Kritik zum Wahlkampf-Lied: Dieter Reiter wie er singt und swingt
SPD-OB Dieter Reiter macht jetzt Wahlkampf mit einem Musikvideo. Das ruft AZ-Kritiker Robert Braunmüller auf den Plan.
München - Ein richtiger Münchner liebt volkstümliche Musik und den Sound der Achtziger. Er ist entweder für Bayern oder für die Sechziger. Er mag die Wiesn, isst jeden Tag Schweinsbraten und geht als kulinarischer Internationalist ausnahmsweise sogar zum Griechen, wo er dann am hellichten Tag sein Essen mit Bier und einem Schnaps runterspült.
Verwunderung über München-Bild der SPD
So schaut der typische Münchner im Wahlkampfsong von Dieter Reiter aus. Unser Oberbürgermeister kann nichts dafür, weil er im schönen Rain am Lech das Licht der Welt erblickte. Ich bin ein gebürtiger Münchner, dem Fußball wurscht ist, der von der Wiesn und dem damit verbundenen Getue genervt ist, kein sogenanntes Gwand besitzt, dem Bier nicht schmeckt und der allenfalls nach der Betrachtung eines solchen Videos einen Schnaps braucht.
Und deshalb wundere ich mich ein wenig über das München-Bild der SPD, die in diesem Filmchen eine Modernität der Zeit weit vor Hans-Jochen Vogel transportiert, der sich – wenigstens nach meiner Erinnerung – nicht mit Trachtlern umgeben hat.
Gegenwart ist an diesem Film allenfalls die "Deutsche Eiche". Als Feuilletonist könnte ich mich jetzt über das einem Musikbaukasten entnommene Saxofonsolo mokieren. Und über die mäßigen Schauspielkünste unseres Oberbürgermeisters, der anscheinend davon ausgeht, dass weiße Turnschuhe im Moment hip sind. Ich kann dazu nichts sagen, weil ich von Mode nichts verstehe.
Reiter-Lied passt perfekt zum CSU-Slogan
Musikalisch würde der Song perfekt zum CSU-Slogan "Wieder München werden" passen. Aber der ist ja bekanntlich von Dieter Reiters "Damit München München bleibt" aus dem Jahr 2014 geklaut. Politisch gibt der Song schon was her. Der mitwirkende Kabarettist Jürgen Kirner ist CSU-Mitglied und symbolisiert eine Weiterführung der gegenwärtigen Rathaus-Koalition.
Die Pointe des Songs mit dem Urlaub in Balkonien wanzt sich bei Grünen und jugendlichen Greta-Anhängern an. Die Sozialdemokraten wollen es also wieder mal jedem recht machen. Nur gilt bekanntlich: Wer es jedem recht machen will, macht es keinem recht.
Lesen Sie auch: München-SPD fordert kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger