Kommt eine City-Maut in München?
München - Die Zahl der gemeldeten Autos in München steigt, 852.263 waren es zuletzt, so viele wie noch nie. Und es könnten noch mehr werden. In einer aktuellen Befragung gaben fast drei Viertel an, dass sie während Corona das eigene Auto den öffentlichen Verkehrsmitteln vorziehen. Ziemlich weit weg erscheint da das Ziel, dass Münchens Innenstadt Stück für Stück autofrei werden soll.
City-Maut: Tägliche Gebühr von sechs Euro für Autos
Einen Weg, dies zu erreichen, schlug das Ifo-Institut vor Wochen vor: Mit einer City-Maut, einer täglichen Gebühr von sechs Euro für Autos, würde der Verkehr innerhalb des Mittleren Rings um mehr als 20 Prozent sinken, hieß es in einer Studie des Institus. In Städten wie London oder Stockholm gibt es so eine Gebühr bereits.
Die CSU und die Grünen zeigten sich danach aufgeschlossen für den Vorschlag. Die SPD-Fraktion im Stadtrat und die Jusos, die Jugendorganisation der SPD, lehnen eine solche Gebühr jedoch ab. "Eine City-Maut verstärkt die soziale Ungerechtigkeit in München. Eine Stadt, in der nur die Reichen Ablass leisten und damit weiter Auto fahren können, ist mit uns nicht zu machen", sagt Benedict Lang, der Vorsitzende der Münchner Jusos. Diese Meinung teilt Christian Müller, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat: "Wir wollen keine City-Maut." Er sei skeptisch, wie man sie mit großem Aufwand abrechnen solle.
Die Jusos fordern ein solidarisches Bürgerticket
Auf ihrem virtuellen Parteitag am Sonntag brachten die Jusos deshalb eine andere Idee ins Spiel: Sie fordern ein solidarisches Bürgerticket. Ihren Vorstellungen nach solle jeder Münchner - auch wenn er nie mit dem Bus oder der Bahn fährt - eine Abgabe leisten. Darauf, wie hoch diese genau sein soll, legten sich die Jusos nicht fest. Allerdings solle sie solidarisch gestaltet sein, also vom Einkommen abhängen.
Mit dem Geld, was durch die Abgabe zusammenkommt, solle die Stadt den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs finanzieren. Die Jusos stellen sich, so lässt es sich in ihrem Beschluss nachlesen, eine Nord-Süd-U-Bahn (U9) und eine Verlängerung der U5 und eine U-Bahn-Ringlinie vor. Auch einen Ausbau des Tramnetzes wollen sie voranbringen.
City-Maut in München ließe sich sozialverträglich gestalten
"Unser Ziel ist auch die autofreie Innenstadt. Aber wir wollen, dass sich alle daran beteiligen", sagt Lang. "Für uns stellt sich nicht die Frage, ob die SUVs in der Frauenstraße ihre Maut bezahlen. Wir wollen, dass dort keine SUVs mehr fahren." Für diese Positionen bekommen die Jusos allerdings gerade jede Menge Kritik - von allen Seiten. Weil sie eine Abgabe für Pkw-Fahrer ablehnen, seien sie "Autofetischsten" und "unsozial", schreiben Nutzer auf Sozialen Netzwerken, die sich durch ihr Profil schnell als Radl-Freunde erkennen lassen.
Der Verkehrsplaner und Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher sagt, er finde es schade, dass die Jusos die Idee einer City-Maut bereits jetzt ablehnen - "ohne sich wirklich damit beschäftigt zu haben". Auch eine City-Maut ließe sich sozialverträglich gestalten. Für denkbar hält er zum Beispiel, dass Autofahrer auch Tickets kaufen müssen, so wie es Fahrgäste tun, bevor sie in die U-Bahn steigen. Auch von der anderen Seite des politischen Spektrums kommt Kritik, jedoch für den Juso-Vorschlag einer Nahverkehrspauschale für alle. Manuel Pretzl, der Chef der CSU im Stadtrat, sagt: "Eine Zwangsabgabe für alle ist Sozialismus aus der Mottenkiste." Dass auch der Radfahrer, der die Luft nicht verpeste, zahlen soll, sei absurd.
- Themen:
- München
- Verkehr
- Öffentlicher Nahverkehr