Pandemie samt Lockdown sowie einer anstehenden Generalsanierung des Gebäudes Vergangenheit. Dass es nie mehr aufgesperrt werden sollte, konnte die Tatort-Crew damals beim Dreh im November 2020 noch nicht erahnen.
Am Montag um 23.20 Uhr wird der Tatort in der ARD wiederholt, außerdem ist er noch in der Mediathek zu sehen.
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