Krach im Rathaus: Kann OB Reiter sein Versprechen an 170.000 Münchner nicht halten?
München - Ende August luden Oberbürgermeister Dieter Reiter und seine SPD die Presse nach Milbertshofen ein. Im Innenhof einer städtischen Wohnanlage waren rote Fahnen aufgestellt und Reiter schüttelte Rentnern die Hand, die sich über die geringe Miete freuten, die sie an die Stadt zahlen. Reiters Botschaft: Ihre Miete soll so bleiben.
Der Mietenstopp, den das Rathaus 2019 beschloss, soll verlängert werden – "auf jeden Fall bis zum Ende meiner Amtszeit, wie lange auch immer sie sein wird." Etwa 170.000 Menschen sollten so vor Mieterhöhungen von bis zu 15 Prozent geschützt werden, teilte die SPD damals mit.

Einige von ihnen könnten sich zu früh gefreut haben. Denn rund um Reiters Versprechen gibt es Krach im Rathaus. Ob er es einlösen kann, ist unklar. Eigentlich sollte der Stadtrat schon im Planungsausschuss Anfang November einer Verlängerung des Mietenstopps zustimmen. Damals vertagte der Stadtrat den Beschluss.
Nicht nur die CSU, auch Die Linke und die Grünen, hatten Zweifel, ob sich die Stadt das Geschenk leisten kann. Am Mittwoch soll der Stadtrat erneut abstimmen. Doch SPD und Grüne diskutierten am Montagnachmittag noch hitzig, wie der Mietenstopp aussehen kann. Womöglich vertagt der Stadtrat also noch einmal.
Mietendeckel in München: Verschiedene Ansichten zur Finanzierung
Zweifel gibt es bei den Grünen vor allem rund um die Frage, wie teuer und wie sozialgerecht es wirklich ist, wenn die Stadt auf eine Mieterhöhung in all ihren Wohnungen verzichtet. Denn nicht in allen leben Bedürftige: Von den knapp 70.000 städtischen Wohnungen gibt es für rund 40.000 keine sozialen Bedingungen mehr. Das liegt auch daran, dass Sozialwohnungen immer nach einer bestimmten Zeit ihre Bindung verlieren.

Mietenstopp in München: Grüne zweifeln an sozialer Gerechtigkeit
Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG spricht sich in ihrer Stellungnahme gegen eine Fortführung des Mietenstopps aus. Sie verweist auf die gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten. Auch die Bewirtschaftungskosten der Wohnungen seien um 30 Prozent seit 2019 gestiegen.
"Woher soll das Geld für den Mietenstopp kommen? Das ist die entscheidende Frage für die Mehrheit der Menschen in München, die nicht das Glück haben, in einer städtischen Wohnung zu leben“, findet CSUler Winfried Kaum. Er betont, dass Mieterhöhungen bei städtischen Wohnungen ohnehin moderat ausfallen. Wer sie sich nicht leisten könne, sei besonders geschützt.
Die GWG schlägt vor, die Mieten an dem Einkommen anzupassen. Auch von den Grünen hört man, dass sie sich eine solche Regelung vorstellen könnten. Die Linke hat dafür sogar ein eigenes Konzept vorgelegt: Nach 2026 soll der Mietenstopp nur für alle jene bleiben, die weniger als 40.000 Euro brutto jährlich verdienen (bezogen auf einen Ein-Personen-Haushalt).
Sogar für die Chefin des Mietersvereins Beatrix Zurek, die selbst ein SPD-Parteibuch hat, ist es denkbar, den Mietenstopp anzupassen. Neubau sei ein Bestandteil, um die Mieten in den Griff zu bekommen, sagt Zurek. Doch aufgrund der gestiegenen Zinsen und hoher Baukosten hätten sich die Rahmenbedingungen verändert. Für vertretbar hält sie, die Miete bis maximal 80 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete zu erhöhen – "um nicht selbst in Bedrängnis zu kommen“.
Mieten bei städtischen Wohnungsbaugesellschaften: Mietzins liegt im Schnitt unter zehn Euro
Die durchschnittliche Miete bei städtischen Wohnungen liegt derzeit laut Planungsreferat bei 8,44 Euro. Das ist viel weniger als der Münchner Mietspiegel, welcher bei 14,58 Euro pro Quadratmeter liegt. Aber auch rund 60 Cent mehr pro Quadratmeter als die Miete in städtischen Wohnungen in Berlin und Hamburg kosten.

"Ich kann das Zögern der Grünen und der Linken nicht nachvollziehen“, sagt SPD-Fraktionschefin Anne Hübner. Schließlich würden sich beide Parteien auf anderen Ebenen für einen bundesweiten Mietenstopp einsetzen. Eine zeitnahe Staffelung der Miete nach Einkommen hält Hübner für unrealistisch. Denn die Stadt könnte – so wie jeder andere Vermieter auch – niemanden dazu zwingen, das Einkommen mitzuteilen.
Bis 2007 mussten Mieter, wenn sich ihre finanzielle Situation verbessert hat, eine "Fehlbelegungsabgabe“ leisten. Der Freistaat kippte die Regelung. Der Verwaltungsaufwand war am Ende größer als die Einnahmen.
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